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CDU-Politiker Marco Wanderwitz
AfD-Kritiker verlässt Politik zum Schutz seiner Familie

ARCHIV - 07.07.2021, Berlin: Marco Wanderwitz, damaliger Ostbeauftragter der Bundesregierung, stellt den Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der deutschen Einheit 2021 vor. (zu dpa: «Antrag für AfD-Verbot in Bundestag eingebracht») Foto: Kay Nietfeld/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ (KEYSTONE/DPA/Kay Nietfeld)
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In Kürze:
  • Marco Wanderwitz tritt wegen rechter Hetze aus der Politik zurück.
  • Er warnte vor der AfD und beantragte deren Verbot im Bundestag.
  • Wanderwitz erhielt Morddrohungen und erlebte Angriffe auf sein Büro.

Marco Wanderwitz ist nicht der erste Ostdeutsche, der die Politik verlässt, weil er die Hetze von rechts nicht mehr erträgt. In den letzten Monaten haben sich die Rücktritte gehäuft: einmal war es ein parteiloser Landrat mit grünen Ideen, ein andermal ein dunkelhäutiger Bundestagsabgeordneter der Sozialdemokraten.

Mit dem 49-jährigen Wanderwitz zieht sich nun aber einer der prominentesten ostdeutschen Politiker zurück, kein Linker, sondern ein liberalkonservativer Christdemokrat. Seit 22 Jahren sass der gebürtige Sachse im Bundestag, zweimal war er Staatssekretär der Bundesregierung, am Ende Angela Merkels letzter Ostbeauftragter.

Wanderwitz fiel unter den ostdeutschen Christdemokraten auf, weil er die AfD nicht als eine Partei unter anderen betrachtete, sondern konsequent als Gefahr für die Demokratie. In Sachsen stuft der Verfassungsschutz die AfD schon seit drei Jahren als «gesichert rechtsextrem» ein. Wanderwitz warnte vor ihr und kämpfte gegen sie – zuletzt mit einem überparteilichen Antrag für ein Verbot der Partei, der nun im Bundestag liegt.

«Wenn wir dich kriegen. Rübe ab. SS.»

Hass und Bedrohungen gehörten zum politischen Klima, seit die AfD in die Parlamente eingezogen sei, sagt Wanderwitz. Er werde seit zehn Jahren angefeindet, zuletzt sei es aber immer schlimmer geworden. In Sachsen holte die AfD im September bei der Landtagswahl 31 Prozent der Stimmen, die CDU gewann mit 32 Prozent.

Er habe zuletzt Morddrohungen erhalten, sagt Wanderwitz. In einer Mail stand: «Wenn wir dich kriegen. Rübe ab. SS.» In einer anderen wurde gedroht, seine Kinder seien «dran», sollte ein Ausländer ein Kind vergewaltigen. Zuvor hatte es schon einen Anschlag mit Feuerwerk auf sein Büro im Erzgebirge gegeben.

BERLIN, GERMANY - JUNE 22: Vice-President of the German Bundestag Yvonne Magwas poses during a portrait session on June 22, 2022 in Berlin, Germany. (Photo by Thomas Trutschel/Photothek via Getty Images)

Nun hat er genug. «Ich muss meine Familie und mich körperlich und seelisch schützen», sagte er diese Woche der Chemnitzer «Freien Presse» und gab bekannt, dass er die Politik verlasse. Mit ihm scheidet auch seine Partnerin aus dem Parlament aus: Yvonne Magwas, 44 Jahre alt, Vizepräsidentin des Bundestags, ebenfalls Christdemokratin aus Sachsen. Die beiden haben einen gemeinsamen Sohn, Wanderwitz noch drei Töchter aus erster Ehe. Der Rückzug war ein gemeinsamer Entscheid.

Besonders machte beiden das Schulterzucken und die Gleichgültigkeit ihrer Umgebung zu schaffen. Es gebe auch in Sachsen Leute, die sich mutig gegen die AfD stellten, sagt Wanderwitz. Aber es seien zu wenige. «Wir haben es als Zivilgesellschaft nicht geschafft, den Abgeordneten den Rücken zu stärken.»

In Sachsens CDU wurde Wanderwitz zum Aussenseiter

Sein Rückzug aus der Politik ist ein Warnsignal – aber auch ein Zeichen eines persönlichen und politischen Scheiterns. 2021 hatte Wanderwitz seinen Wahlkreis an die AfD verloren, in der sächsischen CDU hat er jeden Rückhalt eingebüsst. Im Wahlkampf hatte er gesagt, manche Ostdeutsche seien in einer Weise «diktatursozialisiert», dass sie «auch nach 30 Jahren nicht in der Demokratie angekommen» seien.

Wanderwitz wurde danach auch in der sächsischen CDU als «Nestbeschmutzer» und «Wählerbeschimpfer» beschimpft. So rede man als Ostdeutscher nicht über die Ostdeutschen. CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer nannte ihn als einen der Gründe, warum seine Partei immer mehr Stimmen an die AfD verliere. Die Kritik war auch ein Akt der Rache, weil Wanderwitz Kretschmer zuvor öffentlich immer wieder als Russland-Versteher und AfD-Verharmloser kritisiert hatte.

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Der Rechtsanwalt Wanderwitz exponierte sich auch im Bundestag, weil er gegen viel Skepsis einen Antrag vorantrieb, ein Verbot der AfD durch das Bundesverfassungsgericht zu veranlassen. Immerhin 113 von 733 Abgeordneten haben seinen Vorstoss unterzeichnet, Unterstützung erhielt er aber vor allem von Grünen, Linken und Sozialdemokraten. Neben ihm und Magwas unterschrieben nur 5 Christdemokraten – von fast 200 im Bundestag.

Die rechtlichen Voraussetzungen für ein Verbot seien noch nicht gegeben, warnen viele Fachleute. Wanderwitz kontert den Einwand mit seiner Überzeugung, dass die Zeit für die AfD arbeite. Man müsse sie verbieten, solange dies noch möglich sei.