Krankenkassen und KrebsvorsorgeMehr präventive Brustentfernungen auf Kosten der Kassen
Wer ein erhöhtes Risiko hat, erhält neu eine vorsorgliche Operation einfacher vergütet. Bis jetzt waren nur jene Fälle kassenpflichtig, die auch Angelina Jolie zu einer OP bewogen.
Die vorsorgliche Brustentfernung (Mastektomie) wurde vor zehn Jahren zu einem grossen Thema. Die damals 37-jährige US-Schauspielerin Angelina Jolie machte damals publik, dass bei ihr wegen einer Genmutation das Krebsrisiko erhöht ist und sie sich deswegen beide Brüste vorsorglich entfernen liess.
Bei rund 5 bis 10 Prozent aller Krebserkrankungen lassen sich Genveränderungen nachweisen, die das Risiko für bösartige Tumore insbesondere in Brust und Eierstöcken erhöhen. Am häufigsten sind Mutationen in den Genen BRCA1 und BRCA2. In diesen Fällen müssen in der Schweiz die Krankenkassen schön länger vorsorgliche Operationen wie eine Brustentfernung bezahlen. 80 Prozent der vererbten Erkrankungen betreffen dabei BRCA1. Auch bei Angelina Jolie war dies der Fall.
Betroffen sind überwiegend Frauen. Männer bleiben trotz Genmutation häufig gesund. Sie erkranken nur in seltenen Fällen an Brustkrebs oder häufiger an Prostatakrebs. Sie können die fehlerhaften Gene jedoch ebenfalls an ihre Kinder weitergeben und bei den Töchtern für ein erhöhtes Risiko sorgen. In solchen Konstellationen wird die erbliche Vorbelastung häufig übersehen oder erst spät bemerkt.
25’000 Franken für eine Mastektomie
Neben den BRCA1/2-Genen existieren weitere, seltenere Genmutationen, die das Krebsrisiko insbesondere bei Frauen erhöhen. Inzwischen kennt man fast 20 entsprechende Mutationen, bei denen vorsorgliche Operationen in der Schweiz durch die Grundversicherung bislang nicht gedeckt waren.
Diese Zeitung berichtete unlängst über Rita Marugg, deren Brustkrebsrisiko wegen einer Mutation im PALB2-Gen bei mindestens 50 Prozent lag. Die Kosten von 25’000 Franken für eine Mastektomie musste die Krankenkasse nicht übernehmen. Erst nach der Intervention des Ehemanns und der behandelnden Ärzte entschied sie sich dennoch dazu.
Wegen solcher Fälle hat die Krebsliga Schweiz zusammen mit der Schweizerischen Gesellschaft für Senologie und weiteren Organisationen einen Antrag beim Bundesamt für Gesundheit eingereicht. Das Anliegen: Die Krankenpflege-Leistungsverordnung soll revidiert werden, damit künftig risikoreduzierende Operationen allen Frauen mit Genmutationen offenstehen. Die Betroffenen müssten zudem eine ausführliche Beratung zu ihrem individuellen Risiko erhalten.
Inzwischen hat das Eidgenössische Departement des Innern den Antrag angenommen. Die obligatorische Krankenpflegeversicherung muss nun seit Anfang 2024 die Kosten für die vorsorgliche Brust- und Eierstockentfernung bei weiteren erblichen Vorbelastungen übernehmen. Die entsprechenden Gene sind in einem Referenzdokument aufgeführt. Ebenfalls gilt neu eine genetische Beratung als explizite Voraussetzung für die Vergütung.
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