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Nach Freigabe der Kohäsionsmilliarde
Brüssel pocht auf einen Schweizer Dauerauftrag

Kommissionsvize Maroš Šefčovič ist der neue Ansprechpartner in Brüssel für Bundesrat Ignazio Cassis. 
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Mit Höflichkeiten hielt sich Brüssel nicht lange auf: «Wir heissen den Entscheid des Schweizer Parlaments willkommen, den zweiten Schweizer Kohäsionsbeitrag bedingungslos freizugeben», schrieb Kommissionsvizepräsident Maroš Šefčovič am späten Donnerstagabend auf dem Kurznachrichtendienst Twitter zwar. Um gleich im zweiten Satz aber in Erinnerung zu rufen, dass die Schweiz mit dem Beitrag eigentlich seit 2012 im Verzug sei. Und darauf zu pochen, dass Bern künftig quasi im Lastschriftverfahren pünktlich und regelmässig zahlt.

Wer in Bern eine Form von Dankbarkeit erwartet hat, muss jedenfalls enttäuscht sein. In Brüssel hat man das Schweizer Hin und Her um den Kohäsionsbeitrag nie wirklich verstanden. Aus der Sicht der EU begleicht die Schweiz mit grosser Verspätung jetzt nur eine Altschuld. Also kein Anlass für Jubel oder Applaus. Anders als im Parlament in Bern betont, überweist die Schweiz den Beitrag aus Brüsseler Sicht zudem nicht freiwillig und autonom. Diese Kohäsionsmilliarde sei eine «natürliche und logische Gegenleistung» dafür, dass die Schweiz beim grössten Binnenmarkt der Welt teilnehmen könne, so Maroš Šefčovič, von Kommissionschefin Ursula von der Leyen als Ansprechpartner für Bundesrat Ignazio Cassis designiert.

Preis für Binnenmarkt

Die Schweiz habe sich 2004 als Teil der Bilateralen II politisch zu regelmässigen Zahlungen verpflichtet, so die Darstellung in Brüssel. Šefčovič drängt darauf, dass die Zahlungen aus der zweiten Kohäsionsmilliarde jetzt rasch fliessen. Ein Stolperstein könnte noch das sogenannte Memorandum of Understanding sein (MoU), das Brüssel und Bern als Grundlage für die Zahlungen zuerst aushandeln müssen. Die EU-Kommission will, dass dort der Schweizer Beitrag klar als Preis für die Teilnahme am Binnenmarkt definiert wird. Das dürfte wiederum für Bern nicht akzeptabel sein. Die Schweiz zahlt nicht in den EU-Topf, sondern finanziert direkt Projekte in den ärmeren Mitgliedsstaaten Osteuropas.

Für Spannungen könnte zudem eine alte Forderung sorgen, die Brüssel nun neu präsentiert: «Wir müssen über einen Mechanismus reden, der in Zukunft garantiert, dass die Schweiz entsprechend den Standards der EU und der Efta/EWR-Staaten ihren Beitrag leistet», so Šefčovič. Mit der Kohäsionspolitik will die EU das Wohlstandsgefälle im Binnenmarkt verringern. Die Efta/EWR-Staaten haben in der Periode 2014 bis 2021 die neueren Mitgliedsstaaten in Osteuropa mit 2,9 Milliarden Euro unterstützt. Norwegen hat davon 97 Prozent übernommen und zahlt damit jährlich dreimal mehr als die Schweiz.

Zurück zu Horizon Europe?

Die EU will nun, dass die Schweiz ähnlich wie Norwegen mit einer Art Dauerauftrag zumindest nahtlose Zahlungen in Zukunft garantiert. Sie hatte bereits in den Verhandlungen über das Rahmenabkommen vergeblich versucht, einen Mechanismus für regelmässige Kohäsionsbeiträge zu verankern. Der Verzicht auf diesen rechtlich verbindlichen Mechanismus war eine der Konzessionen, die Brüssel in der Schlussphase der Verhandlungen gemacht hat. Nun ist die Forderung wieder zurück auf dem Tisch und könnte auch den Start des politischen Dialogs belasten.

Unklar ist auch, ob Brüssel eine Zustimmung zu einem rechtlich verbindlichen Kohäsionsbeitrag zur Bedingung dafür macht, dass die Schweiz sich bei Horizon Europe wieder voll assoziieren kann. Die EU-Kommission hat sich bisher bedeckt behalten, unter welchen Bedingungen eine Rückkehr zum EU-Forschungsprogramm erfolgen könnte. Die Schweizer Forscherinnen und Hochschulen müssen weiter bangen.