Bund hat nachgezähltBund verrechnete sich «nur» um 2 statt 4 Milliarden: AHV-Aussichten trüben sich wieder ein
Das AHV-Defizit beträgt 2033 rund 5 statt wie zuletzt angenommen 7,5 Milliarden Franken. Die alten Zahlen lagen aber weniger stark daneben als angenommen.
Anfang August informierte das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) über einen gröberen Rechenfehler bei der AHV. Die Ausgaben der AHV wurden in der Vergangenheit zu hoch ausgewiesen, die mittel- und langfristigen Finanzperspektiven des Sozialwerks erschienen plötzlich viel weniger düster als angenommen.
Das BSV hat zwischenzeitlich den fehlerhaften Programmcode korrigiert und die AHV-Finanzen zusätzlich von zwei externen Forschungsinstituten (KOF-ETH und Demografik) berechnen lassen. Diese Überprüfung lässt nun die AHV-Finanzen wieder etwas weniger rosig erscheinen als noch im August, der Rechenfehler ist weniger gross als im Sommer angenommen.
Das AHV-Defizit (Umlageergebnis) wird laut BSV im Jahr 2033 rund 5,3 Milliarden Franken betragen statt 7,5 Milliarden. Das BSV hat sich demnach um 2,2 Milliarden verrechnet. Im August war das Bundesamt noch davon ausgegangen, dass es sich um 4 Milliarden verrechnet hatte. Korrigiert wurden nun vor allem die voraussichtlichen AHV-Ausgaben. Diese betragen 2033 rund 69 statt 71,5 Milliarden. Die Abweichung von den alten Finanzperspektiven, die für die Abstimmung über die 13. AHV-Rente verwendet wurden, beträgt 3,6 Prozent, nicht wie im August befürchtet 6 Prozent.
Die sogenannten Finanzperspektiven der AHV sind ein wichtiges Instrument für die Politik. Sie zeigen, wie viel Geld das Sozialwerk in den nächsten zehn bis zwanzig Jahren braucht. Und wie viel ihm zur Verfügung steht. Dadurch können der Bundesrat und das Parlament rechtzeitig erkennen, inwiefern politischer Handlungsbedarf besteht.
Künftig will das BSV allerdings nicht mehr nur punktgenaue Zahlen für die AHV-Prognosen veröffentlichen, sondern eine Bandbreite angeben, in der sich Einnahmen und Ausgaben bewegen können. So lasse sich langfristig besser deutlich machen, mit welchen Abweichungen von den Prognosen gerechnet werden müsse.
Laut den Berechnungen der Konjunkturforschungsstelle ETH-KOF könnte der Rechenfehler sogar noch geringer sein als vom BSV nun ausgewiesen. Das Institut Demografik kommt hingegen zum Schluss, dass der Rechenfehler grösser oder auch kleiner gewesen sein könnte. Das BSV selbst schätzt die AHV-Ausgaben 2033 neu auf 69 Milliarden Franken, KOF-ETH dagegen auf 70 bis 72 Milliarden und Demografik auf 68 bis 70 Milliarden. In den ursprünglichen Finanzperspektiven war das BSV von AHV-Ausgaben von 71,5 Milliarden ausgegangen.
Je ausgedehnter der Zeithorizont, desto deutlicher zeigt sich allerdings, dass die alten BSV-Berechnungen die Ausgaben der AHV deutlich überschätzten und zu pessimistisch waren. Die neue Projektion des BSV für 2040 geht nun von 6 Milliarden geringeren AHV-Ausgaben aus. Auch die Berechnungen von ETH-KOF und Demografik zeigen dies deutlich, auch wenn die beiden Institute hier wiederum eine gewisse Bandbreite ausweisen.
AHV schreibt ab 2026 Defizite
Kurzfristig ändert die Neuberechnung hingegen nichts daran, dass die AHV voraussichtlich ab 2026 ab Einführung der 13. AHV-Rente in die roten Zahlen rutscht. 2026 dürfte das Defizit etwa eine halbe Milliarde Franken betragen. Bis 2030 wächst der jährliche Fehlbetrag auf fast drei Milliarden. Dieses Defizit will der Bundesrat nun mit einer Erhöhung der Mehrwertsteuer um 0,7 Prozentpunkte decken, was allerdings umstritten ist.
Nach 2030 steigt das AHV-Defizit weniger stark an als ursprünglich angenommen. Es erreicht 2040 rund 6 Milliarden. In den alten Finanzperspektiven war das BSV von einem AHV-Defizit von 10,7 Milliarden für 2040 ausgegangen. Dass das langfristige Defizit nun deutlich tiefer ist als angenommen, ist vor allem für die nächste grosse AHV-Reform relevant, die der Bundesrat bis Ende 2026 vorlegen muss.
Offen ist nach wie vor die Frage, ob wegen des Berechnungsfehlers nochmals über die Erhöhung des Frauenrentenalters auf 65 Jahre abgestimmt werden muss. Dies forderten die Grünen und die SP-Frauen nach Bekanntwerden des Berechnungsfehlers im August. Die zu pessimistischen Finanzperspektiven hätten im Abstimmungskampf zur Erhöhung des Frauenrentenalters eine grosse Rolle gespielt, lautet die Kritik von links. Beim Bundesgericht ist deshalb eine Abstimmungsbeschwerde der Grünen hängig.
Gleichzeitig läuft eine Administrativuntersuchung, die klären soll, wie es im BSV zum Berechnungsfehler kommen konnte. Die Untersuchung wurde von der zuständigen Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider angeordnet.
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