Nachgefragt bei Reputationsexperte«Die Credit Suisse ist ein heisses Eisen, das niemand anfassen will»
Die Saudi International Bank steigt mit fast 10 Prozent Anteil ein und wird damit zweitgrösster Aktionär. Schadet das dem Image der Bank? Experte Bernhard Bauhofer ordnet ein.
Die Credit Suisse holt sich eine saudiarabische Bank als Grossinvestorin an Bord. Eine Verzweiflungstat?
Die Bank hat ja bereits Erfahrung mit Investoren aus der Region. Bei Saudiarabien, Katar, der ganzen Region ist oft der unbekannte Ursprung des Geldes das Problem. Aber im Fall der Credit Suisse waren die Optionen erheblich reduziert. Viele Investoren haben das Vertrauen in die Bank verloren. So war es in gewisser Weise eine Verzweiflungstat, weil sie keine Optionen gehabt haben dürfte. Die Credit Suisse ist zum heissen Eisen geworden, das niemand anfassen will.
Immer mehr Firmen machen sich Gedanken um Corporate Governance und hinterfragen, mit wem sie zusammenarbeiten. Ist der Schritt der Credit Suisse da noch vertretbar?
Das Geld stammt von offizieller Quelle und äusserst kapitalstarken Investoren. Jene aus den Golfstaaten haben jedoch den Ruf, unberechenbar zu sein. Der Fall der Privatbank Quintet, die in kürzester Zeit wieder von der Bildfläche verschwand, ist dafür bezeichnend. Klar kann man die Unberechenbarkeit nicht generalisieren, so hatten zum Beispiel die Katarer Urs Rohner lange die Stange gehalten.
Allerdings zeigen viele Beispiele, dass arabische Kapitalgeber anders ticken. Ihnen fehlt oft das Verhältnis zu einer langfristigen strategischen Ausrichtung. Das ist nicht vergleichbar mit westlich geprägten Geldgebern, die mit ihrer Beteiligung ein Versprechen gegenüber ihrer Strategie und ihren Investoren abgeben. Natürlich hinterfragen auch sie bei schlechter Entwicklung ein Investment. Allerdings agieren westliche Investitionsfonds im Allgemeinen kritischer und vorsichtiger – aus Angst vor allfälligen Imageschäden.
Westliche Investoren hätten bei der Credit Suisse wohl mehr Zeit zur Prüfung in Anspruch genommen. Der Zeitfaktor ist im Moment aber essenziell für die Bank: Damit sie am Leben bleibt, muss das Geld jetzt fliessen. Der Entscheid ist opportunistisch, klar, aber auch überlebenswichtig.
Was hat das für Auswirkungen auf die Kunden, auf die Investoren?
Kurzfristig wirkt sich das auf die Kunden und Investoren beruhigend aus. Es gab im Vorfeld bekanntlich Überlegungen von privaten und institutionellen Kunden, Gelder wieder abzuziehen. Man kann sich das daher vorstellen wie eine Beruhigungspille. Man hofft nun auf eine strategische Neuausrichtung.
Es besteht auch die Gefahr, dass andere Investoren die Swissness bei der Credit Suisse hinterfragen. Man sucht vergeblich nach «ownership» – also wer die Bank letztendlich vertritt, die «Seele» des Unternehmens. Bei der UBS gab es den Ehrenpräsidenten Nikolaus Senn, das hatte lange Tradition. Dasselbe hatte die Credit Suisse mit Rainer E. Gut. Doch das ist vorbei. Diese Probleme bestehen aber schon länger, nicht nur wegen der Katarer, die Bank ist auch schon länger amerikanisiert, der Rückzug aus dem Heimmarkt besteht schon seit längerem. Das passt zur opportunistischen Ausrichtung der Credit Suisse, zum Überlebensmodus. Das Unternehmen strahlt nicht mehr viel Substanz und Vertrauen aus. Das wird sich auch nicht durch die Kapitalerhöhung schnell ändern. Die Aussichten für die Credit Suisse bleiben schwierig.
Was bedeutet der Einstieg einer Bank aus Saudiarabien für die Reputation der Credit Suisse?
Das Image der Grossbank ist bereits extrem angekratzt, in jeder Hinsicht. Beispielsweise als Arbeitgeber, Mitarbeiter sprechen von einer toxischen Unternehmenskultur. Zudem hat die Aktie enorm eingebüsst, Investoren haben Geld verloren. Das ganze Set-up wirkt sehr marode und erneuerungsbedürftig. Der Deal mit der saudiarabischen Bank wird das nicht weiter verschlechtern. Es passt ins Bild, auch bisher hat die Credit Suisse opportunistisch gehandelt.
Hinter der Saudi International Bank steckt die saudiarabische Regierung. Ist das eine Gefahr für den Schweizer Finanzplatz?
Saudiarabien steht unter anderem wegen der Missachtung von Menschenrechten in Verruf. Das Land steht auf der roten Liste vieler Länder. Durch den Deal erlangt Saudiarabien einen hohen Einfluss auf ein unabhängiges, globales Finanzunternehmen. Aber: Die Märkte sind liberal und offen. Und die Beteiligung im Unternehmen ist zwar hoch, aber begrenzt.
Schliesslich muss man auch anerkennen, dass das die Realität ist, in der wir uns befinden: Man macht schon seit Jahren mit autokratischen Ländern Geschäfte. Und das nicht nur in der Finanzbranche. Es wird nicht danach gefragt, woher das Geld kommt. Arabischer Raum, China, Asien – in diesen Regionen liegt das Geld. Firmen werden je länger, je mehr aufgekauft und werden immer stärker auf Investoren angewiesen sein. Europäische Werte aufrechtzuerhalten, wird so zum Scheinbekenntnis.
Schadet der Deal dem Image des Schweizer Finanzplatzes?
Die Entscheidung wird sich kaum auf die Reputation des Schweizer Finanzplatzes auswirken. Auf internationaler Ebene fokussiert man sich auf Wealth Management für private und institutionelle Kunden. Und die sehen den Schweizer Finanzplatz undifferenziert als sicheren Hafen, mit politischer Stabilität und Währungssicherheit. Die Anteile von Saudiarabien und Katar an der CS können diese Sicherheit nicht gefährden. Ausserdem ist in der Branche schon so viel passiert, die Leute sind abgestumpft, der Ärger darüber wird schnell verpuffen. Hauptsache, das eigene Geld ist nicht gefährdet. International wird das Ganze auch gar nicht so verfolgt wie in der Schweiz. Wir sind bei dem Thema viel sensibler und kritischer.
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