SNB-Bericht zur CS-KriseBei Bankenkrisen will die Nationalbank, dass künftig frühzeitig eingegriffen wird
In ihrem Bericht zur Finanzstabilität hält die Nationalbank Rückschau auf die Krise der Credit Suisse und fordert Verbesserungen bei der Regulierung. Kritik gibt es am zu starren «Too big to fail»-Regime.
Selbst für die Schweizerische Nationalbank (SNB) kam die Krise bei der Credit Suisse überraschend. Auslöser dafür waren nicht wirtschaftliche Schocks von aussen, sondern eigene Verfehlungen der Bank. Schocks von aussen prüft sie in ihren regelmässigen Stresstests, denen sie die Banken unterzieht.
Ein «Bank Run», bei dem Kundinnen und Kunden nach einem Vertrauensverlust massiv Gelder abziehen, wie es bei der Credit Suisse der Fall war, war nicht Teil der Szenarios der SNB. Beim Stresstest abgefragt wurden unter anderem die Folgen einer Rezession oder einer hohen Inflation auf das Geschäft der Banken. Das geht aus dem jährlichen Bericht zu Finanzstabilität hervor, den die Nationalbank am Donnerstag veröffentlicht hat.
Die Regulierung ist zu starr
Für ein stabiles Finanzsystem zu sorgen, gehört mit zu den Aufgaben der Nationalbank. Um eine künftige Bankenkrise zu verhindern, fordert sie deshalb Nachbesserungen bei der Regulierung. Für sie ist mitunter wichtig, dass die Behörden beim nächsten Mal frühzeitig eingreifen können.
Im Bericht zur Finanzstabilität führt die Nationalbank diverse Beobachtungen an, die aus ihrer Warte besonders relevant sind. So fordert sie eine grundsätzliche Überprüfung des «Too big to fail»-Regelwerks. Es wurde nach der Finanzkrise 2008/09 eingeführt, um den Zusammenbruch einer systemrelevanten Bank zu verhindern. Dieses schreibt den Finanzinstituten unter anderem vor, wie viel Eigenkapital und Liquidität sie bereithalten müssen.
Im Nachgang der CS-Krise wurde «Too big to fail» bereits verschiedentlich kritisiert. Konkret hat es sich in der Praxis als zu starr erwiesen. Immer wieder hatten die Nationalbank und die Finanzmarktaufsicht in der Vergangenheit betont, dass die Credit Suisse auch noch kurz vor ihrem Kollaps am 19. März die Anforderungen stets erfüllt hat.
Nun kritisiert die SNB das strikte Beharren auf Kennzahlen in einer Krise. Das könne sogar kontraproduktiv sein, schreibt sie. «Korrigierende Eingriffe werden dadurch möglicherweise sogar noch verzögert.»
Im Fall der Credit Suisse macht die Nationalbank dagegen andere Faktoren aus, die für Investoren und Kundinnen und Kunden am Ende ausschlaggebender waren als die Erfüllung der reinen Kennzahlen: die Besorgnis ob der schlechten Geschäftsaussichten der Bank und ihr Ruf, der unter diversen Skandalen gelitten hatte.
Mängel sieht die Nationalbank zudem in der Art und Weise, wie die Banken ihre Kapitalausstattung definieren dürfen. Diese Kritik richtet sich nicht zuletzt an die Finanzmarktaufsicht, welche die Abwicklungspläne der Banken jedes Jahr prüft und überwacht. Bei der Definition des harten Kernkapitals, das sich nach den internationalen Standards richtet, hat die Credit Suisse zum Beispiel Vermögenswerte zu ihrem Kernkapital hinzugezählt, die an Wert verloren, als die Bank in die roten Zahlen geriet. Dazu gehörten etwa Investitionen in Software, welche die Bank im vergangenen Oktober abschreiben musste.
Banken müssen mehr Sicherheiten bereitstellen
Als unzureichend haben sich gemäss der Nationalbank auch die Vorschriften in Bezug auf die Liquidität erwiesen, welche die Banken vorweisen müssen. Nach dem massiven Vertrauensverlust der Credit Suisse haben Kundinnen und Kunden im März vor allem in der Vermögensverwaltung ihre Gelder in viel grösserem Ausmass abgezogen, als für den Krisenfall angenommen worden war – der «Bank Run» liess sich nicht mehr aufhalten.
Wie die Nationalbank schreibt, waren die Abflüsse bei der CS während gut zehn Tagen rund um die Übernahme durch die UBS so hoch, wie sie in den regulatorischen Annahmen für einen ganzen Monat vorgesehen waren.
Als Kreditgeber der letzten Instanz kann die Nationalbank Finanzinstituten, die in die Krise geraten, unter gewissen Umständen gegen Sicherheiten Liquidität zur Verfügung stellen. Das konnte die Credit Suisse im März aber nur noch beschränkt in Anspruch nehmen. Deshalb musste die Nationalbank selbst ins Risiko gehen und hat der Credit Suisse als Teil des Gesamtpakets von 259 Milliarden Franken auch Liquidität im Umfang von 50 Milliarden Franken gewährt, die nur durch das Konkursprivileg geschützt ist.
Kein Stresstest für die neue UBS
Diese Gelder hat die CS noch nicht wieder vollständig zurückbezahlt. Ende Mai waren noch 88 Milliarden Franken ausstehend, wie die Nationalbank schreibt. Eine ihrer Forderungen lautet daher, dass Banken künftig gewisse Vermögenswerte im Voraus bereithalten sollen, die sie im Notfall bei der SNB als Sicherheit für Liquidität hinterlegen müssen.
Nun liegt es an den Behörden, eine eingehende Prüfung der Bankregulierung vorzunehmen, wie die Nationalbank in ihrem Bericht schreibt. Dies sei auch wegen der gestiegenen Systemrelevanz der neuen UBS nötig und der damit verbundenen Risiken für die Schweiz. Aussagen, wie es um die Widerstandsfähigkeit der kombinierten UBS/CS angesichts solcher wirtschaftlichen Schocks steht, macht die Nationalbank keine. Da für die neue Grossbank noch zu wenig Daten vorlägen, werde ihr Stresstest in dem Bericht nicht diskutiert, schreibt die SNB.
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