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Geldblog: Leserfrage zur Credit Suisse
Die Bankenkrise zeigt, wie wichtig auch bei uns das Gegenpartei­risiko ist

Die europäischen Banken sind anders aufgestellt als die Tech-Start-up-Finanziererin Silicon Valley Bank: Passant vor dem Credit-Suisse-Sitz in London.
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Ich habe ein strukturiertes Produkt mit Herausgeberin Credit Suisse. Ist das Produkt gefährdet, falls die CS Pleite geht? Leserfrage von D.S.

Die Kurzantwort lautet: Ja. Ihre Frage beinhaltet allerdings zwei Ebenen: einerseits eine technische Ebene, die sich auf das Gegenparteirisiko bei strukturierten Instrumenten bezieht. Zu diesen gehören auch die weitverbreiteten Barrier Reverse Convertibles. Anderseits geht es um die Lage bei der CS nach dem Niedergang der Silicon Valley Bank und dem Ausverkauf bei Bankaktien und der Liquiditätsspritze durch die Schweizerische Nationalbank.

Wenn es trotz dem Support durch die SNB doch noch zu einem Zusammenbruch der CS käme – was ich nicht erwarte, weil die CS nicht ein Solvenz-, sondern ein Vertrauensproblem hat –, laufen Sie Gefahr, dass Sie mit einem strukturierten Produkt, bei dem die Grossbank die Herausgeberin ist, einen Teil Ihres Geldes oder sogar den gesamten Einsatz verlieren würden.

Anleger tragen zwei Risiken

Bei strukturierten Produkten kommt die gesetzliche Einlagensicherung nicht zum Zug. Bei solchen Instrumenten trägt man als Anleger neben dem eigentlichen Anlagerisiko immer auch das Gegenparteirisiko. Wenn die Herausgeberin eines Produktes im schlimmsten Fall nicht mehr in der Lage wäre, ihre Verpflichtungen gegenüber den Investoren wahrzunehmen, riskiert man einen Kapitalverlust. Dies war damals in der Finanzkrise das Problem, als auch Investoren aus der Schweiz wegen des Zusammenbruchs von Lehman Brothers mit strukturierten Produkten dieser Bank Geld verloren.

Nach dem Kollaps der kalifornischen Silicon Valley Bank sowie der Signature Bank und der Kryptobank Silvergate Capital sind die Investoren weltweit verunsichert und viele befürchteten eine «Lehmann-2.0-Krise»: Dass es zu weiteren Banken­zusammenbrüchen kommen könnte und wir in eine weitere Finanzkrise geraten. In diesem Klima der Verunsicherung hat eine ungeschickte Äusserung seitens der CS-Grossaktionärin Saudi National Bank zusätzlich Öl ins Feuer gegossen. Entsprechend sind die Aktien der CS in einer Panikreaktion auf neue Allzeittiefstwerte von 1,55 Franken gefallen und auch bei anderen Bank- und Finanzwerten kam es zu einem Ausverkauf.

Wir sind in einer anderen Situation als 2008

Noch können wir nicht sagen, wie die Sache ausgeht. Fest steht allerdings, dass wir in einer anderen Situation sind als in der Finanzkrise 2008/2009. Damals waren die Banken in den USA mit einer breit angelegten Kreditkrise konfrontiert, die eine Folge der US-Immobilienkrise war. Bei der Silicon Valley Bank sehen wir indes eine Liquiditätskrise, die bankenspezifisch ist.

Dazu kommt, dass aufgrund der Intervention der US-Regierung, der Aufsicht und der US-Notenbank die Einleger wieder zu ihrem Geld kommen, da die Behörden versprachen, dass nicht nur die versicherten, sondern auch die unversicherten Einlagen bei der Bank geschützt würden. Dies bedeutet nicht, dass nicht noch weitere US-Banken in einen Negativsog geraten könnten.

Dennoch steht fest, dass die europäischen Banken – und so auch die CS – anders aufgestellt sind und ein wesentlich breiter diversifiziertes Geschäftsfeld haben als die Tech-Start-up-Finanziererin Silicon Valley Bank und erst recht als die Silvergate Capital. Weil die Hilfsmassnahmen der US-Behörden zunächst keine Beruhigung brachten, sind bei uns die Kreditausfall­versicherungen der Credit Suisse noch vor der Liquiditätsspritze der SNB richtiggehend explodiert. Hier rächt es sich, dass die CS unabhängig von der aktuellen Verunsicherung, welche den gesamten Bankensektor betraf, aufgrund ihrer vielen hausgemachten Probleme viel Vertrauen von Kunden und Anlegern verspielt hatte. Da ist es klar, dass Investoren und Kunden im Zweifelsfalle auf Distanz gehen.

Panikreaktionen sind immer gefährlich

Die Grossbank ist geschwächt und befindet sich in einer lange andauernden Restrukturierung. Bereits vor den Problemen rund um die US-Banken hatten Kunden beträchtliche Summen abgezogen, was eine Erholung und eine Rückkehr in die Gewinnzone nach den Milliardenverlusten erschwert. Obschon die CS einiges an Kapitalpuffern aufweist, was ebenfalls einen wichtigen Unterschied zur Finanzkrise von 2008 darstellt, sind Panikreaktionen, wie man sie in diesen Tagen bei Bankpapieren sieht, immer gefährlich und können eine Dynamik mit schwer voraussehbaren Folgen annehmen.

Unabhängig davon rate ich beim Kauf von strukturierten Produkten generell, immer ans Gegenparteirisiko zu denken und nur Instrumente von Banken zu erwerben, welche ein erstklassiges Kreditrisiko aufweisen. Man muss sich immer vor Augen halten, dass die Herausgeberin eines strukturierten Produktes – also die Gegenpartei – ihren Zahlungsverpflichtungen, die sie als Herausgeberin eingegangen ist, nicht mehr nachkommt, weil sie Pleite gegangen ist.

Hier gibt es einen grundlegengenden Unterschied zu Anlagefonds, welche punkto Konkursfolgen wesentlich sicherer sind: Denn strukturierte Produkte sind im Konkursfall der Herausgeberin kein Sondervermögen. Strukturierte Produkte sind eine Schuldverschreibung der Herausgeber-Bank. Wenn diese nicht mehr zahlungsfähig ist, muss man befürchten, dass die offene Schuld nicht mehr beglichen wird.