Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

König in Australien
Sie setzte der Harmonie bei Charles’ Besuch ein jähes Ende

Australian Senator Lidia Thorpe disrupts proceedings as Britain's King Charles III and Queen Camilla attend a Parliamentary reception at Parliament House in Canberra on October 21, 2024. (Photo by LUKAS COCH / POOL / AFP)
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk
In Kürze:
  • König Charles wurde mit gemischten Reaktionen während seines Besuchs in Australien konfrontiert.
  • Die Senatorin Lidia Thorpe warf ihm Völkermord und Landdiebstahl vor.
  • Viele australische Republikaner betrachten den Besuch als Abschiedstour der Monarchie.
  • Charles zeigt Verständnis für Forderungen nach Wiedergutmachung wegen Kolonialverbrechen.

Beim Auftritt von Charles III. im australischen Parlament kam es, wie es kommen musste. Wenn der aus London angereiste König gehofft hatte, dass sein Antrittsbesuch als Staatsoberhaupt Australiens ruhig über die Bühne gehen würde, sah er diese Hoffnung enttäuscht.

Dabei hatte Premierminister Anthony Albanese, selbst ein überzeugter Republikaner, Charles bei dieser Gelegenheit noch mit überaus freundlichen Worten willkommen geheissen und ihm für sein Engagement beim Kampf gegen Klimawandel und für sein Bemühen um weltweite Verständigung gedankt. (Lesen Sie hier den Bericht über die erste «King’s Speech» von Charles).

«Geben Sie uns unser Land zurück!»

Aber die unabhängige Senatorin Lidia Thorpe machte der Harmonie in der Grossen Halle des Parlaments ein jähes Ende. Sie rief dem Monarchen zornig zu: «Dies ist nicht Ihr Land! Sie sind nicht mein König! Unser König sind Sie nicht!»

Thorpe, eine langjährige Verfechterin der Interessen der australischen Ureinwohner, warf Charles vor, er und seinesgleichen hätten «Völkermord an unserem Volk» begangen. «Geben Sie uns unser Land zurück!», rief sie. «Geben Sie zurück, was Sie von uns gestohlen haben.» Angesichts dieser verbalen Attacke nahmen sich alle sonstigen Proteste australischer Antimonarchisten gegen Charles’ Besuch regelrecht zahm aus.

epa11672352 Britain's King Charles III delivers a speech while attending a Parliamentary reception hosted by Australian Prime Minister Anthony Albanese and partner Jodie Jaydon at Parliament House in Canberra, Australia, 21 October 2024. King Charles III and Queen Camilla are visiting Australia from 18 October to 23 October.  EPA/LUKAS COCH AUSTRALIA AND NEW ZEALAND OUT

Gerechnet hatte der König gewiss nicht mit massenhaftem Zuspruch seiner australischen «Untertanen». Was seiner Mutter vor siebzig Jahren noch zuteilwurde, wäre heute nicht mehr vorstellbar. Als Elizabeth II. Australien damals, 1954, ihren ersten Besuch als Königin abstattete, waren immerhin drei Viertel der Bevölkerung auf die Strassen geströmt, um die junge Queen zu bejubeln in diesem Teil «ihrer» Welt.

Auch als Charles selbst 1983 als Kronprinz zusammen mit Prinzessin Diana, seiner damaligen Frau, nach Australien kam, fand jener Besuch – zwei Jahre nach der Märchenhochzeit in London – gewaltiges Interesse. Seither hat sich die Begeisterung für die Royals allerdings deutlich gelegt.

In seiner Jugend ging er in Australien zur Schule

Die jetzige Reise des 75-jährigen Monarchen, an der Seite der 77-jährigen Königin Camilla, sollte denn auch eher nüchternen Charakter haben. Mit Charles sind die Australier natürlich wohlvertraut. 16-mal hat er sich als Prinz von Wales bei den «Aussies» sehen lassen. In seiner Jugend war er sogar hier, im australischen Busch, zur Schule gegangen, ein halbes Jahr lang.

Dass dies nun, sein 17. Besuch, sein erster als König war und der erste Trip überhaupt ins Commonwealth of Nations seit seiner Krönung, trug ihm denn auch überwiegend positive Reaktionen ein. Das Opernhaus in Sydney wartete auf seinen berühmten weissen «Flossen» mit grossflächig projizierten Bildern Seiner Majestät auf. Regierungschef Albanese insbesondere mühte sich um zivile Umgangsformen. Immerhin ist der König der Briten auch in Australien Staatsoberhaupt.

epaselect epa11672329 Britain's King Charles III (C) and Queen Camilla (L) observe Aboriginal dancers as they attend a Parliamentary reception hosted by Australian Prime Minister Anthony Albanese and partner Jodie Jaydon at Parliament House in Canberra, Australia, 21 October 2024. King Charles III and Queen Camilla are visiting Australia from 18 October to 23 October.  EPA/LUKAS COCH AUSTRALIA AND NEW ZEALAND OUT

Die regionalen Landesfürsten waren indes, bei Charles’ Ankunft, wegen irgendwelcher anderer Termine unabkömmlich. Und republikanische Aktivisten erklärten den Trip des Königs zur Abschiedstour der Monarchie. Dabei hatte Charles selbst den Australiern schon vorab versichert, er würde sich einem Übergang des Landes zu einer anderen Verfassungsform in keiner Weise in den Weg stellen. Das zu entscheiden, sei «Sache der australischen Bevölkerung allein».

Allzu schnell dürfte nach Einschätzung der königlichen Familie eine Abschiedstour freilich nicht nötig werden. Zwar haben sich die Gefühle für die Krone bei den Australiern zweifellos abgekühlt seit den Tagen der frühen elisabethanischen Ära oder auch nur der Diana-Begeisterung.

Aber Albanese hat es offenbar nicht eilig mit einem neuen Referendum, nachdem er sich bei einer Volksabstimmung zu einer ganz anderen Frage vor zwei Jahren gründlich verschätzt hat. Eine weitere Blamage riskieren will er nicht. Und wie er finden viele seiner Landsleute, dass es Wichtigeres gibt, als zu Zeiten hoher Lebenshaltungskosten ein teures neues Kronreferendum zu inszenieren. (Das letzte, vor 25 Jahren, entschieden die Monarchisten mit knapp 55 Prozent für sich.)

Charles und Camilla reisen weiter nach Samoa

Zusätzliche Sympathie ist Charles derweil auch zugeflossen, weil er die jüngste Reise antrat, obwohl er sich gegenwärtig einer Krebsbehandlung unterzieht. Ruhepausen sind eingeplant worden in Australien, und einen ursprünglich geplanten Abstecher nach Neuseeland hat man vorsichtshalber abgesagt.

Unterdessen reisen Charles und Camilla am Mittwoch weiter nach Samoa, wo der alle zwei Jahre veranstaltete Commonwealth-Gipfel dieses Jahr abgehalten wird. Denn Charles III. ist ja nicht nur König und Staatsoberhaupt von insgesamt 14 Ländern. Er leitet auch das Commonwealth of Nations, dem 56 Staaten angehören.

Die weltweite Staatengemeinschaft, die sich aus dem britischen Kolonialerbe herleitet, heute aber einiges weiter greift, hatte sich schon vor dem Tod Elizabeths II. darauf verständigt, ihm zu gegebener Zeit die Führung des Commonwealth zu übertragen – obwohl es einige Zweifel an dieser Nachfolge gab.

Ex-Kolonien verlangen Wiedergutmachung

Mittlerweile sieht sich Charles als Kopf eines Verbands, in dem viele der britischen Ex-Kolonien von London finanzielle Wiedergutmachung für die Zeit der Sklaverei und des Sklavenhandels in Höhe von angeblich 200 Milliarden Pfund verlangen. Dieser Forderung widersetzt sich die neue Labour-Regierung in London, wie die konservativen Regierungen der letzten Jahre es schon vor ihr taten.

Etliche Commonwealth-Staaten, darunter die im Zuge des Klimawandels von rapide steigenden Meeresfluten in ihrer Existenz bedrohten kleinen Inseln in der Karibik und im Pazifik, fordern ausserdem von den Briten wie von anderen Industrienationen Gelder in Billionenhöhe, teils zum Ausgleich für erlittene Schäden und teils für rasch benötigte Rettungsaktionen. Sie wollen das in Samoa diese Woche auf die Tagesordnung setzen – gegen den Willen der Regierungschefs der wohlhabenderen Staaten des Commonwealth.

«Empörende Scheusslichkeit»

Bei Charles, dem Chefrepräsentanten des Verbands und leidenschaftlichen Umweltschützer, stossen sie dabei durchaus auf Verständnis, wiewohl der König keinen direkten Einfluss auf politische Entscheidungen nehmen kann.

Auch in der Frage der Sklaverei war Charles vor drei Jahren, damals noch als Prinz von Wales, weiter gegangen als je ein gekröntes Haupt oder eine britische Regierung vor ihm. Als er damals in Barbados als Emissär der Queen der dortigen Ausrufung der Republik beiwohnte, hatte er von der Sklaverei als einer «empörenden Scheusslichkeit» gesprochen. Dass sich Empire und Krone mithilfe der Sklaverei so lange Reichtum und Einfluss verschafft hätten, sagte er, werde «für immer ein Flecken auf unserer Geschichte sein».