Basler Biotech-Hoffnung IdorsiaPharma-Erfolgspaar muss vier Hürden nehmen, um das Scheitern noch abzuwenden
Mit Actelion feierten sie einen Milliardenerfolg. Das zweite Start-up von Martine und Jean-Paul Clozel aber bangt um seine Zukunft. Trotz Erfolg in der Forschung.
- Idorsia fehlen 200 Millionen Franken zur Tilgung einer Wandelanleihe.
- Die Firma hat unter anderem ein neuartiges Schlafmittel und eine Therapie gegen hartnäckigen Bluthochdruck auf dem Markt.
- Das Problem jedoch ist das Marketing.
Das Erfolgspaar der Pharmabranche Martine und Jean-Paul Clozel hatte Idorsia 2017 mit einer Milliarde Franken in der Kasse gegründet. Zuvor hatten sie ihr Unternehmen Actelion, mit dem sie auch immer wieder vor dem Scheitern gestanden hatten, für 30 Milliarden Dollar verkauft. Nun aber könnte ihnen – und der Schweizer Biotech-Szene – ein zweiter grosser Erfolg versagt bleiben.
Diesen Freitag schon müsste die Baselbieter Firma eine Wandelanleihe in Höhe von 200 Millionen Franken zurückzahlen, hat aber dafür nicht genügend Geld in der Kasse.
Erfolg mit der Forschung hat Idorsia unter der Chefwissenschaftlerin Martine Clozel durchaus. Mehrere zugelassene Therapien sind auf dem Markt, darunter das Schlafmittel Quviviq und das Bluthochdruck-Medikament Tryvio. Eine exzellente Forschung allein aber genügt nicht, wie der Fall beispielhaft zeigt. Die Finanz- und Marketingplanung ist in der Pharmaindustrie genauso wichtig.
Idorsias Finanzplanung geht nicht auf, und die Firma hat durch eine Einladung der Gläubiger zu einem Treffen am 25. Februar die Fälligkeit ausgesetzt. Damit ist immerhin die erste von vier Hürden genommen, um ein Scheitern abzuwenden.
Aktie heute weniger als 1 Franken wert
«Präsident und Hauptaktionär Jean-Paul Clozel muss ein glaubwürdiges Szenario liefern können, wie Idorsia rentabel wird und die Anleihe später zurückzahlen kann», sagt Pharma-Analyst Stefan Schneider vom Investmenthaus Vontobel. Per Ende 2024 verfügt das Unternehmen noch über Mittel von rund 100 Millionen Franken. Die Streichung von rund 250 der noch 750 Stellen läuft, die erhofften Einsparungen wird dies jedoch erst im zweiten Quartal bringen.
Die Zeit ist knapp. Idorsias liquide Mittel betragen rund 100 Millionen Franken und reichen damit nach Firmenangaben noch bis Ende März.
Die Börse zumindest räumt Idorsia kaum noch Hoffnung ein, die Aktie notiert seit Ende Dezember unter 1 Franken. Wegen der grossen Ungewissheit spricht Vontobel-Analyst Schneider für den Titel schon lange keinerlei Empfehlungen oder Kursziele mehr aus.
Mit Tryvio hat Idorsia ein Medikament gegen hartnäckigen Bluthochdruck, das vergangenes Jahr in den USA zugelassen worden ist. Um bald an Geld zu kommen, hofft Jean-Paul Clozel, die Rechte für die Vermarktung verkaufen zu können. Und zwar möglichst rasch. Haben die Gespräche zur Auslizenzierung von Tryvio Erfolg, wäre die zweite Hürde genommen.
Letzten November flossen immerhin 35 Millionen Franken für das Recht auf exklusive Verhandlungen zu Tryvio. Welche Firma diese Summe zahlte und damit ein offensichtliches echtes Interesse an der Vermarktung der Therapie bekundet, ist geheim. Ob die Verhandlungen erfolgreich enden und ob das verbleibende Geld für die Auslizenzierung für Idorsias laufende Kosten und die ausstehende Anleihe reicht, ist nichtsdestotrotz ungewiss.
Gelingt die Auslizenzierung, gibt es dennoch einen Haken: Idorsia hatte die Rechte für die Vermarktung von Tryvio 2023 von Janssen für 306 Millionen Franken zurückgekauft. Bei einem nun anstehenden Weiterverkauf müsste sie 30 Prozent der Lizenzsumme an Janssen zahlen.
Zweifel an Vermarktung des Schlafmittels
Die nächste Wandelanleihe in Höhe von 600 Millionen Franken steht am 4. August 2028 an – die dritte Hürde für den Überlebenskampf. Schon jetzt will Idorsia hierüber mit den Schuldnern verhandeln.
Die vierte und wesentliche Hürde ist jedoch das Geschäftsmodell selbst. Es basiert auf laufenden klinischen Versuchen zu zwei neuen Medikamenten wie auch auf dem neuartigen Schlafmittel mit dem Namen Quviviq.
Dieses ist in den USA, in Europa, der Schweiz und weiteren Staaten schon seit einiger Zeit zugelassen, aber kein kommerzieller Erfolg. Idorsia geht für letztes Jahr lediglich von rund 55 Millionen Franken Umsatz mit dem Medikament aus. Das ursprüngliche Ziel, mit Quviviq dieses Jahr rund 1 Milliarde Franken einzunehmen, nahm die Firma schon vor längerer Zeit zurück.
«Idorsia hatte mit ihrem Marketing bei der Ärzteschaft keinen Erfolg», sagt Pharma-Spezialist Stefan Schneider. Die Verschreibungsgewohnheiten der Ärzte zu ändern, ist schwierig. Für einen zweiten grossen Marketingversuch fehlt der Firma das Geld. «Ein zweiter Anlauf ist aber auch mit grossen finanziellen Mittel nicht unbedingt erfolgversprechend», so Schneider, «denn ist eine Therapie bei Ärztinnen und Ärzten erst mal abgeblitzt, braucht es viel Überzeugungskraft, um sie doch noch davon zu überzeugen.»
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