Bei Brunnen in den See gestürztNur leichtes Geländer am Unfallort: Astra ist Aufwand für Leitplanke zu gross
Beim schweren Unfall auf der Gotthardroute durchbrach das Fahrzeug ein Geländer und stürzte 50 Meter tief in den See. Eine Leitplanke gibt es nicht. Die Behörde sagt warum.
Es ist ein Albtraum für Autofahrerinnen und Autofahrer. Man gerät in steiler Umgebung an den Strassenrand, und die dortige Abschrankung hält nicht. Passiert so am gestrigen Sonntag auf der Axenstrasse wenige Hundert Meter vor Brunnen im Kanton Schwyz. Ein Fahrzeug touchierte rechts die Felswand, geriet anschliessend auf die Gegenfahrbahn und durchbrach dort ein sogenanntes Staketengeländer. Eine Abschrankung, die sicher Velofahrer bei Stürzen aufhält, wohl auch Motorradfahrerinnen, die nicht in allzu steilem Winkel auf die Abschrankung prallen. Ein Auto, das in steilem Winkel und mit Tempo (an der betreffenden Stelle gilt Tempo 80) dort aufprallt, hält es aber nicht.
Bilder vom Unfallort zeigen, dass nur wenig weiter Richtung Brunnen festere Leitplanken die Strasse zum See sichern. Stellt sich die Frage: Warum gibt es nicht auch an der Unfallstelle die massiveren Leitplanken? Beim Kanton Schwyz verweist man auf den Bund, dieser sei für die Axenstrasse (eine Nationalstrasse) verantwortlich.
Das Bundesamt für Strassen (Astra) hält auf Anfrage zuerst einmal fest: Die geltenden Normen und Standards für eine Nationalstrasse dieser Klasse würden erfüllt. Die Sicherheitselemente auf der Axenstrasse seien entsprechend ausgestaltet. Überdies sei der Abschnitt im Bereich Wolfsprung kein Unfallschwerpunkt.
Trotzdem dürfte man erwarten, dass spätestens jetzt das sogenannte Staketengeländer durch eine Leitplanke ersetzt wird, die einen stärkeren Rückhalteschutz bieten würde. So vermutet auch ein Zentralschweizer Unternehmer, der im Bereich Leitplanken und passive Sicherheit auf Strassen tätig ist und nicht genannt werden möchte: «Nun dürfte eine Leitplanke zum Einsatz kommen.» In der Regel werden «Upgrades» von Sicherheitsmassnahmen dann durchgeführt, wenn sowieso Sanierungen von Strassen anstehen.
Im Fall des Bereichs Wolfsprung auf der Axenstrasse ist die Lage laut Astra aber ein bisschen komplizierter. «Der Einsatz eines stärkeren Fahrzeugrückhaltesystems vor Ort wäre nur unter grösstem baulichen Aufwand und mit langzeitiger, mindestens einstreifiger Verkehrsführung möglich», lässt Sprecher Samuel Hool auf Anfrage verlauten. Bei 16’000 Fahrzeugen, die im Schnitt die Axenstrasse täglich passieren, könnte das tatsächlich schwierig werden.
Warum aber soll der Bau einer Leitplanke so kompliziert sein, zumal es in anderen Abschnitten der Axenstrasse durchaus solche gibt? Hool erklärt das so: Die Tragfähigkeit an der betreffenden Stelle, er spricht von «Auskragung», sei «nicht gegeben». Darauf würden auch Tafeln vor Ort hinweisen, wonach keine Lastwagen auf Trottoirs fahren dürften. Kurz: Die Leitplanken müssten wohl im Felsen verankert werden. Erschwerend käme laut Astra hinzu: «Die Axenstrasse liegt gemäss Bundesinventar für Landschaften und Naturdenkmäler in einer ‘Landschaft von nationaler Bedeutung’ und daher sind grössere bauliche Massnahmen aus Sicht des Landschaftsschutzes nur schwer umsetzbar.»
Als Sofortmassnahme reduziert das Astra im Bereich des Unfallortes das Tempolimit von 80 auf 60 km/h. Das defekte Staketengeländer wird repariert.
Vorerst sind also keine grösseren baulichen Massnahmen, ein Einbau von Leitplanken, an der Unfallstelle geplant. Das Astra macht klar: «Langfristig und nachhaltig wird sich die Sicherheitssituation auf der Axenstrasse nur durch den Bau der Neuen Axenstrasse verbessern.»
Seit Jahrzehnten sind Strassensicherungssysteme immer wieder ein Thema. Ob auf Passstrassen, wo es teilweise trotz steil abfallendem Gelände keine Leitplanken gibt, oder auch auf Autostrassen mit Gegenverkehr, aber ohne Mittelleitplanke. Klar ist auch: Passive Sicherheitssysteme können nicht alle schlimmen Unfälle verhindern. So sagt der Leitplankenbauer, der die Axenstrasse selber kennt: «Bei diesem Unfall war wohl viel Pech im Spiel. Es ist schon ungewöhnlich, dass ein Fahrzeug an dieser Stelle offenbar in einem steilen Winkel aufs Geländer prallte. So war die Wucht entsprechend gross, und das Geländer wurde durchbrochen.»
* In einer ersten Version dieses Artikels war die Stellungnahme des Bundesamtes für Strassen (Astra) noch ausstehend. Experten gingen zuerst davon aus, dass beim betreffenden Streckenabschnitt nach dem Unfall nun Leitplanken eingebaut würden. Mit der Antwort des Astra dürfte es nun aber – zumindest vorerst – nicht dazu kommen.
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