Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Enttäuschende Börsenkurse
Die Techkonzerne schwächeln – ist der Boom bald vorbei?

Nvidia-Chef Jensen Huang vor wenigen Tagen auf einer Konferenz in Kalifornien. Der Mann in der schwarzen Lederjacke wird gefeiert wie ein Popstar.
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Als der Chef der Chipfirma Nvidia vor Mitte März auf einer Entwicklerkonferenz sprach, konnten die Tausenden Zuhörer nicht mehr an sich halten. Lichtblitze flackerten durch den Saal, als Jensen Huang, 61, graues Haar, schwarze Lederjacke, die Bühne betrat. Die Menge jubelte. Für einen Moment schien es, als würde bald nicht mehr nur Popstar Taylor Swift die Hallen füllen, sondern Huang. Seit Jahresbeginn hat sich der Kurs der Nvidia-Aktie fast verdoppelt.

Huangs Nvidia war bereits im vergangenen Jahr der Anstoss eines gewaltigen Börsenbooms: Zusammen mit sechs weiteren Innovativ-Aktien kürten Börsenanleger die Techtitel als «Glorreiche Sieben». 2023 stiegen die Titel im Schnitt schliesslich um mehr als 100 Prozent, während der US-Leitindex mit einem Plus von 24 Prozent zurückblieb. Nun allerdings sind nicht mehr alle sieben Aktien tatsächlich glorreich: Kaum bemerkt von vielen, bleiben drei der sieben Titel auffällig zurück. «Das scheint das Ende eines ersten Hypes», sagt Aktienexperte Christoph Schmidt von Fegra Capital.

Wer das verstehen will, muss auf die Nachzügler des Hypes schauen: Die Google-Mutter Alphabet brachte es seit Jahresbeginn auf nicht einmal zehn Prozent Kursplus, die sonst viel geliebte Apple-Aktie fiel um mehr als zehn Prozent, und der Wert der Tesla-Titel brach sogar um mehr als 30 Prozent ein. Manche Aktienhändler haben bereits ein neues Motto ausgegeben: Statt den «Glorreichen Sieben» sind es nun die «Fabulous Four», die «Fabelhaften Vier».

Geringere Ausgabenfreudigkeit macht Apple Probleme

Schon ein einfacher Blick an die Spitze der Weltbörsen zeigt den Wachwechsel deutlich: Hatte lange Apple den Titel als wertvollste Aktie weltweit getragen, führt seit kurzem Microsoft dieses Attribut. Lange hatten Anleger die Firma wegen ihrer unscheinbaren Büroprogramme wie Word oder Excel als langweilig gescholten. Seit die Firma jedoch Milliardenbeträge in die Chat-GPT-Firma Open AI investierte, schien an der Börse ein Favoritenwechsel eingeläutet.

Lange galt Microsoft als langweilig. Das hat sich mit den Investitionen in die Chat-GPT-Firma Open AI geändert.

Apple leidet aktuell schliesslich unter einer ganzen Reihe von Problemen: Am direktesten spürt das Unternehmen wohl die maue Kauflaune der Konsumenten, die angesichts der Inflation lieber sparen, als neue iPhones zu kaufen. «Und wenn die Firma dann auch keine wirklich neuen Funktionen an den Start bringt, überlegen es sich die Leute noch genauer», sagt Techexperte Schmidt.

Dazu kommt die geballte Kraft der internationalen Kartellwächter: Erst kürzlich verhängte die EU-Kommission eine Strafe über 1,8 Milliarden Euro gegen Apple, dann musste das Unternehmen auch die in Ungnade gefallenen Spieleentwickler von Epic Games in Europa wieder in den eigenen Appstores zulassen. Schliesslich hat die Bundesanwaltschaft in den USA erst in der vergangenen Woche Klage gegen den Techkonzern eingereicht, weil er die Konkurrenz von den eigenen Geräten verdrängen wolle. «Lasset die Spiele beginnen», kommentierte EU-Wettbewerbskommissarin Margarethe Vestager kürzlich im Onlinedienst X. Man muss kein Hellseher sein, um daraus eine Drohung in Richtung des Techkonzerns zu lesen.

Die grosse Euphorie für E-Autos ist erst einmal vorbei: Fahrzeuge von Tesla an Ladesäulen.

Auch im Falle von Tesla waren es nur ein paar wenig verklausulierte Worte, die die Probleme der Firma mehr als deutlich machten. Was die Autoexperten der US-Bank Wells Fargo in ihrer Studie schrieben, glich einer öffentlichen Spitze. «Ein Wachstumsunternehmen ohne Wachstum», urteilte Autoanalyst Colin Langan und trieb die Tesla-Titel damit in die Tiefe. Dabei hatte Langan nur wortreich aufgespiesst, was ohnehin viele zu denken schienen: Die Verkäufe der eigenen E-Autos kann Tesla nur wegen der üppigen Rabatte oben halten, die allerdings auf die Gewinnmarge drücken. «Wenn das mit den Rabatten so weitergeht, wird es irgendwann gar keine Gewinne mehr geben», meint Aktienexperte Christoph Schmidt.

Die glorreichen Sieben

Obendrein wollen die chinesischen Hersteller ihre E-Autos bald mit einer ganzen Tankerflotte in den Westen schiffen. Und selbst der geplante «Billig-Tesla» unter dem Fachnamen Model 2 könnte mit einem angepeilten Einstiegspreis von 25’000 Dollar im Vergleich zur Konkurrenz noch weit zu teuer sein. «Zumal ja weltweit die Begeisterung für E-Autos derzeit bröckelt», sagt Schmidt.

Insgesamt hat sich die Aktienrally an der Börse verengt, von breiten Techtiteln hin zu fokussierten Wetten auf künstliche Intelligenz. Während die Chipfirma Nvidia vorneweg läuft und die Whatsapp-Mutter Meta einen KI-Chatbot in den Messenger integrieren möchte, bleiben die anderen Aktien zurück. Inzwischen sind selbst die grossen Fondsprofis skeptischer geworden: Während vor rund einem Monat noch 21 Prozent der Fondsmanager in einer Umfrage der Bank of America US-Titel in ihren Portfolios übergewichteten, sind es jetzt bloss noch acht Prozent.

Nun verkauften nach einer Analyse des Datendienstes Verity jedoch selbst die Chefs grosser Techkonzerne im grossen Stil ihre eigenen Aktien: Amazon-Gründer Jeff Bezos verkaufte Aktien des Onlinehändlers für rund neun Milliarden Dollar, Meta-Chef Mark Zuckerberg schlug zum ersten Mal seit Jahren für rund 135 Millionen Dollar Aktien der Facebook-Mutter los. Wie gross, fragten sich viele an der Börse, kann dann das Vertrauen der Firmeninsider in die eigenen Aktien sein?

Auf einer Bankenkonferenz in London gab Aktienexperte David Kostin von der US-Grossbank Goldman Sachs kürzlich die passende Antwort: Die glorreichen Sieben seien ursprünglich keine Aktien gewesen, sondern Filmhelden einer 60er-Jahre-Klamotte. «Am Ende des Films», sagte Kostin spitz, «waren vier der sieben tot.»