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Urteil des Verwaltungsgerichts
AfD ist zu Recht ein rechtsextremistischer Verdachtsfall

Zum als rechtsextremistisch eingestuften, inzwischen aufgelösten «Flügel» gehörte Björn Höcke, Vorsitzender der Thüringer AfD ebenso wie die Jugendorganisation «Junge Alternative».

Seit Jahren wehrt sich die AfD gegen die Beobachtung durch den deutschen Inlandsgeheimdienst. Vor Gericht erleidet sie nun eine weitere Niederlage. Doch das letzte Wort ist noch nicht gesprochen.

Die Einstufung der Partei AfD als rechtsextremistischer Verdachtsfall durch Deutschlands Inlandsgeheimdienst ist nach einem Gerichtsurteil rechtens.

Damit darf das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) auch weiterhin nachrichtendienstliche Mittel zur Beobachtung der Partei einsetzen. Das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht bestätigte am Montag in Münster ein Urteil aus der Vorinstanz. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Zwar liess das OVG keine Revision zu, die Alternative für Deutschland kündigte aber an, dagegen Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig einzulegen.

Es gebe «hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte» für Bestrebungen der AfD, «die gegen die Menschenwürde bestimmter Personengruppen sowie gegen das Demokratieprinzip gerichtet sind», sagte Gerald Buck, Vorsitzender Richter des 5. Senats. In der AfD würden «in grossem Umfang herabwürdigende Begriffe gegenüber Flüchtlingen und Muslimen verwendet». Eine solche Abwertung sei laut Grundgesetz eine «unzulässige Diskriminierung». Deshalb sei am Vorgehen der Verfassungsschützer nichts auszusetzen.

«Die wehrhafte Demokratie ist kein zahnloser Tiger»

Die Befugnisse des Verfassungsschutzes bei der Beobachtung der AfD seien zwar «keineswegs grenzenlos», betonte Buck. Vor allem bei der Beobachtung einer besonders geschützten politischen Partei müsse der «hinreichend verdichtete Umstände» vorlegen können, dass eine Gruppierung möglicherweise gegen die freiheitliche Grundordnung arbeite.

«Die wehrhafte Demokratie ist kein zahnloser Tiger. Sie soll aufmerksam und durchsetzungsstark sein», betonte der Vorsitzende. «Aber sie beisst nur im nötigsten Fall zu und lässt sich auch nicht zu schnell provozieren.» Bei der Einstufung der AfD als extremistischer Verdachtsfall habe das Bundesamt seine Einschätzung aber ausreichend belegen können, befanden die Richter. Deshalb habe die Behörde auch die Öffentlichkeit über ihre Einschätzung zur AfD informieren dürfen.

AfD-Vertreter äussern Kritik am Gericht

AfD-Vizesprecher Peter Boehringer und Roman Reusch aus dem Bundesvorstand äusserten nach dem Urteil Kritik am Oberverwaltungsgericht. Der 5. Senat habe zu wenig getan, um die Punkte des Verfassungsschutzes aufzuklären. Das Bundesamt sei damit nur durchgekommen, weil «sich das Gericht der Beweisaufnahme verweigert hat», sagte Reusch.

Der BfV-Präsident Thomas Haldenwang sagte nach der Urteilsverkündung: «In der wehrhaften Demokratie kommt dem Verfassungsschutz eine wichtige Frühwarnfunktion bezüglich der Entwicklung von Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung zu. Dieser Aufgabe werden wir auch künftig weiter nachkommen.»

Deutschlands Innenministerin Nancy Faeser begrüsste die Entscheidung der Richter. «Das heutige Urteil zeigt, dass wir eine wehrhafte Demokratie sind.» Der deutsche Rechtsstaat habe Instrumente, um die Demokratie vor Bedrohungen von innen zu schützen. «Genau diese Instrumente werden auch eingesetzt – und sind jetzt erneut von einem unabhängigen Gericht bestätigt worden.»

Die AfD gehöre zweifelsohne zu den «Feinden unserer liberalen Demokratie», sagte der Fraktionsvize der Grünen im Bundestag, Konstantin von Notz, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). «Dass sie beobachtet werden kann, ist insofern nur konsequent und Ausdruck der Wehrhaftigkeit unseres Rechtsstaats.»

Auschwitz Komitee: Reise mit der AfD endet in Verschwörungswelt

Der Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees, Christoph Heubner, sprach von einem wichtigen Signal. «Die Richter haben der AfD erneut einen Spiegel vorgehalten und der Öffentlichkeit noch einmal deutlich gemacht, in welch rechtsextremer Ausgrenzungs-, Verrohungs- und Verschwörungswelt die Reise mit der AfD enden wird», sagte er. Die Linke bekräftigte ihre Forderung nach einem Parteiverbot der AfD. «Ein solcher Antrag ist die Selbstverteidigung der Demokratie gegen ihre Feinde», sagte die Innenpolitikerin Martina Renner dem Nachrichtenportal T-Online.

Richter bestätigten auch Beobachtung von Junger Alternative und «Flügel»

Bei dem mittlerweile aufgelösten AfD-«Flügel» hatten die Richter auch gegen die Hochstufung zur «erwiesen extremistischen Bestrebung» durch den Verfassungsschutz keine Einwände. Die Einschätzung, der sogenannte Flügel richte sich gegen den Schutz der Menschenwürde von Deutschen mit Migrationshintergrund sowie Menschen islamischen Glaubens, sei gerechtfertigt, entschied der Senat.

Bei der AfD-Jugendorganisation Junge Alternative (JA) ging es in dem Prozess zunächst nur um die frühere Einstufung als Verdachtsfall – dagegen hatten die Richter keine Einwände. Inzwischen hat der Verfassungsschutz die Junge Alternative aber ebenfalls zur erwiesen extremistischen Bestrebung hochgestuft – wogegen AfD und JA sich in einem noch laufenden Eilverfahren wehren.

Nach dem Urteil darf der Verfassungsschutz die Partei weiterhin mit nachrichtendienstlichen Mitteln beobachten. Dazu zählen unter anderem die Observation und das Einholen von Auskünften über Informanten (V-Leute) aus der jeweiligen Szene. Ob und in welchem Umfang das Bundesamt von diesen Möglichkeiten bereits Gebrauch gemacht, liess die Bundesregierung in einer Antwort auf eine entsprechende parlamentarische Anfrage der AfD-Bundestagsfraktion offen. Das Stufenmodell des BfV sieht zuerst den Prüf-, dann den Verdachtsfall und dann die Feststellung vor, dass das zu beobachtende Objekt eine gesichert extremistische Bestrebung ist. Die AfD-Landesverbände Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt werden von den dortigen Landesämtern für Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft.

 

 

 

DPA/lop