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Statistik zum Bildungsniveau
Frauen überholen Männer bei Hochschulabschlüssen

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In Kürze:
  • Das Bundesamt für Statistik erwartet bis 2055 einen Anstieg der Tertiärabschlüsse auf 66 Prozent.
  • Frauen werden in rund zehn Jahren mit den Männern gleichziehen und sie dann überflügeln.
  • Experten bedauern einen Mangel an technischen Fachkräften. Stattdessen würden zu viele Geisteswissenschaften studieren.
  • Höhere Berufsbildungen sollen künftig mit «Professional Master»-Titeln aufgewertet werden.

Mehr als die Hälfte aller 25- bis 64-Jährigen wird 2028 einen Abschluss einer Hochschule oder einer höheren Berufsbildung haben. Gegenwärtig sind es 48 Prozent. Bis 2045 sollen gar 62 Prozent und im Jahr 2055 bereits 66 Prozent über einen sogenannten Tertiärabschluss verfügen. Diese Schätzungen veröffentlichte am Dienstag das Bundesamt für Statistik (BFS) zusammen mit seinen Bevölkerungsszenarien.

Die Akademisierung der Schweiz schreitet also zügig voran. Zu dieser Entwicklung tragen vor allem die Frauen bei. In gut zehn Jahren, so schätzt das BFS in seinem Referenzszenario, wird der Anteil der Frauen mit einem Tertiärabschluss gleich hoch sein wie jener der Männer – bei 57 Prozent. Danach dürften die Frauen die Männer überholen und abhängen.

Betrachtet man nur die Hochschulabschlüsse, übertreffen die Frauen die Männer schon vorher. Bereits heute schneiden sie in den Schulen besser ab als ihre Kollegen – nicht nur in der Schweiz, sondern auch in anderen Ländern.

Was brauchen die Gesellschaft und die Wirtschaft?

Doch braucht es so viele Akademikerinnen und Akademiker? Oder zielen die Ausbildungen am Bedarf der Wirtschaft und der Gesellschaft vorbei?

Rudolf Minsch, Chefökonom beim Wirtschaftsdachverband Economiesuisse, sieht dies differenziert. «Zum einen sind die Anforderungen in vielen Berufsfeldern gestiegen, sodass es ohne Tertiärabschluss in gewissen Jobs schwierig wird», sagt er. Zum andern stört sich Minsch daran, dass die Hochschulabschlüsse stärker zunehmen als jene der höheren Berufsbildung: «Es nützt wenig, wenn wir noch mehr Geisteswissenschafter und Künstlerinnen ausbilden.»

Seiner Ansicht nach sollten die Universitäten ihr Angebot weniger nach den Wünschen der Studierenden ausrichten als danach, was die Gesellschaft und die Wirtschaft brauchen. Entsprechend dürfe man die Finanzierung der Hochschulen nicht nur an die Zahl der Studierenden koppeln.

Frauen wählten oft Sozial- und Geisteswissenschaften

Auch Rudolf Strahm kritisiert, es würden zu viele Sozial- und Geisteswissenschaftler ausgebildet. Vor allem Frauen wählten solche Studienrichtungen. Fachkräftemangel herrsche aber anderswo – bei technisch Ausgebildeten mit Praxiserfahrung, moniert der Ex-Preisüberwacher und Alt-Nationalrat (SP), der sich seit Jahrzehnten für die Berufsbildung starkmacht.

Er will deshalb die höheren Berufsbildungen fördern. «Auch sie zählen zu den Tertiärabschlüssen, bedingen aber weder eine Matur noch eine Berufsmatur, sondern sind mit früheren Meisterprüfungen vergleichbar», so Strahm. Künftig sollen diese Schulen den Titel eines «Professional Bachelor» und «Professional Master» verleihen dürfen.

Neue Titel sollen höhere Berufsbildung attraktiver machen

Darauf pocht Strahm schon seit längerem. Die Chancen, dass die Forderung umgesetzt wird, stehen gut. Letztes Jahr hat der Bundesrat diesen Vorschlag in die Vernehmlassung geschickt, um «die Sichtbarkeit und das Ansehen der höheren Fachschulen sowie der eidgenössischen Berufs- und höheren Fachprüfungen zu verbessern».

Auch Economiesuisse steht dahinter. «Es braucht diese Titel als Auslobungsinstrument», sagt Rudolf Minsch. Denn heute werde die Berufsbildung oft unter ihrem Wert verkauft. In den Personalabteilungen sässen oft Hochschulabsolventinnen, da könne ein «Professional Master» helfen.

Läuft alles nach Plan, wird der Bundesrat demnächst eine entsprechende Gesetzesrevision ans Parlament verabschieden. Das begrüsst SP-Nationalrätin Simona Brizzi. «Es erhöht die Attraktivität der höheren Berufsbildung», sagt die Bildungspolitikerin. «So wird etwa auch Eltern signalisiert, wie hoch der Stellenwert dieses Ausbildungswegs in der Schweiz ist.»

Swissuniversities verteidigt Generalisten

Brizzi wehrt sich aber gegen ein Schlechtmachen der Sozial- und Geisteswissenschaften. «Wer einen solchen Abschluss mitbringt, kann sich später auch in der Wirtschaft behaupten – das Wissen der Absolventinnen kommt der Wissenschaft, der Gesellschaft und der Wirtschaft zugute», argumentiert die Sozialdemokratin. Es brauche deshalb keine zusätzliche Regulierung. Der Zugang sei bereits heute durch die gymnasiale Matur beschränkt.

Auch Swissuniversities, die Konferenz der Rektorinnen und Rektoren der schweizerischen Hochschulen, macht sich für die Geistes- und Sozialwissenschaften stark. Deren Absolventen brächten «dank ihres breiten Generalistenprofils beste Voraussetzungen für die heute geforderte berufliche Flexibilität» mit, hält Generalsekretärin Martina Weiss fest. Dies sei umso wichtiger, als viele Berufe der Zukunft heute noch gar nicht existierten.

Keine Freude hat Swissuniversities an den Titeln «Professional Bachelor» und «Professional Master». Eine solche Entlehnung von akademischen Ausdrücken sei «irreführend».