Gewichtige Stimmrechtsberater fordernAktionäre sollen der Spitze der Credit Suisse die Entlastung verweigern
Die Aktionärsvertreter Glass Lewis und ISS haben genug von den Skandalen der Credit Suisse. Beide empfehlen, an der Generalversammlung die Decharge für das Management abzulehnen.
Auf den Verwaltungsrat der Credit Suisse kommt am 29. April eine unangenehme Generalversammlung zu. Zwei der einflussreichsten Stimmrechtsberater raten den Aktionären der Credit Suisse, dem Aufsichtsgremium und der Konzernleitung im Nachgang zu den verschiedenen Skandalen die Entlastung für das Geschäftsjahr 2020 zu verweigern.
Wie die «Financial Times» berichtet, legten Institutional Shareholder Services (ISS) und Glass Lewis am Dienstag ihre entsprechenden Empfehlungen vor.
Glass Lewis hält fest, dass die Schweizer Grossbank «weiterhin Gegenstand zahlreicher Untersuchungen und Verfahren ist, die mehrere Geschäftseinheiten in verschiedenen Ländern betreffen». Die Aktionäre könnten deshalb «den Verwaltungsrat und die Führungskräfte für die festgestellten Mängel im Risiko- und Kontrollrahmen des Unternehmens zur Rechenschaft ziehen».
Ähnlich tönt es bei ISS: Es sei eine Reihe von Risiko- und Kontrollproblemen durch Untersuchungen und Vergleiche aufgedeckt worden, die für die Bank und damit für ihre Aktionäre erhebliche finanzielle Schäden und Reputationskosten zur Folge hätten, schreibt ISS an die Aktionäre.
Skandale erschüttern die Credit Suisse
Hingegen empfehlen beide Aktionärsvertreter die Decharge für 2021, über die Ende April ebenfalls abgestimmt wird. ISS wie Glass Lewis begründen dies mit den Massnahmen, welche die Credit Suisse nach Bekanntwerden von zahlreichen Skandalen und Fehlverhalten von Spitzenmanagern ergriffen hatte.
In ihren Berichten an die Aktionäre verweisen die zwei Stimmrechtsberater ausdrücklich auf die jüngsten Affären: Da ist einerseits der Zusammenbruch von Greensill Capital: Die Credit Suisse verwaltete 10 Milliarden US-Dollar, die in den Fonds investiert waren. Dieser ging im März 2021 bankrott.
Andererseits hat die Credit Suisse mehr als 5 Milliarden Franken verloren, weil die Bank dem US-Hedgefonds Archegos Geld zum Spekulieren geliehen hatte. Dessen Pleite hat das Finanzinstitut tief erschüttert.
Schliesslich musste Verwaltungsratspräsident António Horta-Osório seinen Stuhl räumen, weil er während der Pandemie gegen Quarantäneregeln verstiess und den Firmenjet exzessiv nutzte.
In der Schweiz werden die Aktionäre in der Regel jedes Jahr an der Generalversammlung aufgefordert, über die Entlastung der Firmenspitze für das vorangegangene Geschäftsjahr abzustimmen. Allerdings hatte die Credit Suisse 2021 keine solche Abstimmung vorgesehen, da sie sich unmittelbar mit den Zusammenbrüchen von Greensill und Archegos konfrontiert sah.
Eine verweigerte Decharge ist hierzulande selten und eher symbolischer Natur. Direkte rechtliche Folgen für das Management gäbe es keine. Es wäre aber ein starkes Misstrauensvotum der Aktionäre an die Adresse der Firmenspitze.
Aktionäre verweigern UBS-Spitze die Decharge
Einen solchen Denkzettel erhielt zuletzt die UBS verpasst. Die Aktionäre der grössten Schweizer Bank verweigerten im Jahr 2019 dem Verwaltungsrat und der Konzernleitung die Entlastung. Der Steuerstreit mit Frankreich, hohe Altlasten und ein schleppender Geschäftsgang führten damals zu diesem Entscheid.
Die Credit Suisse reagierte mit einer knappen Stellungnahme. Die Bank stelle fest, dass sowohl ISS wie auch Glass Lewis den Aktionären empfehlen würden, «mit einer Ausnahme alle Anträge des Verwaltungsrats gutzuheissen».
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