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AHV-Abstimmungen am 3. März
Was Sie über die 13. AHV-Rente und die Renteninitiative wissen müssen

27.06.2023, Sachsen, Leipzig: Ein Seniorenpaar in luftiger Freizeitkleidung geht mit einem Einkaufstrolley durch die Leipziger Innenstadt. Die rund 21 Millionen Rentnerinnen und Rentner im Land bekommen ab Juli mehr Geld. Mit der jährlichen Rentenanpassung steigen die Altersbezüge im Westen um 4,39 Prozent und im Osten um 5,86 Prozent. Außerdem kommt es fast 30 Jahre nach der Wiedervereinigung zur Angleichung des sogenannten Rentenwerts Ost an den im Westen - ein Jahr früher als geplant. Foto: Jan Woitas/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ (KEYSTONE/DPA/Jan Woitas)
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AHV-Bezügerinnen und -Bezüger sollen eine zusätzliche Monatsrente erhalten. Zu den 12 AHV-Renten käme jedes Jahr eine 13. Rente dazu. Die maximale jährliche Altersrente würde für Einzelpersonen um 2450 Franken auf 31’850 Franken steigen – und für Ehepaare um 3675 Franken auf 47’775 Franken. Die Initiative sieht vor, dass wegen der 13. Rente die Ergänzungsleistungen nicht gekürzt werden dürfen. Das heisst, dass auch bedürftige Rentnerinnen und Rentner vom zusätzlichen Einkommen profitieren.

Die 13. Rente soll erstmals 2026 ausbezahlt werden. Die jährlichen AHV-Ausgaben von dannzumal rund 53 Milliarden würden sich um 4,1 Milliarden Franken erhöhen. Wegen der steigenden Zahl der Rentnerinnen und Rentner würden die jährlichen Zusatzausgaben 2031 bereits rund 5 Milliarden betragen.

Im Initiativtext steht nichts zur Finanzierung. Die Gewerkschaften verweisen einerseits auf das steigende Vermögen der AHV, das laut den Finanzperspektiven des Bundes bis 2030 auf rund 68 Milliarden Franken anwachsen wird. Dies ist allerdings nur ohne die 13. AHV-Rente der Fall. Mit deren Einführung würde das AHV-Kapital bis 2030 auf 49 Milliarden sinken. Die gesetzliche Vorgabe, wonach das Vermögen der AHV die Rentenausgaben eines ganzen Jahres decken muss, würde damit deutlich verfehlt. 2030 wären nur noch 75 Prozent einer Jahresausgabe gedeckt.

Die Gewerkschaften befürworten zur langfristigen Finanzierung der 13. AHV-Rente eine Erhöhung der Lohnbeiträge um 0,8 Prozentpunkte, je hälftig verteilt auf Arbeitnehmende und Arbeitgeber. Soviel wäre nötig, um die Mehrkosten von 5 Milliarden zu decken. Bei einem Monatslohn von 5000 Franken würde das für Arbeitnehmende einen zusätzlichen Lohnabzug von 20 Franken bedeuten, den gleichen Betrag müssten Arbeitgeber zahlen. Da der Bund 20,2 Prozent der AHV-Ausgaben über Steuermittel finanziert, müsste auch er mehr Mittel für die AHV aufwenden. Finanzministerin Karin Keller-Sutter warnt deshalb vor einer Steuererhöhung.

Die Initianten sagen, Rentnerinnen und Rentner hätten durch Teuerung, steigende Mieten und Krankenkassenprämien in den letzten Jahren ein Monatseinkommen verloren. Dieser Kaufkraftverlust müsse mit der AHV ausgeglichen werden, auch weil die Renten der zweiten Säule stetig sinken würden. Besonders wichtig sei die 13. Rente für die Frauen, deren Renteneinkommen deutlich unter jenem der Männer liegt. Viele der heutigen Rentnerinnen haben keine 2. Säule – oder nur eine geringe Rente aus der beruflichen Vorsorge. Die Zusatzrente sei tragbar, so die Befürworter, denn die Schreckensszenarien der Bürgerlichen und der Wirtschaft zu den AHV-Finanzen hätten sich bisher nie bewahrheitet.

Die bürgerlichen Parteien sowie die Wirtschaftsverbände warnen vor dem Ruin der AHV. Dieser drohe ab 2030 das Geld auszugehen. Zur Finanzierung des AHV-Ausbaus bräuchte es laut den Gegnern eine deutliche Erhöhung der Mehrwertsteuer oder der Lohnabgaben, was den Mittelstand besonders hart treffe. Die Initiative schwäche die Kaufkraft. Die jüngeren Generationen müssten die Hauptlast tragen. Zudem würden auch Reiche die 13. Rente erhalten, obwohl sie es nicht nötig hätten.

Mit oder ohne 13. AHV-Rente braucht es etwa ab 2030 zusätzliche Einnahmen oder Sparmassnahmen. Mit der geltenden Regelung (Rentenalter 65) überschreiten ab 2031 die Ausgaben des Sozialwerks dessen Einnahmen. Das sogenannte Umlageergebnis wird negativ. Mit der 13. AHV-Rente wäre dies bereits 2026 der Fall, wobei kurzfristig die Kapitalerträge noch für ein positives Ergebnis sorgen könnten. Das Vermögen der AHV würde 2026 mit der 13. Rente noch knapp eine Jahresausgabe decken, in den Folgejahren würde das Vermögen dann kontinuierlich schrumpfen.

2026 muss der Bundesrat eine nächste AHV-Reform vorlegen, welche die Finanzierung nach 2030 sichert. Diese Reform müsste nach Annahme der Gewerkschaftsinitiative den zusätzlichen Finanzierungsbedarf berücksichtigen. Einen Sparbeitrag von mehreren Hundert Millionen könnte die Reform der Witwenrente liefern: Der Bundesrat will den Hinterlassenen künftig nur noch eine Rente ausrichten, solange sie für Kinder aufkommen müssen – für Frauen und Männer würde somit künftig die gleiche Regel gelten. Ob diese Reform im Parlament und in einer allfälligen Volksabstimmung eine Mehrheit erhält, ist allerdings offen. So oder so braucht die AHV ab 2030 Zusatzeinnahmen. Ausserdem wird je nach Ausgang der Abstimmung über die Renteninitiative eine Erhöhung des Rentenalters zur Diskussion stehen.

Die Initiative verlangt die schrittweise Erhöhung des Rentenalters von Männern und Frauen auf 66 Jahre. Anschliessend soll das Rentenalter mit der Lebenserwartung weiter steigen. Bei Annahme der Initiative würde das Rentenalter für Frauen und Männer ab 2028 um 2 Monate pro Jahr steigen, bis es 2033 bei 66 Jahren liegt. Wie stark das Rentenalter danach weiter steigen würde, wäre davon abhängig, wie sich die Lebenserwartung entwickelt.

Das Rentenalter wird automatisch erhöht, wenn die Lebenserwartung steigt. Allerdings nicht eins zu eins, sondern um 80 Prozent der gestiegenen Lebenserwartung – und in Schritten von höchstens zwei Monaten pro Jahr. Das heisst: Falls die Lebenserwartung um ein Jahr steigt, wird das Rentenalter um 0,8 Jahre erhöht. Eine Erhöhung des Rentenalters müsste den Erwerbstätigen mindestens fünf Jahre vor Erreichen ihres Rentenalters bekannt gegeben werden. Wer also weniger als fünf Jahre vor der Pensionierung steht, wäre von der Erhöhung nicht betroffen.

Die Initianten verweisen auf die steigende Lebenserwartung. Gleichzeitig argumentieren sie mit der zunehmenden Zahl der Rentnerinnen und Rentner sowie der geringeren Zahl der Erwerbstätigen wegen der tiefen Geburtenrate. Deshalb drohe der AHV der Konkurs. Dieses strukturelle Problem lasse sich nicht mit mehr Geld lösen, sondern nur mit der Erhöhung des Rentenalters, sagen die Befürworter.

Mit der Erhöhung auf 66 Jahre würden die jährlichen Ausgaben der AHV um rund 2 Milliarden Franken reduziert. Mit den automatischen Anpassungen des Rentenalters an die steigende Lebenserwartung würde die AHV zusätzlich entlastet. Dennoch würde das Sozialwerk auch bei einem Ja zur Renteninitiative in die roten Zahlen rutschen. Dies wäre laut den Zahlen des Bundes 2033 der Fall, zwei Jahre später als mit dem geltenden Rentenalter 65. Allerdings würde die AHV mit der Renteninitiative 2033 noch über ein Vermögenspolster verfügen, das für eine Reform einige Jahre Zeit lässt. Konkret hätte die AHV laut den Finanzperspektiven des Bundes bei einer Annahme der Renteninitiative 2033 ein Kapital von rund 71 Milliarden, ohne Renteninitiative würde es rund 64 Milliarden betragen (falls die 13. AHV-Rente abgelehnt wird). Die Jahresausgaben der AHV betragen 2033 rund 66 Milliarden (ohne Renteninitiative) beziehungsweise 64,5 Milliarden (mit Renteninitiative).

Nach Ansicht von SP, Grünen und Gewerkschaften wären von einer Erhöhung des Rentenalters vor allem Geringverdiener und der Mittelstand betroffen. Verkaufsangestellte und Pflegepersonal müssten länger arbeiten, während Investmentbanker und Professoren frühzeitig in Rente gehen könnten. Schon heute würden sich Top-Verdienende häufig frühpensionieren lassen. Die Mitte-Partei lehnt ein höheres Rentenalter ebenfalls ab. Für die AHV brauche es neue Finanzierungsquellen – so kurz nach der Erhöhung des Frauenrentenalters dürfe das Pensionsalter nicht erhöht werden. Die GLP hält die Initiative für unausgewogen, weil Begleitmassnahmen fehlten.