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Neue Chefin für AHV und IV
Baume-Schneider macht eine frühere Gewerkschafterin zur Spitzenbeamtin

Doris Bianchi steht in einem Büro vor einem Regal mit Kinderzeichnungen und Plakaten. Auf dem Boden lehnt ein Poster mit der Aufschrift ’Oui’ an der Wand.
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In Kürze:
  • Die ehemalige Gewerkschafterin Doris Bianchi leitet künftig das Bundesamt für Sozialversicherungen, zu dem AHV und IV gehören.
  • Als Gewerkschafterin erwies sie sich als pragmatische Expertin für Sozialpolitik.
  • Seit 2020 führt die Juristin die Bundespensionskasse Publica.
  • Die Tochter italienischer Einwanderer ist im Baselbiet aufgewachsen.

Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) gehört mit der AHV und der Invalidenversicherung (IV) zu den Schwergewichten in der Bundesverwaltung. Die beiden Sozialwerke zusammen zahlen pro Jahr rund 60 Milliarden Franken an Versicherte aus.

Doris Bianchi übernimmt den Direktionsposten von Stéphane Rossini, der auf Ende Juni vorzeitig zurücktritt. Hintergrund des Abgangs sind fehlerhafte Finanzperspektiven zur AHV, die im Mai 2024 bekannt wurden und zu einer Administrativuntersuchung im BSV führten.

Mit der 50-jährigen Bianchi setzt Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider die Tradition ihres Vorgängers Alain Berset fort, dass an der Spitze des BSV eine linke Führungskraft sitzt. Allerdings war Bianchi im Unterschied zum langjährigen SP-Nationalrat Rossini keine Politikerin, sondern einfaches Parteimitglied einer Stadtberner SP-Quartiersektion.

Kämpferisch und pragmatisch

Ihre Karriere in Bern begann sie 2005 in der Zentrale des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB), wo sie fast 13 Jahre lang arbeitete. Einen Namen machte sie sich beim SGB als Verantwortliche für die Dossiers der Sozialpolitik. Dazu gehörte vor allem die Altersvorsorge mit der AHV und der zweiten Säule.

Bianchi kämpfte gegen «den Rentenklau der politischen Rechten» in der zweiten Säule und für einen Ausbau der AHV. Nun wird sie als BSV-Direktorin massgeblich mitarbeiten an der nächsten AHV-Reform. Diese muss der Bundesrat dem Parlament bis Ende 2026 vorlegen. Bianchi tritt ihr neues Amt am 1. September an.

Als Gewerkschafterin konnte Bianchi durchaus kämpferische Töne anschlagen, wenn die Linke mit Initiativen einen Sozialausbau forderte oder im Parlament einen Abbau verhindern wollte. Bianchi gehörte aber zu den kompromissbereiten und pragmatischen Figuren in der Gewerkschaftszentrale: Sie stand nicht für polemische Kampagnen, sondern für anwaltschaftliche, aber sachbezogene Sozialpolitik.

Doris Bianchi, designierte Direktorin des BSV, spricht bei einer Medienkonferenz in Bern am 16. April 2025.

Nachdem 2017 die grosse Rentenreform (Altersvorsorge 2020) an der Urne gescheitert war, die der SGB unterstützt hatte, holte Sozialminister Alain Berset Doris Bianchi ins Innendepartement. Als persönliche Mitarbeiterin beriet sie Berset zum Dossier der Krankenversicherung.

Seit Ende 2020 leitet Bianchi die Publica, die Pensionskasse des Bundes. Die Kasse gehört mit einer Bilanzsumme von 43 Milliarden Franken, 70’000 aktiven Versicherten und über 40’000 Rentnerinnen und Rentnern zu den grössten Vorsorgeeinrichtungen des Landes.

Bianchi hält Rentenaltererhöhung für nicht mehrheitsfähig

Das austarierte Sozialversicherungssystem trage wesentlich zum gesellschaftlichen Zusammenhalt, zur wirtschaftlichen Stabilität und Sicherheit der Schweiz bei, sagte Bianchi am Mittwoch vor den Medien. Das Sozialversicherungssystem müsse sich jedoch an finanzielle und gesellschaftliche Veränderungen anpassen. Dazu gehörten die Alterung der Bevölkerung, veränderte Erwerbs- und Familienmodelle sowie die Zunahme von Erwerbsunfähigkeit wegen psychischer Erkrankungen.

Zu bürgerlichen Forderungen nach einer Rentenaltererhöhung bei der nächsten AHV-Reform hält sich Bianchi an die Linie, die Baume-Schneider vertritt. Mit Ausnahme der Rentenaltererhöhung der Frauen sei eine Anpassung nach oben nie mehrheitsfähig gewesen. Sie sehe ihre Aufgabe darin, dem Bundesrat mehrheitsfähige Vorlagen zu unterbreiten. «Die Mehrheitsfähigkeit eines Erhöhungsschritts ist an einem sehr, sehr kleinen Ort.»

Bianchi wuchs als Seconda im Baselbiet auf

Doris Bianchi ist die Tochter italienischer Eltern, die aus Umbrien in die Schweiz einwanderten. Ihre Eltern gehören zur Generation der «Gastarbeiter», die in den 1970er-Jahren massgeblich zum Wohlstand der Schweiz beigetragen haben. Aufgewachsen ist Bianchi in Reinach im Baselbiet. Nach der Matur machte sie zunächst eine kaufmännische Ausbildung, studierte danach an der Universität Basel Recht und doktorierte an der Universität Zürich.

Bianchi wohnt in Bern und ist Mutter zweier Kinder. Ihre Identität als Seconda beschrieb Bianchi gegenüber der italienischsprachigen Gewerkschaftszeitschrift «Area» einmal so: Als Angehörige der zweiten Generation habe sie einen Migrationshintergrund, fühle sich aber in der Schweiz zu Hause. Allfällige Identitätsprobleme seien in der Jugendzeit zu verorten. «Jetzt habe ich mir eine bikulturelle Identität geschaffen und fühle mich wohl mit der Koexistenz dieser beiden Kulturen in mir.»