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Stopp des Erdgas-Transits
Transnistrien friert, die Slowakei droht

Gaspipeline-Ausrüstungen in Veľké Kapušany, Ostslowakei, mit gelben Rohren und roten Ventilen, aufgenommen am 2. September 2014.
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In Kürze:
  • Die Ukraine stoppt Gaslieferungen durch ihre Pipelines, was Spannungen auslöst.
  • Die Republik Moldau leidet unter dem Stopp der Gaslieferung, besonders Transnistrien ist betroffen.

Das neue Jahr in der Slowakei beginnt erneut mit Protesten. Am Freitagabend wollen sich Ukraine-Unterstützer und Regierungskritiker im Zentrum von Bratislava versammeln. Einmal mehr wollen sie Premierminister Robert Fico ausrichten, dass sie einen westlichen Kurs ihres Landes wünschen. Schon das ganze vergangene Jahr über hatte es immer wieder Proteste mit Zehntausenden Teilnehmern im ganzen Land gegeben. Fico selbst hatte in einem Facebook-Video – seine übliche Art, sich zu Wort zu melden – der Ukraine «Sabotage» vorgeworfen, sie füge der Slowakei und der ganzen Europäischen Union wirtschaftlichen Schaden zu, indem sie kein russisches Gas mehr durch ihre Pipelines leite.

Um dieses Problem zu besprechen, war Fico am vierten Advent nach Moskau gereist. Der Ukraine hingegen hatte Fico vor dem Jahreswechsel gedroht, Stromlieferungen einzustellen, wenn diese den Gastransport beende. Stromlieferungen, «welche die Ukraine bei Netzausfällen dringend benötigt», wie er in der Videobotschaft hinzufügte. Zudem drohte er, ukrainische Kriegsflüchtlinge weniger zu unterstützen.

In Kiew war Fico seit seinem Amtsantritt im Herbst 2023 noch nie. Gespräche mit ukrainischen Regierungsvertretern, die am Dienstag in Brüssel hätten stattfinden sollen, platzten. Fico gab den Ukrainern die Schuld, diese wiesen das zurück.

Russlands Präsident Wladimir Putin schüttelt die Hand von Robert Fico, dem Premierminister der Slowakei, vor Gesprächen in Moskau am 22. Dezember 2024.

Wirtschaftsministerin Denisa Saková hatte zuvor schon Reisen nach St. Petersburg zum Sitz von Gazprom unternommen, ebenfalls mit dem Ziel, die russischen Gaslieferungen zu sichern.

Doch die slowakische Regierung sucht sich offenbar die falschen Ansprechpartner. Die Gaslieferungen sind seit 1. Januar beendet. Die Ukraine hatte schon lange angekündigt, dass der Vertrag mit Russland über den Gastransport durch ukrainische Leitungen zum Jahresende 2024 auslaufen und dann nicht verlängert werde. Die Slowakei bezog Erdgas fast ausschliesslich aus Russland.

«Irrational» und «unlogisch» nennt das slowakische Wirtschaftsministerium diese Entscheidung. Russisches Gas werde weiterhin nach Europa fliessen, nur auf anderen Wegen. Ungarn bezieht beispielsweise russisches Gas über Pipelines, die durchs Schwarze Meer und die Türkei verlaufen.

Notstand in der Republik Moldau

Wohl am schwersten betroffen vom Ende der Gaslieferungen ist seit Jahresbeginn ein Land, das der EU unbedingt beitreten will: die Republik Moldau, geografisch eingezwängt zwischen der Ukraine und Rumänien. Moldau hatte schon im Dezember wegen der erwarteten Gasausfälle einen Notstand verhängt. Aber die Sache ist noch etwas komplizierter, denn der EU-Beitritts-Kandidat hat mit Russland noch einen eigenen Streit über die Lieferung von Gas.

Der russische Energiekonzern Gazprom stoppte am 1. Januar seinen Energiefluss, weil Moldau sich nach russischen Angaben weigert, Schulden in Höhe von mehr als 700 Millionen US-Dollar zu bezahlen. Die moldauische Regierung dagegen spricht lediglich von ausstehenden 8,6 Millionen Dollar und beruft sich dabei auf einen internationalen Prüfungsbericht, den Gazprom wiederum nicht akzeptiert. Die Folgen sind drastisch, vor allem für die abtrünnige russlandfreundliche Republik Transnistrien, die zu Moldau gehört, sich von ihr jedoch in den Neunzigerjahren losgesagt hat und abhängig ist von Moskau.

Transnistrien bezog praktisch kostenlos Gas von Russland, erhält jetzt allerdings nichts mehr. Das einzige Kraftwerk dort wird nicht mehr mit frischem Gas versorgt, sondern muss sich zur Stromerzeugung mit Kohle behelfen. Diese Reserven reichen allerdings nach Angaben der Gebietsführung nur für knapp zwei Monate. Dann ist der Winter noch nicht vorbei.

Die Lage in Transnistrien ist deshalb alarmierend. Die Menschen frieren. Schulen sind zu, auch Krankenhäuser müssen sich stark einschränken. Die etwa 400’000 Einwohner sammeln Holz für Feuer und werden gedrängt, Türen und Fenster mit Decken abzudichten.

Besser haben es die Menschen im grösseren Kerngebiet Moldaus mit der Hauptstadt Chisinau. Seit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine hat die proeuropäische Regierung ihre Energieimporte gestreut und sich so zunehmend unabhängig gemacht von Russland. Gas und Strom erhält Moldau nun auch vom Nachbarn und EU-Mitglied Rumänien, allerdings zu einem deutlich höheren Preis. Ein Angebot der moldauischen Regierung, dass auch Transnistrien mit Gas aus Rumänien versorgt wird, lehnte die Separatistenführung angeblich ab. Warum also stoppt Russland Gaslieferungen und nimmt die Not der transnistrischen Bevölkerung in Kauf?

Moldaus Regierungschef Dorin Recean wirft Russland vor, es wolle die Stabilität in der Region zerstören und die geplante Parlamentswahl im Herbst beeinflussen. Moskaus mögliches Kalkül: Moldau muss deutlich mehr vom teureren Gas aus Rumänien oder anderswoher kaufen, die Energiepreise steigen vor der Wahl für die Menschen im verarmten Land spürbar und damit auch deren Wut auf die bisherige Regierung. Die ist völlig auf EU-Kurs, aber ein Sieg des europäischen Lagers gegen die von Russland unterstützten Parteien in Moldau ist keineswegs sicher.

In der Slowakei muss zumindest in diesem Winter niemand frieren, die Gasspeicher seien zu fast 100 Prozent gefüllt, teilt das slowakische Wirtschaftsministerium in einer Presseerklärung mit. Zudem arbeite der staatliche Energieversorger SPP mit weiteren Lieferanten zusammen. Zu einer Knappheit werde es also nicht kommen, sagt Wirtschaftsministerin Denisa Saková.

Doch es werde teuer – nicht nur für die Slowakei, sondern für die ganze EU. Entsprechend sieht Saková auch die EU in der Pflicht, zu vermitteln.