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Gefangenenaustausch zwischen Erzfeinden
Der Iran und die USA beenden die Funkstille

«Das Ende ihres Albtraums»: Der US-Aussenminister Antony Blinken ist zuversichtlich.
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Sie legen Wert darauf, nicht miteinander gesprochen zu haben. «Indirekt» seien die Gespräche gelaufen, offenbar hat Katar teilweise vermittelt, damit Amerikaner und Iraner nicht an einen Tisch müssen. Am Donnerstag dann klangen die Nachrichten aus Washington und Teheran überraschend ähnlich – und überraschend positiv. 

Die US-Regierung und das iranische Regime haben sich auf einen Deal geeinigt, wonach fünf amerikanische Staatsbürger im Iran aus dem Gefängnis freikommen, im Gegenzug wollen die USA einige Iraner aus der Haft entlassen. Zumindest die drei der fünf Amerikaner, deren Namen bekannt sind, haben auch den iranischen Pass. Sie waren wegen Spionagevorwürfen verurteilt worden. Einer von ihnen, ein Umweltaktivist, sollte wegen «Kontakten zur US-Regierung» für zehn Jahre hinter Gitter, fünf davon hat er schon verbüsst. 

Noch sind die Freigelassenen im Hausarrest

Zu dem Deal gehört noch ein finanzielles Versprechen, auf das sich die USA eingelassen haben. Der Iran soll Zugriff auf Öleinnahmen in Höhe von sechs Milliarden US-Dollar bekommen, die wegen der Sanktionen gegen das iranische Regime seit Jahren eingefroren sind. Das Geld, so der Plan, wird auf einem Konto in Katar parkiert. Die Iraner dürfen darüber verfügen, wenn sie es nachweislich nur für humanitäre Zwecke ausgeben, also zum Beispiel für Medikamente oder Nahrungsmittel. 

Jetzt im Hausarrest, demnächst soll er freikommen: Der iranisch-amerikanische Doppelbürger Siamak Namazi.

Die inhaftierten Amerikaner haben das berüchtigte Evin-Gefängnis in Teheran am Donnerstag verlassen. Der amerikanische Aussenminister Antony Blinken sagte, er glaube, dies sei «das Ende ihres Albtraums». Vorerst bleiben sie aber in einem Hotel unter Hausarrest. So lange, bis die Ölmilliarden auf dem Konto in Katar angekommen sind. Und bis die USA ihrerseits iranische Staatsbürger freilassen – wohl solche, die wegen Verstössen gegen die anti-iranischen Sanktionen einsitzen.

Eine Aussenmauer des berüchtigten Evin-Gefängnisses in Teheran im Iran.

Für Joe Biden ist der angekündigte Gefangenenaustausch ein Erfolg. Einerseits wird ihm bald die Aufgabe zufallen, die freigekommenen Bürger zu Hause willkommen zu heissen. Dagegen dürfte selbst den Republikanern nichts einfallen. Andererseits hat es sich der US-Präsident seit langem zum Ziel gemacht, im Verhältnis zum Iran weiterzukommen. In Bidens Zeit als Vize unter Barack Obama fällt das Atomabkommen mit dem Iran, unter dem sich Teheran verpflichtete, keine Nuklearwaffen zu bauen. Donald Trump hat das Abkommen 2018 aufgekündigt.

«Das höchste Lösegeld in der amerikanischen Geschichte.» 

Mike Pence, ehemaliger US-Vizepräsident

Ein neues, offizielles Abkommen mit Teheran wäre für Biden schwierig, weil dem der Kongress zustimmen müsste – also die Republikaner, die im Repräsentantenhaus die Mehrheit stellen. Ausserdem würde es Biden im aufziehenden Wahlkampf schwerfallen, ein Abkommen mit dem iranischen Regime zu verteidigen. Trumps früherer Vizepräsident Mike Pence, der 2024 ins Weisse Haus will, setzte am Donnerstag auf Twitter den Ton: Die sechs Milliarden US-Dollar für Teheran nannte er das «das höchste Lösegeld in der amerikanischen Geschichte». 

Neues Atomabkommen unwahrscheinlich

Einer Annäherung zwischen den Erzfeinden USA und Iran sind auf beiden Seiten Grenzen gesetzt. Auch in Teheran fürchtet man offenbar, dass Biden nächstes Jahr verlieren und von einem Republikaner abgelöst werden könnte, der wie Trump sämtliche Abkommen aufkündigt. Trotzdem ist der aktuelle Deal ein Zeichen für Tauwetter.

Seit Monaten schon, heisst es, halte sich das iranische Regime an eine informelle Absprache mit den USA. Dazu zählt offenbar, dass die irantreuen Milizen im Irak sich mit Attacken zurückhalten. Sie hatten dort in der Vergangenheit immer wieder US-Einrichtungen und Basen der US-Armee angegriffen. Was die Biden-Regierung den Iranern dafür im Gegenzug versprochen hat, ist nicht bekannt. 

Teheran braucht dringend Geld

Joe Biden will vermeiden, dass im Nahen Osten eine neue Krise losbricht, während er sich um den Ukraine-Krieg kümmern muss. Und Teheran braucht dringend Geld, die wirtschaftliche Lage im Land ist katastrophal, die Inflation hoch. Der Westen hat die Sanktionen ja erst im vergangenen Jahr verschärft, als das Regime die Massenproteste seiner Bürger über Monate hinweg brutal niederschlug. Nun gingen die Machthaber sogar auf das verfeindete Saudiarabien zu, nahmen mit Riad wieder diplomatische Gespräche auf. Wirtschaftlichen Beziehungen mit den Saudis oder anderen Golfstaaten aber stehen die US-Sanktionen entgegen. 

«Der Gefangenenaustausch ermutigt das Regime, mehr Geiseln zu nehmen.»

Masih Alinejad, iranische Aktivistin, die in den USA lebt

Es sind die regierungskritischen Proteste, die jeden Deal mit dem Iran politisch und moralisch heikel machen. Will man mit einem Regime reden, das Demonstranten zum Tod verurteilen lässt? Kritik am Gefangenenaustausch kam entsprechend von der iranischen Opposition, etwa von Masih Alinejad: «Er ermutigt das Regime, mehr Geiseln zu nehmen», schrieb die prominente Aktivistin, die in den USA lebt, auf Twitter.

Die fünf freigelassenen Amerikaner werden wohl in ein paar Wochen in eine Maschine nach Katar steigen, von dort aus gehts für sie weiter nach Amerika. Die Iraner, die aus der US-Haft freikommen, dürften ebenfalls über Katar reisen. Es sei denn, sie wollen lieber in den USA bleiben.