18 Milliarden Dollar seit KriegsbeginnAusländische Firmen häufen in Russland riesige Gewinne an – und kommen nicht ran
Die Gewinne von Unternehmen aus «unfreundlichen» Ländern müssen in Russland bleiben. Das gilt auch für Schweizer Firmen – auch wenn diese längst aus dem Land rauswollen.

Es ist ein gigantisches Vermögen: Konzerne aus «unfreundlichen» Ländern erzielten in Russland Gewinne von 18 Milliarden Dollar. Zu dieser Gruppe von Staaten zählt die Regierung von Präsident Wladimir Putin jene Länder, die Sanktionen gegen Russland ergriffen haben. Der Umsatz der Firmen beträgt seit dem Angriff auf die Ukraine gegen 200 Milliarden Dollar.
Die Daten stammen von der Kyiv School of Economics und wurden zuerst in der «Financial Times» publiziert. Als Grundlage für ihre Untersuchung verwendeten die Kiewer Forscher unter anderem eine Studie der HSG St. Gallen.
Die Firmen kommen aber nicht an das Geld heran, weil Russland die Zahlung von Dividenden an den Mutterkonzern verbietet. Bislang seien von der russischen Regierung erst wenige Ausnahmegenehmigungen gewährt worden.
Philip Morris und Pepsico an der Spitze
Laut der Untersuchung erzielten US-Firmen den grössten Gewinn. Er beläuft sich auf insgesamt 4,9 Milliarden Dollar. Dahinter folgen Firmen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Hiesige Firmen kamen laut der Untersuchung im letzten Jahr in Russland auf einen Gewinn von rund 1 Milliarde Dollar.
Die Firma mit den stärksten Geschäftszahlen in Russland ist die österreichische Raiffeisenbank, sie hat schon lange ein starkes Russlandgeschäft. Gegenüber der FT sagte die Bank, dass sie keinen «Zugang» zu den Erträgen habe. Besonders hohe Einnahmen erzielen auch der US-Zigarettenkonzern Philip Morris und der Getränkeriese Pepsico.
Für die Untersuchung wurden die Angaben von rund 3400 Firmen und internationalen Organisationen, wie beispielsweise Sportverbänden, erfasst. 149 davon haben ihren Sitz in der Schweiz, darunter auch der Weltfussballverband Fifa oder das Internationale Olympische Komitee. Zehn davon haben Russland verlassen, 59 hätten Pläne dafür, 57 wollen bleiben, und 23 Unternehmen warten ab, was passiert.
Viele Firmen können nicht einfach aus Russland raus, etwa weil sie ihre Fabriken nicht loswerden.
Der Schweizer Nahrungsmittelkonzern Nestlé betreibt in Russland sechs Fabriken, in denen er Tierfutter, Getränke und Milchprodukte herstellt. Gegenüber «Finanz und Wirtschaft» sagte die Firma kürzlich, dass sie ihre Tätigkeit stark reduziert habe. «Wir haben unsere Aktivitäten auf die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln des täglichen Bedarfs ausgerichtet.» Auch Novartis hat ihr Engagement zurückgefahren. «Russland leidet unter einem Mangel an wichtigen Arzneimitteln, da der Markt auch in Bereichen wie Antibiotika, Husten- und Erkältungsmitteln und entzündungshemmenden Medikamenten mit Lieferengpässen zu kämpfen hat», so eine Sprecherin gegenüber «Finanz und Wirtschaft».
Viele Unternehmen können gar nicht so einfach aus Russland raus, auch wenn sie das möchten. Etwa, weil sie ihre Produktionsstätten nicht verkaufen können. So ist bekannt, dass der Schweizer Zementkonzern Holcim und die Industriegruppe ABB schon lange aus Russland rauswollen.
Der britische Tabakkonzern British American Tobacco konnte erst vor wenigen Wochen eine Einigung mit den russischen Behörden über den Verkauf seines russischen und weissrussischen Geschäfts erzielen. Der Vorlauf dafür habe beim Hersteller von Camel- und Lucky-Strike-Zigaretten schon kurz nach Kriegsausbruch im März 2022 begonnen. Wie viel die Firma für ihren russischen Geschäftszweig bekommt, ist nicht bekannt.
Im März öffnete Putin die Tür für ausländische Firmen ein wenig. Er versprach, dass auch einige «Partner» aus unfreundlichen Ländern ihr Kapital aus dem Land schaffen dürfen, wenn sie auch im Land investieren. Weil der Rubel gegenüber wichtigen Währungen weiter an Wert verliert und das Land wegen des Kriegs auf Kapital angewiesen ist, ist die Massnahme aber wieder vom Tisch.
Letzte Woche hat die russische Notenbank erneut mit einer Zinserhöhung auf die Abwertung der russischen Währung und die steigende Inflation reagiert. Der Leitzins wurde um einen Punkt auf 13 Prozent angehoben. Gegenüber dem Franken hat die Währung seither noch einmal leicht eingebüsst.
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