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CIA-Chef William Burns
Der Mann, der Putin durchschaut

Ist derzeit sehr damit beschäftigt, in Wladimir Putins Kopf zu schauen: CIA-Direktor William Burns.
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Eine Frage, auf die die Welt mit grosser Dringlichkeit eine Antwort sucht, ist diese: Was denkt Wladimir Putin? Der russische Präsident hat einen Krieg angefangen, der in einem nuklearen Schlagabtausch mit dem Westen enden könnte. Er lässt Kliniken bombardieren. Er hält martialische Reden, die voller verdrehter historischer Argumente stecken. Nähme man sie ernst, hätte Russland nicht nur Anspruch auf die Ukraine, sondern auch auf Finnland oder das Baltikum.

Aber meint Putin das wirklich ernst? Denkt er wirklich so? Ist er tatsächlich bereit, einen Nuklearkrieg zu riskieren, damit über Kiew eine weiss-blau-rote Flagge weht, keine blau-gelbe? Oder ist er nur ein brutaler, aber berechnender Raubritter, dem es zupasskommt, wenn der Westen ihn für verrückt hält? Schon Richard Nixon wusste ja die Vorteile der «Mad Man Theory» zu schätzen – lasse den Gegner immer in dem Glauben, du wärest so irre, mit Atombomben um dich zu werfen. Das verschafft dir politischen und militärischen Spielraum.

Ehemaliger Diplomat

In Washington gibt es einen Mann, der dafür bezahlt wird, dem Präsidenten Antworten auf all diese Fragen zu liefern: William Joseph Burns, 65 Jahre alt und Direktor der Central Intelligence Agency (CIA), des Auslandsgeheimdienstes der Vereinigten Staaten. Seine Behörde führt Spione in Russland, sie wertet den Telefon- und Schriftverkehr im russischen Machtapparat aus, der von den USA abgehört und mitgelesen wird, dazu jeden Fitzel an öffentlicher Information. Die Russland-Analysten der CIA sammeln jeden Tag Hunderte Puzzleteile und versuchen, daraus ein Bild zusammenzusetzen, das zeigt, was im Kreml vor sich geht.

Zudem beschäftigt die CIA Psychologen, die Persönlichkeitsprofile erstellen. So versucht die Behörde, das Verhalten von feindlichen ausländischen Machthabern zu erklären und, sofern möglich, vorherzusagen. Um es salopp zu sagen: Die CIA ist derzeit sehr damit beschäftigt, in Wladimir Putins Kopf zu schauen.

Burns ist kein ausgebildeter Geheimdienstler, sondern Diplomat. Er wurde 1956 auf dem Militärstützpunkt Fort Bragg in North Carolina geboren, sein Vater war General. Burns studierte in den USA und im englischen Oxford Geschichte und Internationale Beziehungen, 1982 trat er in den diplomatischen Dienst der USA ein. Danach führte seine Karriere stetig nach oben – wichtige Botschafterposten wechselten sich ab mit Führungsämtern im State Department in Washington. Als Joe Biden im Januar 2021 Präsident wurde, gab es Spekulationen, er könne Burns zum Aussenminister ernennen. Stattdessen gab er ihm die CIA.

Burns: Putin frustriert und wütend

In seiner jetzigen Rolle kommt Burns zugute, dass er Russland und Wladimir Putin kennt. Von 2005 bis 2008 hat er dem damaligen Präsidenten George W. Bush als Botschafter in Moskau gedient. Das waren bessere Zeiten im amerikanisch-russischen Verhältnis, seither haben sich die Beziehungen dramatisch verschlechtert. Das gilt offenbar auch für die Quellenlage der CIA in Moskau: Medienberichten zufolge musste sie 2017 einen sehr hochrangigen Spion aus dem persönlichen Umfeld Putins aus Russland herausholen, damit er nicht auffliegt und getötet wird. Herauszufinden, was Putin denkt, ist dadurch nicht leichter geworden. Die Corona-Pandemie, während derer Putin sich verschanzt und isoliert hat, hat dieses Problem zusätzlich verschärft.

Das, was Burns über den geistigen Zustand und das Weltbild des russischen Präsidenten zu wissen glaubt, stimmt jedenfalls nicht optimistisch. Putin habe sich gründlich verrechnet, sagte Burns vor dem Kongress. Er habe einen schnellen Sieg und einen lethargischen Westen erwartet. In beiden Fällen habe er falsch gelegen. «Ich denke, dass Putin im Moment frustriert und wütend ist», sagte Burns. «Er wird seine Anstrengungen, die ukrainische Armee kleinzukriegen, vermutlich verdoppeln, ohne Rücksicht auf zivile Verluste.»