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Papst Franziskus
Der Workaholic ist zurück im Vatikan

Zurück ans Werk: Papst Franziskus, 86, am 16. Juni in Rom nach seiner Entlassung aus der Gemelli-Klinik.
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Da ist er also, und gut schaut er aus! Immerhin ist der Papst ein 86-jähriger Mann, der am 7. Juni noch auf dem OP-Tisch lag, drei Stunden Operation am Bauch unter Vollnarkose. Jetzt ist er wieder im Dienst – und noch ganz schön lebendig. Man darf das so salopp sagen, weil er selbst so spricht: «Ich lebe noch», hat er nach seiner Entlassung aus der römischen Gemelli-Klinik auf dem Weg zurück in den Vatikan gescherzt. Immerhin hat er nicht hinzugefügt: «Obwohl mich einige lieber tot sähen», so geschehen nach seiner ersten Darm-OP 2021, als Mitarbeiter schon über die Wahl eines Nachfolgers kungelten. Dieser Papst ist im Vatikan nicht beliebt, manche sagen sogar, verhasst – weil er zu sprunghaft, zu selbstständig, zu fortschrittlich ist für die konservativen Machthaber im Apparat.

Sonntag vor einer Woche, zwölf Uhr mittags, Petersplatz. Das Angelus-Gebet ist Pflichttermin für das katholische Kirchenoberhaupt. Das Textil mit dem Papstwappen hängt aus einem Fenster oben rechts im Apostolischen Palast und zieht die Blicke Tausender Menschen an. Dann Applaus und Begeisterungsrufe: Elf Tage nach der OP und zwei Tage nach seiner Spitalentlassung tritt Franziskus ans Fenster für das Gebet und eine kleine Ansprache. Der erste reguläre Auftritt zeigt: Der Papst hat auch im hohen Alter und gesundheitlich angeschlagen noch einiges vor.

Er will im Ukraine-Konflikt vermitteln

Sein Pensum ist gewaltig. Gerade hofft er, dass sich ein Fenster für den Frieden in der Ukraine öffnet und er als Vermittler helfen kann. Vergangene Woche traf er sich mit den Präsidenten von Kuba und Brasilien, beide haben Verbindungen nach Moskau. Dann die Vorbereitung der Weltsynode, die die Kirche in die Zukunft führen soll, zwei mehrwöchige Konferenzen mit Bischöfen und Laien im Oktober 2023 und im Oktober 2024. Letzte Woche ist das Arbeitspapier veröffentlicht worden, hinter vielen Fragen stecken moderne Themen. Wenn sie durchkommen, wird Franziskus sie vermutlich in Lehrsätze packen, das wäre dann sein Meisterwerk.

Von Nine-to-five-Arbeitstagen kann also weiterhin nicht die Rede sein. Der Papst ist dafür bekannt, in seinem Apartment 201 im zweiten Stock des Gästehauses Santa Marta – die offizielle Papstwohnung im Palast hat er von Anfang an verschmäht – zeitig aufzustehen, früher war das 4.30 Uhr. Die ersten Stunden sind dem Gebet und der Meditation gewidmet, aber auch der Vorbereitung grösserer Projekte. Frühmessen mit Gästen gibt es seit Corona nicht mehr.

Jeder Regierungschef der Welt wird auf Wunsch vorgelassen. Neben den Spitzenpolitikern empfängt der Papst Religionsführer, Prominente, Botschafter.

Ins Rampenlicht tritt der Argentinier dann um 9.30 Uhr, nachdem er sich einige Hundert Meter in den Palast hat kutschieren lassen. Beinahe täglich stehen fünf, sechs Audienzen an. Jeder Regierungschef der Welt wird auf Wunsch vorgelassen. Neben den Spitzenpolitikern empfängt der Papst Religionsführer, Prominente, Botschafter. Er begrüsst Teilnehmer von Vatikan-Kongressen, Vertreter geistlicher Gemeinschaften, gelegentlich auch Wissenschaftler und sogar Sportler; oft sind längere Reden zu halten. Nuntien berichten über die Lage in den Ländern, in die sie abgesandt sind. Alle fünf Jahre müssen sich die Bischöfe eines Landes zu den sogenannten Ad-limina-Besuchen einfinden. Dazu die Präfekten der knapp zwei Dutzend Vatikanbehörden, es geht um Sach- und Personalentscheidungen; einige der Behörden leitet der Papst selbst.

Das Kirchenoberhaupt ist, das darf man nicht vergessen, der letzte absolute Herrscher dieser Welt. Oberhaupt des Vatikanstaats und des Heiligen Stuhls sowie von fast 1,4 Milliarden Katholiken weltweit. Theoretisch gehen mehr oder weniger alle Belange des Vatikans über seinen Tisch. Und nicht zuletzt hat er als Bischof von Rom eine eigene Diözese zu führen.

Kann er wirklich schlafen?

Gegen 22 Uhr liegt der Papst im Bett und schläft, heisst es. Kann er wirklich schlafen, bei alldem, was ihm im Kopf herumgehen muss?

Franziskus betreibt Raubbau am eigenen Körper. Er arbeitet sich zu Tode, wird im Vatikan über ihn gesagt. «Wir können ihm nicht sagen, dass er nicht arbeiten soll, denn er hat schon wieder angefangen», sagte der Chirurg am Tag der jüngsten Klinikentlassung den «Vatican News». «Aber bei der Art von Eingriff, die vorgenommen wurde, sollte er bei Anstrengungen vorsichtig sein.» Sein behandelnder Arzt riet zu einer etwa einmonatigen Genesungszeit. Doch Franziskus’ erste Amtswoche nach Entlassung aus der Klinik hat das nicht widergespiegelt.