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Basel erhält Konkurrenz aus Thun
Die elegantesten Leckerli der Schweiz

Dünn, hart, und es knackt dezent, wenn man sie bricht: Die Leckerli aus Thun.
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Ich habe das Handy in der einen, ein Stück Europacake in der anderen Hand, als die Pushmeldung aufpoppt: Der Bundesrat beerdigt das Rahmenabkommen zwischen der Schweiz und der EU! Na dann. Schlucken und mich den Leckerli zuwenden, würde ich mal sagen. Auch sie kommen aus der Confiserie Steinmann, dessen Hauptfiliale im «Bälliz» liegt, Thuns Einkaufsstrasse.

Der Europacake: Hält sich im Rahmen, was seine Wildheit angeht. 

Der Cake, einfach, dass das noch erwähnt sei, schmeckt süss und ist klebrig – und hat nichts von der Kompliziertheit von internationalen Verträgen. Es ist Aprikosenkonfi auf Japonaisboden, ein Biscuit dezent durchtränkt mit Cointreau, Schokoladenfüllung und Florentinerdeckel, eine essbare Europaflagge drauf und fertig. Steinmanns haben ihn vor ungefähr 50 Jahren mit einer Gruppe von Konditoren entwickelt, der eine oder andere Lehrling wird das Rezept wohl weiterhin verwenden. Die Geschichte des Europacakes hält sich also im Rahmen, was seine Wildheit angeht.

Anders die Leckerli. Sie fallen schon durch ihre Form auf: Hauchdünne Platten sind es, und knacken leise, wenn man sie bricht. Sie sind so viel dünner als etwa ihre dicken Verwandten in Basel oder dem Rest der Schweiz, und viel härter, auch, weil sie unbedingt luftdicht aufbewahrt werden müssen. Das sagt Urs Steinmann. Sein Grossvater hat das Rezept dem Vorgänger 1920 abgekauft. Mittlerweile haben seine Kinder den Laden übernommen, mitsamt den Leckerli und ihrer Verpackung.

Das Deckblatt für die Leckerli zeigte lange Bilder der Ausschiesset, dem Thuner Volksfest, bei dem Armbrüste und ein Hofnarr, der Fulehung, eine Rolle spielen. Letzterer zierte das Deckblatt der Leckerli auch immer wieder, einmal zusammen mit einem fliegenden Leckerli, Kindern und dem Schloss Thun. Dieses ist heute auf der Verpackung zu sehen, ohne Waffen, ohne Fulehung und das ist auch gut so: Die Leckerli sind ja das ganze Jahr über erhältlich. Aber eben nur hier! Schon in Steffisburg ein paar Kilometer weiter gibt es diese eleganten, hauchdünnen Leckerli nicht mehr zu kaufen.

Logischerweise haben die Steinmanns Leckerli nicht erfunden, sie werden hier schon seit dem 18. Jahrhundert so gebacken. Dafür etwas anderes: In den 1950er-Jahren entwickelte die Familie zusammen mit einem Drucker ein Verfahren, mit dem sie Strichzeichnungen auf Schokolade drucken konnte. Ein Bildnis des Aarebeckens zum Beispiel oder eben das Rathaus. Solche Rondellen liegen heute auf den Thunerli, den kleinen, mit Schoggifüllung bedeckten Schokoladenmürbeteigbödeli. Auch sie schmecken ausgezeichnet, sind aber neben den Leckerli fast ein bisschen langweilig. Die zerbricht man, legt sie auf die Zunge, spült vielleicht mit einem Glas Rotwein. Was für eine Mariage. Oder sollte ich sagen: Rahmenabkommen?

In der Serie «Altbacken» stellen wir Bäckereien vor, die vom Aussterben bedrohte Backwaren herstellen oder historisch versiert backen.