Kommentar zum Daten-BlindflugWir müssen mehr wissen: Zeit für eine neue Behörde
Die Bevölkerung hat bei Abstimmungen kaum Kenntnis über die Folgen. Ein drastisches Beispiel hierfür lieferte der vormalige Finanzminister Ueli Maurer.
Hat der Blindflug endlich ein Ende? Wie es aussieht, könnte der Bundesrat die Kantone demnächst dazu zwingen, künftig Steuerdaten zu statistischen Zwecken herauszurücken.
Das ist eine gute Entwicklung. Zu oft hat sich bei finanzpolitischen Volksabstimmungen gezeigt, dass wir zu wenig wissen: Es fehlen die Daten, um etwa die Folgen einer Steuerreform verlässlich abschätzen zu können.
Doch mit mehr Daten allein ist es nicht getan. Die Abschätzung von politischen Entscheidungen muss auch vor politischer Manipulation geschützt werden.
Ein drastisches Beispiel hierfür lieferte der vormalige Finanzminister Ueli Maurer im Spätsommer 2022. Statt seine Fachpersonen solide Berechnungen über die volkswirtschaftlichen Folgen der Teilabschaffung der Verrechnungssteuer anstellen zu lassen, überliess er das der Finanzbranche. Deren Methoden: äusserst fragwürdig.
Maurer selbst verbreitete zudem im Abstimmungskampf eigene Zahlen, deren Zustandekommen sein Departement selbst auf wiederholtes Nachfragen nicht offenlegen konnte oder wollte. Die Bevölkerung lehnte Maurers Reform an der Urne letztlich ab.
Andere haben gute Erfahrungen gemacht
Selbst wenn Maurers Verhalten ein Ausreisser gegen unten war: Dass die Entscheidungsträger im Bundesrat, im Parlament oder in der Bevölkerung die finanziellen Folgen ihrer Entscheidungsmöglichkeiten nicht kennen, ist in der Schweiz an der Tagesordnung. Das passt nicht zum Selbstverständnis der Vorzeigedemokratie und verhindert volkswirtschaftlich sinnvolle Entscheidungen.
Nach der Verbesserung der Datenlage ist es darum nötig, den Bundesräten die Möglichkeit zu nehmen, diese nach ihrem Gutdünken zurechtzubiegen. Es wäre vielmehr sinnvoll, wenn sich eine spezialisierte Behörde der Sache annehmen würde.
Sie müsste politisch möglichst unabhängig besetzt werden. Ihr Mandat müsste dabei über die heutige Regulierungsfolgenabschätzung hinausgehen. Diese wird sowieso nur selten angewendet.
Andere Länder wie die USA oder die Niederlande arbeiten seit Jahrzehnten mit solchen Behörden. Sie haben gute Erfahrungen damit gemacht.
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