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Russlands Unterstützer
Putins letzte Freunde in Europa

Kamen gut mit Putin aus: In der Mitte Matteo Salvini von der italienischen Lega und Marine Le Pen, Vorsitzende der französischen Front National. An einer Kundgebung mit Führern anderer europäischer nationalistischer Parteien. 
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Frankreich

Das Foto von ihrem Handschlag im Kreml zierte eine Wahlbroschüre 2017. Die Vorsitzende der rechtsextremen Partei Front National, Marine Le Pen, und der russische Präsident Wladimir Putin.

Verständnis für den Kreml findet sich in Frankreich im rechten wie im linken Lager: Jean-Luc Mélenchon, der laut Umfragen stärkste linke Kandidat bei der anstehenden Präsidentschaftswahl, verurteilt den Einmarsch in die Ukraine zwar deutlich. Viele seiner jüngsten Aussagen zeigen aber, dass er den eigentlichen Aggressor in den USA sieht. Auch dass er Frankreichs Austritt aus der Nato fordert, dürfte Moskau gefallen.

Noch mehr gilt das für den Rechtsaussenkandidaten Éric Zemmour. Er bewundert Putin und bekundete dies offensiv. Er sei aber kein «Freund» des Präsidenten, verteidigt er sich nun, seine einzige Zuneigung gelte Frankreich. Zemmours rechte Konkurrentin Marine Le Pen geht das Thema zwar defensiver an, ihre Bande nach Moskau sind aber nicht weniger eng. 2014 erhielt die Chefin des finanzschwachen Front National einen Kredit über neun Millionen Euro von einer russischen Bank. Einen Teil davon ist sie noch schuldig. Im Gegenzug vertrat sie regelmässig prorussische Positionen, etwa bei der Krim-Besetzung. Das Foto von ihrem Handschlag mit Putin im Kreml zierte eine Wahlbroschüre, die die Partei bereits wieder einstampfen liess.

Niederlande

Der niederländische Abgeordnete Thierry Baudet schwärmte noch vor der Invasion: Putin sei ein «toller Kerl».

Eigentlich eint Niederländer eine breite Abneigung gegen Russland. Der vom Kreml verantwortete Abschuss des Passagierfluges MH17 über der Ukraine hat dazu viel beigetragen. Umso bemerkenswerter die Ausnahme: Der Abgeordnete Thierry Baudet ist Putins bester Mann in Den Haag. Diese Zuschreibung hat sich der rechtsextreme Chef und Gründer des Forums für Demokratie verdient. Noch zwei Wochen vor Beginn der Invasion schwärmte er, Putin sei ein «toller Kerl» und Anführer des «konservativen Europas». Anfang der Woche, während Kiew und Charkiw bombardiert wurden, nannte er das russische Vorgehen «mild», Russland wolle nur «Frieden». Schon sein Einstieg in die Politik – als Organisator des Referendums gegen den Assoziationsvertrag der EU mit der Ukraine 2016 – wirkte, als hätte Moskau Regie geführt. Und wer weiss? Eine TV-Dokumentation deckte 2020 Baudets enge Bande zu Wladimir Kornilow auf, der ein Vertrauter Putins sein und den Niederländer finanziert haben soll.

Österreich

Wladimir Putin und der ehemalige Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) 2018. In der konservativen ÖVP wird nun debattiert, ob einige Politiker zu eng mit Oligarchen kooperierten.

Die österreichische FPÖ, die von 2017 bis 2019 in der Regierung sass, pflegt traditionell enge Bande zu Russland. Ende 2016 hatte sie einen Kooperationsvertrag mit Putins Partei Einiges Russland abgeschlossen. Mittlerweile will man davon bei der FPÖ nichts mehr wissen. Der Fünfjahresvertrag werde nicht verlängert, heisst es. Auch in der konservativen ÖVP wird debattiert, ob einige Politiker zu eng mit Oligarchen kooperierten und bewusst eine Abhängigkeit Österreichs von Russland aufbauten, etwa in Energiefragen. Noch nach der Krim-Annexion war Putin von der ÖVP-nahen Wirtschaftskammer mit Standing Ovations begrüsst worden. Man habe dem russischen Präsidenten «einen roten Teppich mit Schleimspur» ausgerollt, rügt Vizekanzler Werner Kogler nun. Der ehemalige Chef des Energieriesen OMV erklärte, der Konzern sei von einer Gruppe von Leuten «gezielt in eine Abhängigkeit von Russland» gelenkt worden.

Ungarn

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban gilt als langjähriger enger Freund Putins. 

Kompliziert ist die Lage in Ungarn deshalb, weil die Regierungspartei Fidesz und Ministerpräsident Viktor Orban zwar alle Massnahmen der EU gegen Russland derzeit mittragen, aber zugleich eigene Interessen verfolgen. Die Partei hat regelmässig russlandkritische Resolutionen blockiert, Parteichef Orban gilt als langjähriger enger Freund Putins. Auch die Wirtschaftsbeziehungen sind eng, Kredite, Technik und Gas aus Russland sind für Fidesz und Orban existenziell. Derzeit verurteilt Orban den Angriffskrieg, in regierungsnahen Medien finden sich aber noch prorussische Kommentare.

Italien

Der italienische Rechtspopulist Matteo Salvini ist bei einem Besuch an der polnisch-ukrainischen Grenze wegen seiner in der Vergangenheit offen geäusserten Bewunderung für Putin verbal angegangen worden. «Kein Respekt für Sie», rief ihm der Bürgermeister der Stadt Przemysl während einer Pressekonferenz zu.

Das Parlament in Rom ist voll von ehemaligen «Putiniani», von Putin-Anhängern, die sich nun winden, um auf die dezidierte Regierungslinie unter Premier Mario Draghi umzuschwenken. Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi nannte seinen Freund Putin einst «ein Geschenk des Herrn» und «meinen kleinen Bruder», nun erklärt er knapp: Er habe seit Kriegsbeginn noch nicht mit Putin telefoniert.

Noch grösser die Verlegenheit bei Matteo Salvini: Vor fünf Jahren hatte er seine rechtspopulistische Lega mit einem Partnerschaftsabkommen an Putins Partei gebunden. Salvini war Italiens «Chefputinianer» und zeigte sich sogar im T-Shirt mit Putin-Konterfei im Europaparlament. Recherchen italienischer Medien legen nahe, dass die Lega viel Geld aus Moskau erhalten haben könnte, was diese dementiert.

Salvini reagierte zunächst zögerlich auf die russische Invasion, dann schwenkte er um wie fast alle italienischen Populisten.  Und reiste nach Polen für einen Besuch an der Grenze, um seine politische Kehrtwende auch bildhaft zu untermauern. Der Kommunikationscoup missglückte. Der Bürgermeister der polnischen Grenzstadt, ein Ultrarechter wie Salvini, streckte diesem das ominöse Putin-T-Shirt ins Gesicht und sagte: «No respect for you.» Seither steht Salvini selbst in seiner eigenen Partei unter heftiger Kritik.   

Deutschland

Sahra Wagenknecht ist die populärste Linke in Deutschland.  Anders als viele in ihrer Partei lehnte sie Wirtschaftssanktionen gegen Russland ab.

In Deutschland sind die Populisten rechts und links berüchtigt für ihre langjährige Nähe zu Wladimir Putin. Politikerinnen und Politiker der AfD und der Linkspartei trafen nicht nur wiederholt dessen Leute, sie reisten auch auf die Krim oder in den Donbass, um ihre Solidarität mit den russischen Kriegszielen zu zeigen.

Sahra Wagenknecht, die populärste Linke, schloss noch unmittelbar vor der russischen Invasion kategorisch aus, dass Moskau überhaupt solche Pläne hege. An der Eskalation seien einzig der Westen und die «aggressive» Nato schuld, weil sie legitime Sicherheitsinteressen Russlands verletzten. Diese Meinung behielt sie auch nach Kriegsbeginn bei. Sie verurteilte den Angriff zwar deutlich und forderte beide Seiten auf, zu Gesprächen zurückzukehren. Anders als viele in ihrer Partei lehnte sie aber nicht nur deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine kategorisch ab, sondern auch Wirtschaftssanktionen gegen Russland.

Dies entsetzte Gregor Gysi, die zweite lebende Ikone der Linkspartei, der zuvor Moskau fast immer verteidigt hatte. Er warf Wagenknecht angesichts des ukrainischen Leids «völlige Emotionslosigkeit» vor. Wer Waffenlieferungen ablehne, spreche der Ukraine faktisch das Recht ab, sich selbst zu verteidigen und sei «indirekt dafür, dass sie nur die Chance zur bedingungslosen Kapitulation» bekomme. Wagenknecht beklagte sich danach über Gysis «Rufmord».

Auch AfD-Chef Tino Chrupalla war stets überzeugt, dass der Westen die Hauptschuld an der Eskalation und am Krieg trage. Wie die Linkspartei verurteilte auch seine Partei den russischen Angriffskrieg klar als «völkerrechtswidrig» und verband dies mit der Forderung nach einem Waffenstillstand und Verhandlungen über eine Neutralisierung der Ukraine. Dem deutschen Kanzler Olaf Scholz warf Chrupalla nach dessen «Zeitenwende»-Rede vor, er reaktiviere den Kalten Krieg. Waffenlieferungen an die Ukraine und Sanktionen gegen Russland lehnte Chrupalla ab, beklagte vielmehr, dass man derzeit einen «Überbietungswettbewerb» erlebe, wer am schnellsten alle Brücken nach Osten abbreche. Dabei werde die AfD nicht mittun.

Bulgarien

Bulgariens Verteidigungsminister Stefan Janew weigerte sich von einem «Krieg» zu sprechen.

Bulgarien pflegt traditionell enge Beziehungen zu Russland, doch Putins Popularität ist seit dem Überfall auf die Ukraine stark gesunken. Gleichwohl weigerte sich Verteidigungsminister Stefan Janew, von einem «Krieg» zu sprechen, woraufhin Premier Kiril Petkow ihn entliess. Das grössere Problem für die junge Regierung unter dem Reformpolitiker Petkow ist aber der sozialdemokratische Koalitionspartner: Die BSP weigert sich im bulgarischen und im europäischen Parlament, Sanktionen gegen Russland und russische Propagandamedien mitzutragen. Die BSP verurteilt den Krieg gegen die Ukraine zwar offiziell, hat sich aber auch gegen jede militärische Hilfe positioniert.