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Weniger Abfall
Der 5-Rappen-Trick bei den Plastiksäcken

Der Verbrauch von Plastiksäcken geht stark zurück: Die Gebühr von 5 Rappen zeigt Wirkung.
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Plastikbesteck im Take-away, mit Plastikfolie verpackte Lebensmittel oder Kosmetika – im Alltag sind wir stets vom billigen und umweltschädlichen Kunststoffmaterial umgeben. Einfach abbaubare Alternativen gäbe es zwar einige, doch aufgrund der günstigen Herstellungskosten setzen Produzenten und Konsumentinnen selten auf nachhaltige Verpackungen.

Ein Konsumwandel hat aber beim Gebrauch von Plastiksäcken stattgefunden. Das zeigen Zahlen der Swiss Retail Federation. Gemäss dem Detailhandelsverband ist der Verbrauch von Plastiksäcken in den letzten sechs Jahren um 88 Prozent zurückgegangen. 

Der Grund dafür ist einfach: Gegen Ende 2016 führten die ersten Detailhändler Gebühren für Plastiksäcke ein. Gerade mal 5 Rappen kosten sie seither. Eine tiefe Gebühr im Vergleich zu den Papiersäcken, die zwischen 20 bis 40 Rappen pro Stück kosten.

Der Rückgang des Verbrauchs nach der Einführung der Gebühr ist frappant. In nur einem Jahr sank der Verbrauch um satte 84 Prozent. Seither ist er stetig zurückgegangen – einzig im Jahr 2021 wurde ein leichter Anstieg verzeichnet. 

127 Kilogramm Plastikabfall pro Kopf

Die Schweiz hat aber nach wie vor einen hohen Plastikkonsum. Wie die Umweltorganisation Ocean Care in einem Bericht schreibt, hat die Schweiz im internationalen Vergleich einen hohen Pro-Kopf-Verbrauch von Kunststoff. Pro Jahr und pro Person beträgt er laut dem Bundesamt für Umwelt 127 Kilogramm.

Zwar wird in der Schweiz viel Abfall getrennt, aber die Wiederverwendungsquote bei Kunststoff liegt gerade mal bei etwa 10 Prozent. Das meiste Plastik landet dann nach kurzer Nutzung in der Müllverbrennung. Gemäss Ocean Care gelangen durch die Verbrennung des Kunststoffabfalls giftige Stoffe in die Luft.

Zudem landet viel Plastik in der Natur. Eine Untersuchung des eidgenössischen Forschungsinstituts Empa ergab, dass jedes Jahr 5000 Tonnen Plastik in die Umwelt gelangen. Die Kosten für die Beseitigung des Plastikabfalls auf Feldern, in Wäldern, Flüssen und Seen belaufe sich Schätzungen zufolge auf rund 200 Millionen Franken pro Jahr. 

Trotz Abfalltrennung werden nur etwa 10 Prozent des Kunststoffabfalls wiederverwendet. 

Gebühren bewirken mehr als Verbote

Wäre es da nicht besser, wenn der Bund die Verwendung von Kunststoffen einschränken oder verbieten würde? «Das ist oftmals der einzige Hebel, den die Politik hat: Ein Verbot. Aber Menschen mögen es nicht, wenn ihnen etwas verboten wird», sagt Wirtschaftsprofessorin Johanna Gollnhofer von der Universität St. Gallen.  

Es sei eine grosse Herausforderung, Gewohnheiten zu ändern, doch würde das mehr bringen. «Es reicht nicht, den Menschen zu sagen, dass etwas schlecht ist. Man muss ihre Gewohnheiten brechen oder sie zumindest dazu bringen, ihr Konsumverhalten zu hinterfragen.»

Der starke Rückgang des Plastiksackverschleisses hat gezeigt, dass Konsumenten und Konsumentinnen bereits bei tiefen Gebühren beginnen, ihr Verhalten zu überdenken.

Professorin Gollnhofer sagt: «Das ist ein super Beispiel, an dem man sieht, dass wir Menschen Entscheidungen unbewusst treffen. Wir haben viele unnachhaltige Gewohnheiten und denken gar nicht darüber nach. Erst wenn es eine Veränderung der Rahmenbedingungen gibt, wie eben Plastiksäcke nur noch gegen Gebühr, findet ein Umdenken statt.»

Preis schlägt Nachhaltigkeit

Dies zeige sich auch immer wieder in den Studien: «Der Preis schlägt in der Regel den Nachhaltigkeitsaspekt, dasselbe gilt für die Convenience», so Gollnhofer. Wenn also etwas besonders bequem ist, spielt der Umweltaspekt auch eine untergeordnete Rolle. Die Lösung sei, nachhaltige Varianten möglichst günstig und einfach zugänglich sowie praktisch zu gestalten. 

«Mit der Einführung einer Gebühr, auch wenn es nur 5 Rappen sind, beginnt die Konsumentin das Ganze zu überdenken.»

Johanna Gollnhofer, Wirtschaftsprofessorin an der Universität St. Gallen

Da früher die Plastiksäcke noch gratis waren, dachten die Konsumenten und Konsumentinnen, dass diese nicht wichtig und somit auch nicht wertvoll seien. «Mit der Einführung einer Gebühr, auch wenn es nur 5 Rappen sind, beginnt die Konsumentin das Ganze zu überdenken», so Gollnhofer.

Beispielsweise sorge es dafür, dass Plastiktüten wiederverwendet würden oder man jeweils daran denke, die eigene Einkaufstüte von Zuhause mitzubringen, was wiederum zu einer generellen Reduktion des Plastikverbrauchs führe.

Beim Obst und Gemüse gibt es weiterhin Gratis-Kunststoffsäcke

Ganz verschwunden sind die Plastiksäckli bei den Detailhändlern aber noch nicht. In der Gemüse- und Obstabteilung der Filialen finden sich nach wie vor Gratis-Kunststoffsäcke. «Das wäre ein weiterer Schritt, mit dem man den Plastikverbrauch senken könnte, wenn auf einmal für die Gemüsetüte ebenfalls eine Gebühr erhoben würde.»

Alternativen wie Netzbeutel aus Zellulose gibt es bei der Migros und Coop zu kaufen. Und auch dafür greifen die Konsumentinnen und Konsumenten in die Tasche: Coop habe seit der Einführung Ende 2017 mehr als 2 Millionen Exemplare verkauft. Bei der Migros seien über 3,3 Millionen im Umlauf.