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Meinung

Kommentar zur US-Nahostpolitik
Eine scharfe Warnung an Netanyahu

FILE - President Joe Biden is greeted by Israeli Prime Minister Benjamin Netanyahu after arriving at Ben Gurion International Airport, on Oct. 18, 2023, in Tel Aviv. The United States has offered strong support to Israel in its war against Hamas. But the allies ar increasingly at odds over what will happen to the Gaza Strip once the war winds down. (AP Photo/Evan Vucci)
Joe Biden,Benjamin Netanyahu
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Joe Biden hat lange gewartet, bevor er Israels Vorgehen in Gaza kritisierte. Längst schrien die Protestierenden auf den Strassen, der US-Präsident lade gerade die Schuld eines Genozids an der palästinensischen Zivilbevölkerung auf sich. Biden stellte sich dennoch demonstrativ hinter die israelische Regierung: Die Hamas habe mit dem Terroranschlag vom 7. Oktober die jüngste Gewaltwelle ausgelöst, betonte er ein ums andere Mal.

Wohl ermahnte Biden Israel, das Leben von Zivilisten zu schonen, alle US-Vertreter erinnerten die israelischen Politiker bei jeder Gelegenheit an die entsprechenden völkerrechtlichen Verpflichtungen. Doch hinterliess das Weisse Haus insgesamt den Eindruck, Premierminister Benjamin Netanyahu ziemlich freie Hand zu lassen.

Klartext aus dem Weissen Haus

Diese erste Phase im Gaza-Krieg ist nun vorbei, Biden und Netanyahu tragen ihre Differenzen zunehmend öffentlich aus. Zuerst warnte Bidens Verteidigungsminister Israel vor einer «strategischen Niederlage», dann reiste Vizepräsidentin Kamala Harris in die Golfregion, wo sie von «verheerenden Bildern» aus Gaza sprach. Nun hat Biden persönlich die bisher schärfste Kritik vorgetragen.

Der US-Präsident warf Israel am Dienstagabend «wahllose Bombardierungen» in Gaza vor und warnte Netanyahu, gerade den weltweiten Krieg um die öffentliche Meinung zu verlieren. Die Formulierung lässt aufhorchen, weil in ihr eine Wertung anklingt, der sich die USA bisher bewusst verweigert hatten: dass Einsätze der israelischen Armee in Gaza internationales Völkerrecht verletzen. Biden scheint daran zu zweifeln, dass Israel seine militärischen Operationen darauf ausrichtet, Zivilisten zu schützen. Wäre das nicht der Fall, beginge Israel Kriegsverbrechen.

Der besondere Anlass für die jüngste Kritik

Biden trug seine bisher schärfsten Kommentare nicht vor laufenden Kameras vor, sondern wählte bewusst den engen Rahmen eines Wahlkampfanlasses mit einigen Dutzend Teilnehmern, darunter mehrere jüdische, proisraelische Geldgeber. Als offizielle Position des Weissen Hauses ist seine Äusserung also nicht zu werten. Genauso wenig entwischte dem Präsidenten aber eine beiläufige Bemerkung. Diese ist vielmehr Teil eines sorgsam orchestrierten diplomatischen Tanzes, in dem Biden weiterhin versucht, Netanyahu und vor allem dessen Regierung zu lenken, ohne öffentlich von Israels Seite abzurücken.

Netanyahu in Schach halten muss Biden auch aus innenpolitischen Gründen. Seine Positionsbezüge zum Krieg in Gaza haben ihn bei jüngeren Wahlberechtigten und bei Muslimen viel Sympathie gekostet. Biden kann es sich nicht leisten, diese Gruppen zu vergraulen, zu schlecht sind seine Umfragewerte ein Jahr vor dem Wahltermin. Um Donald Trump noch einmal zu besiegen, muss er sich als Anführer einer möglichst breiten Koalition in Szene setzen können.

Bidens innenpolitische Zwänge kennt Netanyahu bestens. Er weiss genau, dass der Druck aus Washington sehr schnell sehr gross werden, aber auch genauso schnell wieder abnehmen kann: Sollte in einem Jahr noch einmal Donald Trump Präsident werden, wäre das Weisse Haus wieder fest in der Hand eines Busenfreunds des israelischen Premiers. Je schlechter Biden im Gaza-Konflikt dasteht, desto besser für Netanyahu. Viel Hoffnung macht diese Ausgangslage nicht.