Grossbritannien in Sorge Die Windsors schliessen die Reihen um den krebskranken König
Charles III. hat Krebs – und geht damit an die Öffentlichkeit. William soll für ihn einspringen, und selbst Harry flog sofort nach London. Doch vielerorts bleibt ein ungutes Gefühl zurück.
Die jüngste Krebsdiagnose für König Charles III. hat in der britischen Bevölkerung weithin Betroffenheit ausgelöst und die Royals selbst vor eine schwierige Aufgabe gestellt. In Erwartung einer womöglich mehrmonatigen Auszeit für den 75-jährigen Monarchen werden jetzt in aller Eile andere Mitglieder des Königshauses mobilisiert.
Königin Camilla (76) hat zum Beispiel bereits deutlich gemacht, dass sie an den nahezu täglichen öffentlichen Auftritten festhalten will, die sie zusammen mit ihrem Mann hätte absolvieren sollen. Und Thronfolger William, der Prinz von Wales, wird nun früher als geplant ins Zentrum der Grossen Windsor-Show gerückt werden und mehr und mehr mit wichtigen Aufgaben und Terminen betraut.
Eine enorme Herausforderung
Prinzessin Anne und Prinz Edward, Charles’ Geschwister, sollen ebenfalls zusätzliche Verpflichtungen übernehmen. Mit allen zu Gebote stehenden Mitteln sucht man im Buckingham-Palast die Nation davon zu überzeugen, dass «business as usual» garantiert ist, dass die Staatsgeschäfte weiterlaufen können wie bisher.
Aber auch bei Hofe macht man sich keine Illusionen darüber, dass die Erkrankung und die am Montag bereits begonnene Behandlung des Königs für die Monarchie eine enorme Herausforderung darstellt.
Premierminister Rishi Sunak suchte am Dienstag seinerseits Zuversicht zu verbreiten, indem er erklärte, er sei wahrhaft froh, dass der Krebs bei Charles früh entdeckt worden sei. Und natürlich stehe er mit dem König in «normalem Kontakt, wir machen weiter wie immer». Zum Zeichen der Normalität wehte über dem Palast geradezu trotzig das königliche Banner. So viel Routine wie nur möglich ist geplant.
Auch manche Royalisten sind sich da aber nicht ganz so sicher. Im Buckingham hat schliesslich niemand verlauten lassen, an welcher Art von Krebs genau der Monarch leidet, wie es wirklich um ihn steht. Und wenn der US-Präsident schon mal seine persönliche Sorge äussert und Kirchenfürsten überall zu Gebeten für den König rufen, bleibt vielerorts im Königreich ein ungutes Gefühl zurück.
Krebserkrankung ungenannter Art
Was die Öffentlichkeit bislang weiss, ist lediglich, dass sich Charles im Januar einer Operation zur Behandlung einer erweiterten Prostata unterzogen hatte. Anlässlich dieses Eingriffs wurde vom Buckingham-Palast versichert, dass es sich nicht um Krebs handelte in diesem Fall.
Während dieses Aufenthalts in der London Clinic stiessen die Ärzte aber offenbar auf etwas anderes, das Anlass zur Sorge gab – auf eine tatsächliche Krebserkrankung ungenannter Art. Als Charles III. die Klinik am vorletzten Sonntag lächelnd und winkend verliess, wusste er bereits, was die Diagnose war.
Im Verlauf der folgenden Woche informierte er dann seine beiden Söhne, seine Geschwister und (was seine Pflicht ist) den Premierminister. Zugleich begann die Planung im Palast auf Hochtouren zu laufen, wie man die Öffentlichkeit unterrichten sollte und wie die nahe Zukunft zu organisieren war.
Aushängeschild der Monarchie
Kaum war die Nachricht am Montagabend heraus, liess auch schon Prinz William verlauten, dass er von sofort an in die Bresche springen werde. Dabei hatte William eigentlich noch etwas pausieren wollen, da seine Frau Catherine ihrerseits nach einer grösseren Unterleibsoperation gerade erst aus der London Clinic nach Hause gekommen war und nun mindestens bis Ostern wird aussetzen müssen.
Die Prinzessin von Wales, allgemein bekannt als Kate, war zuvor immerhin zur verlässlichsten Windsor-Repräsentantin, zu einem hochpopulären Aushängeschild der Monarchie geworden. Nun mangelt es der Krone plötzlich gleich an zwei Hauptakteuren.
Denn ausgeschieden aus dem Kreis der «arbeitenden Royals» sind ausser Charles’ Bruder Andrew, dem schwarzen Schaf der Familie, auch Harry und Meghan, die 2020 nach Kalifornien auswanderten und sich seither von der Familie zunehmend distanziert haben. Harry immerhin flog, um seinen Vater zu sehen, bereits am Dienstag (ohne Meghan) in London ein.
Vielleicht bahne sich ja nun «eine grosse Versöhnung» an, raunte es in allen Londoner Boulevardblättern. Seit Harry mit spitzen Bemerkungen in seinem Memoirenband «Spare» Vater und Bruder angriff, hatte es nur noch wenig Kontakt zwischen ihm und dem König gegeben.
Lob zollten dem König bereits im Januar viele Briten dafür, dass er aus seinem Prostata-Problem kein Geheimnis gemacht hatte. Ihm sei daran gelegen, sagte Charles damals, dass andere Männer in ähnlicher Lage rechtzeitig Hilfe suchten – was dann auch Tausende quer durchs Königreich taten.
Auch dass der König seine Erkrankung an Krebs enthüllte, wurde ihm, vor allem von britischen Verbänden zur Krebsbekämpfung, zugutegehalten. Die enorme öffentliche Anteilnahme seit Montagabend sei schliesslich «ein Ausdruck der kollektiven Angst, die wir alle teilen», meinte Professorin Pat Price von der «Catch Up with Cancer»-Kampagne.
Etwas kritischer äusserte sich die «Londoner Times», die auch in der Krebsfrage volle Aufklärung verlangte. Halte das Königshaus die Information über die Art der Krebserkrankung zurück, fand die «Times», riskiere es, «dass viele Leute vermuten, dass die Situation des Königs ernster ist, als es der Palast verlauten lässt», oder dass man bei Hofe gar «etwas zu verheimlichen sucht».
Eine Reise nach Australien tritt er nicht an
Eine wahre Flut von Genesungswünschen brach jedenfalls über Charles III. herein, sobald die Nachricht seiner Erkrankung die öffentliche Domäne erreichte. Politiker aller Parteien, Regierungschefs von fern und nah schlossen ihn in ihre Gedanken und Gebete ein. Sogar Donald Trump, der Charles nie hatte ausstehen können, nannte ihn «einen wunderbaren Menschen», der ein guter Bekannter von ihm sei. Manche der guten Wünsche kamen im Ton halber Beileidserklärungen daher.
So Sunak später im Jahr um Auflösung des Parlaments bittet, um Neuwahlen ausschreiben zu lassen, hofft Charles dieser Bitte nachkommen und in der Folge eine neue Regierung einschwören zu können. Nur halt öffentliche Auftritte, war zu hören, werde er fürs Erste meiden. Und eine bereits halb geplante Reise nach Australien werde er nun wohl eher nicht antreten können. Wie einst Charles für seine Mutter Elizabeth bei solchen Anlässen einsprang, soll jetzt William, der Thronfolger, einspringen für ihn.
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