2000–2025 im RückblickVom verrauchten Einzelbüro zur Work-Life-Balance: So hat sich die Arbeitswelt in 25 Jahren verändert
Ein Büroalltag ohne E-Mails? Kaum vorstellbar! Wir zeigen auf, wie stark sich unser Berufsleben in diesem Vierteljahrhundert gewandelt hat.
![Collage verschiedener Fotos: Person am Schreibtisch, Mann im Anzug, Laptop mit geöffnetem Dokument, Frau arbeitet in Dunkelkammer, Frauen in einer Besprechung.](https://cdn.unitycms.io/images/7WctUziJalfAJl04Eobu7V.jpg?op=ocroped&val=1200,800,1000,1000,0,0&sum=JcCLjJ7zr6E)
Kein piepsendes Fax mehr. Keine dicken Schwaden von Zigarettenrauch auf den Bürogängen. Und auch keine meterhohen Papierberge in farbigen Sichtmäppchen: Die Arbeitswelt hat sich in den letzten 25 Jahren rasant verändert.
Die Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben verschwimmen. Mitarbeitende sind ständig erreichbar, arbeiten dafür zunehmend Teilzeit und von zu Hause aus. Technologische Entwicklungen bedrohen bestehende Berufe, während neue entstehen. Die Digitalisierung hat den Arbeitsalltag mit Team-Chats und Videokonferenzen effizienter gemacht – doch oft auch stressiger.
Der Siegeszug des E-Mails
![Rick Holzli, General Manager von Hotmail, posiert in einem Microsoft-Büro in Mountain View, Kalifornien, vor Computern und Servern. Datum: 1. August 2002.](https://cdn.unitycms.io/images/DngHa7xq4v593QGRyiRjRX.jpg?op=ocroped&val=1200,800,1000,1000,0,0&sum=YVgWWLxtL1M)
Kennen Sie das mulmige Gefühl, bevor Sie am Morgen die Mail-Inbox öffnen, wenn Sie fürchten, von einer Flut an neuen Nachrichten erschlagen zu werden?
Vor 25 Jahren war diese Angst unbekannt. Zwar wurden schon in den 1990er-Jahren Firmennetzwerke an das Internet angeschlossen. Doch erst ab dem Jahr 2000 tröpfelten E-Mails in immer regelmässigerem Abstand in die Postfächer, meist ergänzend zu Telefon und Fax.
Internet und E-Mail haben den Berufsalltag revolutioniert und enorm beschleunigt. Waren im Jahr 2000 erst gut 47 Prozent der Schweizer Bevölkerung regelmässig online, waren es 2023 bereits 97 Prozent.
Trotz neuer Kommunikationstechnologien nimmt die E-Mail-Nutzung in der Schweiz weiter zu: Gemäss einer E-Mail-Marktstudie aus dem Jahr 2023 nutzen mittlerweile 9 von 10 Schweizerinnen und Schweizern E-Mail täglich, das Schreiben von E-Mails gehört zu den häufigsten täglichen Internetaktivitäten.
Mehr Effizienz – aber keine gesparte Zeit
![Apple iBook G4 Laptop bei Retroapple 0.2 Treffen in Warschau, Januar 2018.](https://cdn.unitycms.io/images/3V1gtZwbqysAXHZ0W24RUH.jpg?op=ocroped&val=1200,800,1000,1000,0,0&sum=BVE5VF6BqX4)
Immer schnellere Laptops und das Internet machen es seit den Nullerjahren möglich, praktisch von jedem Ort aus zusammenzuarbeiten. Als Apple-Chef Steve Jobs Anfang 2007 das erste iPhone präsentierte, schrumpfte das mobile Büro gar auf Hosentaschenformat.
Der durch die Digitalisierung ausgelöste Produktivitätsschub war gewaltig: Zwischen 2000 und 2022 nahm in der Schweiz die Arbeitsproduktivität pro geleistete Arbeitsstunde insgesamt um 26 Prozent zu.
Wir arbeiten heute effizienter und produktiver denn je. Allerdings hiess es, mit dem Einzug der Computer spare man Zeit. Warum diese trotzdem niemals ausreicht, erklärt das sogenannte Parkinsonsche Gesetz. Dieses besagt, dass Arbeit immer in dem Mass zunimmt, wie Zeit zur Verfügung steht – egal, wie schnell wir arbeiten.
Laut dem englischen Buchautor und Zeitmanagement-Experten Oliver Burkeman tappen wir deshalb immer öfter in eine Effizienzfalle. Diese erklärt er am Beispiel des E-Mails so: Im Vergleich zur Briefpost haben E-Mails die Reaktionszeit enorm verkürzt. Doch dadurch nimmt die Korrespondenz zu, denn: Jedes Mal, wenn ein E-Mail beantwortet wird, besteht die Chance, damit wieder eine Reaktion auf das Antwortmail zu provozieren, was wiederum eine weitere Antwort erfordern kann.
Und: Je bekannter man wird als jemand, der schnell antwortet, desto mehr Personen werden einen mit Nachrichten eindecken. Um mehr erledigen zu können, wird das Lebenstempo erhöht – wir sind «always on».
Burn-out – kein Tabuthema mehr
![Ein Mann sitzt erschöpft an einem Schreibtisch vor einem Laptop, die Hände verzweifelt vor dem Gesicht, eine Lampe beleuchtet den Raum.](https://cdn.unitycms.io/images/4iVGNaXpae_AQNKF_35Zk5.jpg?op=ocroped&val=1200,800,1000,1000,0,0&sum=b0T5cYmn3Ac)
Das Bewusstsein für mentale Gesundheit am Arbeitsplatz hat zugenommen. Themen wie Stress, Burn-out oder Depressionen werden weniger tabuisiert. Mit ein Grund: Der Druck am Arbeitsplatz ist gestiegen, etwa durch ständige Erreichbarkeit und höhere Anforderungen.
Burn-outs gehören inzwischen zu den häufigen Ursachen für Arbeitsausfälle.
Unternehmen reagieren mit Programmen zur Gesundheitsförderung, beispielsweise mit Kursen zu Stressbewältigung oder Resilienz. Flexible Arbeitsmodelle wie Homeoffice und Gleitzeit sollen den Ausgleich zwischen Arbeit und Freizeit fördern. Professionelle Unterstützungsangebote stehen Mitarbeitern häufiger zur Verfügung.
Das Schweizer Arbeitsgesetz verpflichtet Arbeitgeber, auch die psychische Gesundheit zu schützen. Gesellschaftlicher und öffentlicher Druck sowie ein höheres Bewusstsein in den Chefetagen helfen bei diesem Wandel.
Das Ende des Einzelbüros
![Innenaufnahme des SHARE Swiss House for Advanced Research and Education in Boston, mit modernem Bürodesign und Präsentationsbildschirm.](https://cdn.unitycms.io/images/Fsy8CU3ja4GBSsm3QzxRhX.jpg?op=ocroped&val=1200,800,1000,1000,0,0&sum=CoPCRHUWad4)
Zuerst das Einzelbüro, dann Grossraumbüros und geteilte Arbeitsplätze und schliesslich das Büro in den eigenen vier Wänden: Im Büroalltag hat sich der Arbeitsalltag offensichtlich verändert.
Den Trend hin zum Grossraumbüro verkaufen die Unternehmen gerne als Massnahme, um den Austausch zwischen den Angestellten zu fördern. Für viele Arbeitnehmer bedeutet es aber vor allem eines: einen höheren Lärmpegel.
Gleichzeitig verschwinden feste Arbeitsplätze mit persönlichen Gegenständen, privaten Fotos oder Zeichnungen der Kinder zusehends: Mitarbeiter müssen am Abend das Büro sauber und aufgeräumt hinterlassen, damit es am nächsten Morgen von anderen genutzt werden kann. Die Arbeitgeber sparen so Platz und Mietkosten.
Spätestens mit der Coronapandemie wurde zudem Homeoffice zur Normalität. Auch wenn es derzeit wieder eine Gegenbewegung gibt, bieten viele Firmen an, dass ihre Mitarbeiter mindestens zwei Tage von zu Hause aus arbeiten können.
Mehr Frauen, mehr Teilzeit (und mehr Grau)
![Vier Personen besprechen Dokumente am Tisch, zwei Männer und zwei Frauen, in Geschäftskleidung vertieft in die Arbeit.](https://cdn.unitycms.io/images/9mqXg1pD4Xm9fKO8zkaxdg.jpg?op=ocroped&val=1200,800,1000,1000,0,0&sum=OQNeT-t1mCQ)
Wer es doch einmal ins Büro schafft und sich im Pausenraum umsieht, dem bietet sich ein anderes Bild als noch vor 25 Jahren. Das liegt nicht nur an der Nespresso-Maschine, die den guten alten Vollautomaten fast überall verdrängt hat.
Es hat ziemlich sicher auch mehr Platz. Denn immer mehr Angestellte arbeiten Teilzeit. Das hat verschiedene Gründe: Das Verständnis, was eine gesunde Work-Life-Balance ist, hat sich in den vergangenen Jahren stark Richtung Leben verschoben. Dazu hat sich die gutbürgerliche Arbeitsteilung zwischen dem Mann im Büro und der Frau am Herd fast vollständig aufgelöst.
Der Anteil der Frauen in der berufstätigen Bevölkerung ist grösser geworden. Weil sich Wohnungen aber immer noch nicht von allein putzen, sind viele froh, wenn sie ein, zwei Tage mehr zu Hause verbringen können – und zwar beide Geschlechter.
Auch kleidungsmässig hat sich einiges getan. Anzug und Krawatte sind in vielen Branchen nicht mehr üblich. Aber auch die Farben sind verschwunden. Als Überbleibsel der 80er- und 90er-Jahre waren viele Kleidungsstücke noch bunter, insbesondere die verrückt gemusterten Krawatten. Heute dominieren viel Schwarz, Blau und Beige.
Wohl sehr zur Freude von Stilberaterin Christine Daborn, die im Jahr 2000 im «Tages-Anzeiger» lamentierte: «In der Schweiz haben wir eine Hemdsärmeligkeit und Farbigkeit entwickelt, von der wir uns verabschieden müssen.»
Tschüss, autoritäre Chefs!
![Drei Männer in Anzügen stehen in einem Besprechungszimmer und diskutieren über Dokumente, während zwei weitere Männer im Hintergrund sitzen und sprechen.](https://cdn.unitycms.io/images/1vQiGG_DKKVB1xHtWZyVBl.jpg?op=ocroped&val=1200,800,1000,1000,0,0&sum=DW4f75RdF8Q)
«Es macht zwar wenig Sinn, aber der Chef will es so. Es kommt halt von ganz oben»: Dieser Spruch dürfte vielen bekannt vorkommen, die sich Anfang der 2000er-Jahre im Arbeitsleben befanden.
Seither hat sich das Verständnis von Führung in Unternehmen verändert. Ein Trend ist der Übergang von starren Strukturen hin zu flacheren Hierarchien mit kleinen Teams.
Die Ziele werden nach wie vor vom Topmanagement vorgegeben und nach unten weitergereicht. Der Weg dorthin wird aber zusehends in kleinen Gruppen gemeinsam erarbeitet, er ist nicht mehr Teil der Vorgaben.
Dieser moderne Führungsstil soll die Geschwindigkeit beim Umsetzen erhöhen und die Akzeptanz der Entscheide fördern. Aber auch die Eigenverantwortung der Mitarbeiter soll auf diese Weise gestärkt werden.
Teamleiter nehmen hierbei eine unterstützende Rolle ein. Der Anteil von Frauen in Vorgesetztenfunktionen hat dabei zugenommen.
Dieser Wandel spiegelt sich auch im Verständnis der Führungsrolle wieder: Der klassische autoritäre Chef weicht zunehmend dem Coach. Führungskräfte agieren als Mentoren, die nicht nur Anweisungen geben, sondern vor allem Talente fördern, Rückmeldung geben und als Sparringspartner zur Verfügung stehen.
Ziel ist es, Angestellten nicht nur berufliche, sondern auch persönliche Entwicklungsmöglichkeiten zu bieten.
Handwerksberufe verschwinden, neue Jobs kommen
![Eine Frau steht in einer rot beleuchteten Dunkelkammer und betrachtet aufgehängte Fotoabzüge.](https://cdn.unitycms.io/images/70ARIcU1qBW8-_mhlVb6y9.jpg?op=ocroped&val=1200,800,1000,1000,0,0&sum=t_OfPPp34kM)
Für erhöhten Stress dürften bei einigen Angestellten auch die Zukunftsaussichten sorgen. Die Fortschritte in der Digitalisierung und das Aufkommen von künstlicher Intelligenz lassen gewisse Berufe verschwinden. So gibt es zum Beispiel den Büroangestellten mit eidgenössischem Fähigkeitszeugnis seit 2003 nicht mehr. Im Register steht dahinter: ersatzlos aufgehoben.
Auch traditionelle Handwerksberufe sind in den vergangenen 25 Jahren verschwunden. Etuimacher, Fachpolsterin und Fotolaborantin: ersatzlos aufgehoben. Es gibt für sie keine offizielle Ausbildung mehr. Manche Berufe wurden an die neuen Umstände angepasst und umbenannt, andere sind schlicht ausgestorben.
Doch der strukturelle Wandel schafft auch neue Jobs. Seit 2000 gibt es zum Beispiel den diplomierten Innendekorateur, 2023 kamen die Entwicklerin digitales Business EFZ sowie der Solarinstallateur hinzu. Ab diesem Jahr kann man zudem eine Lehre als Systemgastronomiefachfrau beginnen.
Und auch wenn sich Kinder heute Youtube-Starter-Kits zu Weihnachten wünschen und träumen, als Influencer das grosse Geld zu machen, so haben sich die Berufsziele in den OECD-Ländern in diesem Jahrtausend kaum verändert. Egal ob 2000 oder 2020: Teenager wollen Ärztinnen, Ingenieure und Lehrer werden.
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