Rolle des Finanzministers bei CS-UntergangGeheime Treffen von Ueli Maurer «sind Ausdruck einer schwachen Struktur»
Gegen den Ex-Finanzminister sind schwere Vorwürfe publik geworden. Politiker wollen den PUK-Bericht abwarten – und gehen von gravierenden Fehlern im Finanzdepartement aus.
Man solle die Credit Suisse erst einmal in Ruhe arbeiten lassen: «Ich bin der Meinung, dass die CS die Kurve schaffen wird», sagte der ehemalige Finanzminister Ueli Maurer kurz vor seinem Rücktritt im Dezember 2022 dem Schweizer Fernsehen.
Die Beruhigungspille des Ex-Finanzministers nützte bekanntlich nichts. Im März 2023 kam es zur Notübernahme der Credit Suisse durch die UBS. Rückblickend erstaunen Maurers Aussagen bei SRF umso mehr. Wie diese Redaktion berichtet, war er stark in die Diskussionen rund um den Untergang der CS involviert.
So kam es zwischen Oktober und Dezember 2022 regelmässig zu Geheimtreffen zwischen Maurer, SNB-Chef Thomas Jordan und CS-Präsident Axel Lehmann. Das geht aus dem Entwurf des Berichts der parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) hervor, zu dem die befragten Personen momentan ihre Stellungnahmen abgeben können. Geplant ist die Veröffentlichung des vollständigen Berichts im November.
SP sieht «gravierende Fehler im Finanzdepartement»
Vorher wollen sich die Parteien nicht zu den Vorwürfen äussern. Das teilt etwa Mitte-Präsident Gerhard Pfister mit. FDP-Präsident Thierry Burkart will ebenfalls erst zum fertigen Bericht Stellung nehmen.
Auch die SP kommentiert die Details des Artikels nicht. «Es würde mich jedoch überraschen, wenn die PUK nicht zu dem Ergebnis kommt, dass es sowohl unter Ueli Maurer als auch bei der Übernahme der CS durch die UBS unter Karin Keller-Sutter im Finanzdepartement zu gravierenden Fehlern gekommen ist», sagt Co-Präsident Cédric Wermuth.
«Zu welchem Schluss der Bericht kommt, ist noch nicht sicher», sagt Thomas Aeschi, Fraktionschef der SVP. Die Kommission beschäftige sich in erster Linie mit der Rolle der Finanzmarktaufsicht (Finma). Das sei die entscheidende Behörde beim Untergang der CS gewesen. Sich jetzt schon zum Bericht zu äussern, sei jedoch zu früh, solange dieser noch nicht vollständig vorliege.
Von den Grünen kommt dagegen scharfe Kritik: «Sollten sich die Aussagen auch im definitiven PUK-Bericht bestätigen, würde das ein sehr schlechtes Licht auf Ueli Maurer werfen», sagt Nationalrat Gerhard Andrey. Er halte es für gravierend, wenn in einer für die gesamte Schweizer Volkswirtschaft derart gefährlichen Situation intransparent mit taktischem Freistil geführt werde und wichtige Zusammenarbeitsregeln des Bundesrates ignoriert würden. «Letztlich wird mit solchem Verhalten das Funktionieren der Institutionen bei der Bewältigung der Krise gefährdet», sagt er.
Die Zusammenarbeit zwischen dem Finanzdepartement, der SNB und der Finma ist in einer Absichtserklärung geregelt. Diese wurde im Nachgang der Finanzkrise geschaffen und 2019 erneuert.
Für Finanzkrisen wird darin unter anderem das sogenannte Lenkungsgremium definiert. Dieses setzt sich aus dem Finanzminister, der das Gremium leitet, und den Präsidenten von Nationalbank und Finma zusammen. Es ist für Koordination und allfällige Interventionen in einer Krise zuständig.
Maurer hat sich über die in der Absichtserklärung definierten verbindlichen Abmachungen hinweggesetzt. So würden von den Treffen keine Protokolle existieren. Marlene Amstad, die Präsidentin der Finma, sei nur bei einem dieser Treffen dabei gewesen.
Stärkere Regulierung für die Zukunft gefordert
«Offensichtlich funktioniert die Zusammenarbeit zwischen der Finma, dem Finanzdepartement und der SNB nicht so, wie sie sollte», sagt Yvan Lengwiler, Wirtschaftsprofessor an der Universität Basel. Überrascht habe ihn, dass Finma-Präsidentin Amstad nur einmal bei einem solchen Treffen dabei gewesen sei. «Solche Geheimtreffen sind Ausdruck einer informellen und schwachen Struktur, die im Krisenfall zu Problemen führt», sagt er.
Im Herbst 2023 untersuchte er im Auftrag des EFD gemeinsam mit einer Expertengruppe den Reformbedarf nach dem Untergang der CS. Darin kamen sie zum Schluss, dass die Zusammenarbeit bei einer Finanzkrise in der Schweiz nur sehr oberflächlich geregelt ist. Lengwiler: «Für die Zukunft braucht es etwas, das deutlich stärker ist als eine Absichtserklärung.»
Das würde die Glaubwürdigkeit der Schweizer Behörden in einer nächsten Bankenkrise stärken. Denn verglichen mit anderen Ländern ist die Zusammenarbeit der Behörden bei der Sanierung einer Bank hierzulande nur sehr wenig definiert. In den USA etwa müssten drei Behörden unabhängig voneinander zustimmen, damit dieser Prozess überhaupt eingeleitet werden kann.
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