Schlammschlacht um FlugzeugeAirbus storniert Milliardenauftrag – Qatar schlägt mit Lottervideo zurück
Der Streit um angebliche Mängel beim Typ A350 der Golf-Airline eskaliert. Der jüngste Schritt des europäischen Herstellers ist einmalig in der Geschichte der Luftfahrt. Der Konter ebenso.
![Ist die Qualität mangelhaft, oder gaukelt Qatar der Welt etwas vor? A350 beim Take-off.](https://cdn.unitycms.io/images/DGHMPo1-4TX9dpCc7BTNUK.jpg?op=ocroped&val=1200,800,1000,1000,0,0&sum=I8bDb1kYyC8)
Normalerweise ist das so: Wenn ein Kunde sich ein Flugzeug nicht mehr leisten kann, storniert er die Bestellung, sofern der Vertrag mit dem Hersteller das zulässt. Denkbar ist das zum Beispiel auch, wenn sich der Bau der Maschine stark verzögert. Bei Airbus haben Leasingunternehmen und Fluggesellschaften im Jahr 2021 insgesamt 264 Maschinen abbestellt. Das hat vor allem mit der Pandemie zu tun und ist eine besonders hohe Zahl, angesichts des Auftragsbestandes von mehr als 7000 Maschinen aber kein grosses Drama.
Im Verhältnis von Airbus und Qatar Airways ist derzeit allerdings nichts normal. Denn diesmal stornierte Airbus eine Flugzeugbestellung. Es geht um einen Auftrag für 50 Flugzeuge des Typs A321neo, nach Liste eine Transaktion mit einem Volumen von vier bis fünf Milliarden Dollar. Der Hersteller bestätigte die Stornierung vergangene Woche. Seinem einst wichtigen Kunden hatte er sie schon ein paar Tage vorher mitgeteilt. Es ist ein ungewöhnlicher, eigentlich einmaliger Vorgang, der die Flottenplanung von Qatar vor grosse Herausforderungen stellt.
Flugverbot für 21 Maschinen
Im Zentrum des Konflikts stehen nicht die 50 A321neo – die sind quasi nun zum Kollateralschaden geworden –, sondern Langstreckenjets vom Typ A350. Qatar Airways hatte 2020 an zunächst einigen, dann immer mehr Maschinen Lackschäden und Oberflächenmängel festgestellt. Auch sei der Blitzschutz ungenügend gewesen.
Wie gravierend die Schäden angeblich sind, zeigt ein Video, das Qatar nach der jüngsten Eskalation veröffentlicht hat. Zu sehen sind dort abblätternder Lack und Risse. Aus Sicht der Airline wird damit belegt, dass die Schäden keineswegs nur oberflächlich, sondern gravierend sind. Zwar sind auf den Aufnahmen die Kennzeichen von verschiedenen Qatar-A350 zu sehen. Allerdings erfolgen danach im Video Schnitte, so dass nicht zweifelsfrei klar wird, ob die gezeigten Schäden tatsächlich an genau diesen Maschinen aufgetreten sind.
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Die katarische Luftfahrtbehörde Qatar Civil Aviation Authority (QCAA) erteilte für mittlerweile 21 der Flugzeuge ein Flugverbot, bis die Ursache der Mängel geklärt und auch garantiert sei, dass kein Sicherheitsrisiko bestehe. Auch andere Fluggesellschaften, zum Beispiel die Lufthansa oder Finnair, haben solche Mängel an ihren Maschinen gefunden, allerdings nicht so gravierende wie Qatar Airways.
Airbus sagt, die Farbe und der Kohlefaserrumpf dehnten sich unterschiedlich schnell aus, dadurch reisse der Lack nach einiger Zeit. Bei Qatar Airways sind die Temperaturunterschiede in den heissen Sommern am Persischen Golf besonders gross. Es bestehe keinerlei Sicherheitsrisiko, sagt Airbus. Die European Union Aviation Safety Agency (EASA) teilt diese Einschätzung.
Airbus hat eine eigene Erklärung
Nicht so Qatar Airways. Die Airline reichte im Dezember Klage gegen Airbus ein, um Schadenersatzansprüche über 700 Millionen Dollar vor einem Gericht in London geltend zu machen. Ausserdem weigerte sich die Airline, zwei weitere zur Auslieferung anstehende A350 zu übernehmen und zu bezahlen. Insgesamt hat die Fluggesellschaft noch 23 der Langstreckenjets bestellt, die sie bis 2026 übernehmen soll. Aus den Stellungnahmen vor Gericht geht hervor, dass die Airline offenbar auch die üblichen Abschlagszahlungen, die vor der Auslieferung fällig sind, ausgesetzt hat.
Vergangene Woche reichte der Flugzeugbauer Dokumente beim Londoner Gericht ein, die seine Version der Dinge belegen sollen, wie das Portal «Aerotelegraph» schreibt: Es gebe «keine vernünftige oder rationale Grundlage» dafür, die 21 Flugzeuge vom Typ A350 aus dem Verkehr zu ziehen. Airbus geht davon aus, dass Qatar Airways die Flugverbote «herbeiführen wollte oder sich mit ihnen einverstanden erklärt hat», weil es im wirtschaftlichen Interesse der Fluggesellschaft liegt, Flugzeuge «angesichts der Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie» auf die Nachfrage stillzulegen.
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