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Kostenbremse-Initiative: Das müssen Sie wissen

Im Schweizer Gesundheitswesen steigen die Kosten seit Jahren
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Was fordert die Kostenbremse-Initiative?

Die Initiative der Mitte-Partei verlangt eine Kostenbremse für das Gesundheitswesen. Sie soll greifen, sobald die Gesundheitskosten stärker steigen als die Löhne. Dann müssten Behörden und die Akteure im Gesundheitswesen Massnahmen ergreifen, um die Kosten zu stabilisieren. Die Mitte argumentiert, ihr Vorschlag bekämpfe die Ursache der steigenden Prämien, nämlich die explodierenden Gesundheitskosten. Zudem würden dank der Kostenbremse auch die Prämien künftig nur noch moderat steigen. Die Prämienentlastungs-Initiative der SP gehe die Ursache des Problems hingegen nicht an.

Wie funktioniert die Kostenbremse?

Die genaue Ausgestaltung der Kostenbremse sowie die von Bund und Kantonen zu ergreifenden Massnahmen zur Kostensenkung werden im Initiativtext nicht näher ausgeführt. Die Einzelheiten müssten später im Gesetz geregelt werden. Die Akteure des Gesundheitswesens – Ärzteschaft, Spitäler oder Pharmaindustrie – müssen nach Annahme der Initiative mit den Krankenversicherern verbindliche Massnahmen vereinbaren, um die Kosten zu dämpfen. Gelingt ihnen das nicht und steigen die Kosten in einem Jahr stärker als die Löhne, müssen Bund und Kantone eingreifen. Eine Möglichkeit wären Tarifkürzungen. Sie würden dann wirksam werden, wenn bestimmte medizinische Eingriffe zu häufig vorgenommen werden. Die behandelnden Ärztinnen und Ärzte oder Spitäler würden somit weniger Geld für eine Behandlung erhalten, sobald sie diese zu oft vornehmen.

Wie wollen die Initianten sparen?

Nach Ansicht des Initiativkomitees könnten jährlich mehrere Milliarden Franken an Gesundheitskosten eingespart werden, ohne dass es zu Qualitätsverlusten kommt. Die Mitte bezieht sich bei dieser Behauptung auf eine Studie der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften (ZHAW) von 2019, die der Bund in Auftrag gab. Diese kam zum Schluss, dass durch Effizienzsteigerungen bis zu einem Fünftel der Grundversicherungskosten eingespart werden könnten. Dies entspricht einem jährlichen Betrag von bis zu 10 Milliarden Franken.

Einsparungen seien möglich, indem einerseits auf unnötige medizinische Behandlungen verzichtet werde. Andererseits würden heute für bestimmte Leistungen zu hohe Preise verlangt. 

Bis wann müssen die Ziele der Kostenbremse erreicht sein?

Der Initiativtext sagt nicht, in welcher Frist die Kosten auf das Niveau der Lohnentwicklung gedrückt werden müssen. Klar ist aber, dass bereits zwei Jahre nach Annahme der Initiative, also Mitte 2026, das Kostenwachstum überprüft wird. Liegt es dann mehr als 20 Prozent über der Entwicklung der Nominallöhne und haben die Akteure im Gesundheitswesen keine Sparmassnahmen vereinbart, dann müssen Bund und Kantone eingreifen. Deren Massnahmen müssen ab 2027 zu wirken beginnen.

Offen ist jedoch, ob die heutigen Kompetenzen des Bundes ausreichen, um eine wirksame Kostensenkung zu betreiben. Denn zuständig für die Gesundheitsversorgung sind in erster Linie die Kantone.

Wie argumentieren die Initianten?

Die Gesundheit kostet uns heute über 38 Milliarden Franken pro Jahr, das sind über 104 Millionen pro Tag. Weder Pharmaindustrie, Krankenkassen, Spitäler noch Kantone wollten sparen – das heutige System sei voller Fehlanreize.

Mit der Kostenbremse-Initiative müssten endlich alle Akteure Verantwortung für die Kostenentwicklung übernehmen. In der Schweiz seien die Preise für Medikamente bis zu fünfmal höher als im Ausland. Zahlreiche Eingriffe würden immer noch stationär im Spital vorgenommen statt ambulant. Das Sparpotenzial könne ohne Qualitätseinbussen für die Patientinnen und Patienten realisiert werden.

Wer sind die Gegner und was sagen sie?

Alle Parteien ausser der Mitte, der Bundesrat sowie alle Verbände der medizinischen Leistungserbringer lehnen die Kostenbremse ab. Auch der Kassenverband Curafutura sagt Nein.

Hauptargument ist die befürchtete Rationierung medizinischer Leistungen, die die Kostenbremse bewirken könnte. Der medizinisch gerechtfertigte Kostenanstieg liege über dem Wirtschafts- und Lohnwachstum, sagt der Bundesrat. Als Gründe dafür führt er die demografische Entwicklung sowie die medizinische Innovation an. Werde dies nicht berücksichtigt, könne es zu Leistungseinschränkungen und einer Zweiklassenmedizin kommen.

Für die FDP läuft die Kostenbremse auf eine staatlich zentralisierte Steuerung des Gesundheitswesens hinaus. Finanzielle Zielvorgaben kämen Globalbudgets gleich, die zu Rationierung und Wartezeiten im Gesundheitswesen führten, wie sie etwa der nationale Gesundheitsdienst Grossbritanniens kenne.

Was will der Gegenvorschlag?

Das Parlament hat einen indirekten Gegenvorschlag verabschiedet. Der Bundesrat muss künftig Kosten- und Qualitätsziele festlegen, die für einen Zeitraum von vier Jahren gelten. Im Gegensatz zur Initiative berücksichtige der Gegenvorschlag, dass es nachvollziehbare Gründe für steigende Kosten gibt, wie die Alterung der Bevölkerung oder der medizinische Fortschritt, argumentieren Bundesrat und Parlament. Allerdings sieht der Gegenvorschlag keine Sanktionen oder Massnahmen vor, wenn die Ziele nicht erreicht werden. Die erhöhte Transparenz soll die Tarifpartner zu höherem Kostenbewusstsein bringen. Zudem könnte der Bundesrat beim Verfehlen der Ziele Tarifeingriffe begründen.

Hier finden Sie unsere Hintergründe zur Kostenbremse:

(Redaktion Tages-Anzeiger)