Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Betrug und andere krumme Touren
E-Truck-Pioniere fahren ihr Geschäft an die Wand

Electric Trucking Startup Nikola Fraud Allegations Undated hand out photo of a Nikola hydrogen fuel cell truck. Nikola Corp., the buzzy electric trucking company, is defending itself against charges of fraud that were made by short-selling firm Hindenburg Research. The allegations came just days after GM announced it was taking an 11 percent stake in the startup. Hindenburgs report, released September 10th, is titled How to Parlay an Ocean of Lies into a Partnership with the Largest Auto OEM in America a reference to the news that GM was teaming up with Nikola to help engineer and manufacture the startups battery-electric and hydrogen fuel cell vehicles. Hindenburg claims that Nikola had engaged in lies and deception i PUBLICATIONxNOTxINxFRAxSPAxUKxUSAxBELxPOL Copyright: xABACAx 742080_011 ABACAx 742080_011
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Das Video war nur einer der Beweise im Gerichtsverfahren gegen Trevor Milton, aber es ist symptomatisch für den prekären Zustand der meisten amerikanischen Hersteller von Elektrofahrzeugen. Zu sehen ist ein schwerer Lastenzug in der Wüste von Utah. Der Laster ist zügig unterwegs auf einer einsamen Landstrasse für die Transportfirma U.S. Xpress.

Der Nikola One ist das erste Produkt aus dem Haus des Nikola – doch alles ist nur Schein. Der Lastwagen ist eine Attrappe. Er verfügt über keinen Motor und fährt nur, weil die Strasse abschüssig ist. Zwar sollte Nikola einige Dutzend Elektro-Lastwagen produzieren, aber nie so, wie das Video glauben machte und wie Unternehmenschef Milton den Investoren versichert hatte.

Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.

An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.

Nikola habe bereits Bestellungen für mehrere Milliarden Dollar für den emissionsfreien Lastwagen und entwickle zudem einen mit Wasserstoff betriebenen Lastenzug, hiess es in den Börsenunterlagen. Beides war gelogen, wie ein New Yorker Gericht diese Woche feststellte, als es Milton wegen Betrugs zu einer vierjährigen Haftstrafe verurteilte. Die vorgetäuschten Bestellungen stammten von nicht existierenden Firmen und die Wasserstofftechnologie war nicht marktreif.

Trevor Milton leaves the Thurgood Marshall United States Courthouse, Monday, Dec. 18, 2023, in New York. Milton was sentenced Monday to four years in prison for his conviction for exaggerating claims about his company's production of zero-emission 18-wheel trucks, causing investors to lose hundreds of thousands of dollars. (AP Photo/Lawrence Neumewister)

Doch im Hype um Elektrofahrzeuge in den letzten drei Jahren spielte das offenkundig keine Rolle. Betrügerische Unternehmer wie Milton und schlitzohrige Risikokapitalgeber brachten seit 2020 Dutzende von Unternehmen wie Nikola im Schnellzugverfahren, ohne kritische und unabhängige Analyse, an die Börse und vermarkteten sie mit übertriebenen Versprechen.

Das Nachsehen hatten – wie immer in Börsenmanien – die naiven Privatinvestoren. Aber auch professionelle Anleger wie Blackrock und Fidelity liessen sich anstecken, investierten in die gehypten Elektroautofirmen und erlitten grosse Verluste. Im Fall von Nikola wird die Betrugssumme auf 660 Millionen Dollar geschätzt.

«Die wahnsinnigste Marktblase»

Nikola ist der bisher einzige Hersteller, dem Betrug nachgewiesen wurde. Aber mindestens 30 weitere Firmen stehen am Rand des Ruins. Ihre Wertvernichtung erreicht Dutzende von Milliarden Dollar. Nikola ist zwar noch immer im Geschäft, hat aber 99 Prozent an Wert verloren und warnte davor, im kommenden Jahr kein Geld mehr zu haben. Der andere hoch bejubelte Produzent von Elektrolastwagen, Proterra, ist bereits bankrott gegangen.

Selbst Rivian und Lucid, die immerhin mehrere Tausend Luxuswagen absetzen konnten und denen die besten Überlebenschancen gegeben werden, müssen unten durch. Sie haben nach eigenen Angaben derzeit zwar noch genug Cash, um nächstes Jahr produzieren zu können. Doch die nachlassende Nachfrage nach Elektrofahrzeugen bringt auch sie in Bedrängnis. Da sie mit jedem Wagen Verluste machen und nicht genug Cashflow erarbeiten, müssen sie sich mehr verschulden. Und dies zu stark gestiegenen Zinsen. Ihr Überleben nach dem Jahr 2024 ist gemäss einer Analyse des «Wall Street Journal» nicht gesichert.

Die Aktienkurse spiegeln die tiefe Krise der Branche. Im Schnitt haben die Firmen seit ihrem Markteintritt über 80 Prozent an Wert verloren. Seit dem Höhepunkt während der Covid-Jahre sind es sogar 95 bis 99 Prozent. Das Debakel ist noch extremer als im Krypto-Boom, sagt Gavin Baker, Investmentchef von Atreides Management. «Das ist die wahnsinnigste Marktblase, die ich je gesehen habe.»

Schwindel mit Bestellungen

Akut gefährdet sind besonders kleine Firmen wie Faraday, Lordstown und Canoo, die mit überrissenen Prognosen ausgefallen sind. Faraday etwa verfügt nur noch über 8,6 Millionen Dollar Betriebskapital, nachdem das Unternehmen an der Börse zunächst fast eine Milliarde Dollar beschafft hatte. Der Börsenwert ist von 16 Milliarden auf 15 Millionen Dollar kollabiert. Das Unternehmen musste unter Druck eines kritischen Analystenberichts zugeben, dass die behaupteten 14’000 Bestellungen nicht existierten. Die Börsenaufsicht und das Justizdepartement ermitteln wegen Betrugs.

CREATOR: gd-jpeg v1.0 (using IJG JPEG v80), quality = 95

Auch Canoo, ein Hersteller von Elektrolieferwagen, führte die Investoren in die Irre, als das Unternehmen nicht existierende Bestellungen von Walmart im Wert von 750 Millionen Dollar bekannt gab. Dennoch schossen Investoren noch einmal 390 Millionen ins Unternehmen, bevor Canoo die Bombe platzen liess: Das Überleben der Firma sei «substanziell in Zweifel» gestellt, hiess es im November. Der Marktwert ist seit 2021 um 99 Prozent gefallen.

Protektionismus stösst an Grenzen

Angetrieben wurde die Blase allerdings auch durch einen starken politischen Rückenwind. So lobte Donald Trump 2020 den inzwischen bankrotten Elektrolastwagenhersteller Lordstown, der damals dank Regierungssubventionen eine ehemalige GM-Fabrik in Ohio übernehmen konnte. Lordstown-Gründer Steve Burns habe ein «unglaubliches Konzept» entwickelt, meinte Trump.

Doch bald schon musste Burns seinen Sessel räumen, nachdem Hindenburg, eine für treffsichere Untersuchungen bekannte Analystenfirma, nachgewiesen hatte, dass er auch die Zahl der Bestellungen verfälscht hatte. Die Aktie dümpelt bei einem Dollar, nachdem sie 2021 zu über 400 Dollar gehandelt wurde.

Tesla ist heute – neben Nio aus China – der einzige reine Elektroautohersteller mit einem positiven Cashflow. Doch selbst Tesla stand vor fünf Jahren vor dem Ruin, bevor Elon Musk entschied, auf Massenproduktion umzustellen und mit Preissenkungen die Konkurrenz an die Wand zu fahren. Zudem schirmt Joe Bidens Regierung den amerikanischen Markt mit restriktiven Produktionsquoten vom Wettbewerb durch die günstigeren chinesischen Anbieter wie Nio ab. Doch den meisten US-Herstellern hilft auch dieser Protektionismus nicht mehr weiter.