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Rücknahme von Elektrogeräten
10 Millionen alte Smartphones lagern in Schweizer Haushalten

Verschiedene Nokia und ein iPhone 3: In vielen Schweizer Haushalten gibt es eine «Handyschublade» mit nicht mehr benötigten Mobiltelefonen.
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Sich vom Smartphone zu trennen, fällt vielen Nutzerinnen und Nutzern schwer – meist auch dann, wenn sie längst ein neues besitzen. Statt nicht mehr benötigte Geräte zurück ins Geschäft zu bringen oder sie weiterzuverkaufen, landen sie in einer Schublade. Rund 10 Millionen Smartphones verstauben in Schweizer Haushalten, wie der Verband Swico schätzt. Er organisiert in der Schweiz das Rücknahmesystem für ausrangierte Elektrogeräte.

Das will Swico ändern. Er startet deshalb eine Kampagne und weist darauf hin, dass sich mit Elektroschrott eine grosse Menge an Kohlenstoffdioxidemissionen einsparen liesse. Wenn die wertvollen Stoffe wiederverwertet werden, müssen sie nicht nochmals abgebaut werden. «Allein durch die Rückgewinnung von Eisen, Alu, Kupfer, Gold, Silber und Palladium werden jedes Jahr 3 Millionen Tonnen CO₂-Emissionen eingespart», rechnet Verbandspräsidentin Judith Bellaiche an einer Medienkonferenz vom Dienstag in Zürich vor. Diese Menge entspreche dem ganzen Güterverkehr im Land.

91’000 Tonnen CO₂ pro Jahr könnten vermieden werden, wenn die Nutzer ihre Smartphones drei Jahre länger nutzen würden.

Rechnet man alle zurückgebrachten Elektrogeräte zusammen, sammelt Swico jährlich etwa 46’000 Tonnen Elektroschrott. Diese Menge entspreche rund 95 Prozent aller Geräte, die auf den Markt kämen, sagt Bellaiche. Unter diese Statistik fällt alles – von der Waschmaschine bis zum USB-Stick.

Von den hierzulande verkauften Smartphones würden hingegen nur 18 Prozent zurückgebracht. Sie würden stattdessen zu Hause als Reserve-Handy aufbewahrt oder für die Weitergabe etwa an Kinder. Bellaiche vermutet ausserdem, dass die Nutzerinnen «Respekt haben vor der Datenlöschprozedur» und das unbenutzte Smartphone deshalb nicht zurückbringen, weil es vergleichsweise wenig Platz braucht – anders als etwa Flachbildschirme oder nicht mehr benötigte Staubsauger.

Wiederverkauf als umweltfreundlichste Lösung

Hinzu kommt: Einige Nutzer verkaufen ihr Smartphone auf Verkaufsplattformen wie Tutti, Ricardo oder Revendo. Auch hier ist das Potenzial gross. 40 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer haben zu Hause ein Smartphone herumliegen, das sie nicht brauchen, das aber noch funktionsfähig wäre. Das sind etwa drei Millionen Handys. 

Ob die Wiederverwendung oder gutes Recycling für die gesamte Umweltbilanz die beste Lösung ist, ist aber je nach Standpunkt umstritten.

Für Fachleute ist klar: Die grössten Umweltgewinne lassen sich durch die Verlängerung der Lebens- und Nutzungsdauer erzielen, via Wartung, Reparatur oder Wiederaufbereitung. Eine Studie der Umweltschutzorganisation Greenpeace aus dem Jahr 2022 zeigt, dass 91’000 Tonnen CO₂ pro Jahr vermieden werden könnten, wenn die Nutzer ihre Smartphones drei Jahre länger nutzen würden. «Das entspricht dem jährlichen CO₂-Ausstoss von etwa 6500 Einwohnern der Schweiz, wenn man auch die Emissionen berücksichtigt, die im Ausland durch importierte Produkte entstehen», sagt Joelle Hérin, Sprecherin von Greenpeace.

«In der Schweiz gibt es keinen Markt für Gebrauchtgeräte – im Ausland hingegen schon.»

Judith Bellaiche, Präsidentin Swico

Bellaiche sieht die Wiederverwendung nur bedingt als die umweltfreundlichste Lösung. «Die Schweizerinnen und Schweizer sind halt sehr kaufkräftig und wünschen sich das jeweils neuste Gerät, eines mit noch mehr Kameras, noch mehr Speicherplatz und noch besserer Auflösung.» Hersteller hätten dies als Geschäftsmodell entdeckt. Sie kaufen gebrauchte Geräte zurück, bereiten sie auf, um sie dann wiederzuverkaufen – meist jedoch nicht in der Schweiz, sondern im Ausland. «In der Schweiz gibt es keinen Markt für Gebrauchtgeräte – im Ausland hingegen schon.»

Entscheidend für die Umweltbilanz sei, wie dort das Gerät am Ende entsorgt werde. Wenn die stoffliche Wiederverwertung und die CO₂-Einsparung ähnlich wären wie in der Schweiz, sei dies sicher sinnvoll. «Wenn dann aber das Gerät etwa in einem Schwellenland im Hauskehricht oder auf einer Abfalldeponie landet, ist die gesamte Ökobilanz schlecht», gibt Bellaiche zu bedenken.

Recyclingbetriebe verkaufen die wertvollen Stoffe an der Börse

Smartphones zu recyceln, ist zwar aufwendig, doch es lohnt sich. Denn die Geräte enthalten mitunter viel Eisen, Zinn, Nickel, Kupfer, Aluminium und Chrom – daneben, in kleineren Mengen, Metalle wie Kobalt, Wolfram, Silber und Gold sowie seltene Erden.

Diese Stoffe werden in den Recyclinganlagen der Schweiz aus dem Elektroschrott gewonnen und an den Rohstoffmärkten verkauft. «Wenn Recyclingbetriebe am Markt ungenügende Preise erzielen, weil an den Börsen die Preise etwa für Kupfer und Gold niedrig sind, passen wir die Entschädigung entsprechend an», erklärt Bellaiche. Swico zahlt den Recyclingbetrieben Geld, denn das Recycling ist aufwendig und nicht kostendeckend. 

Wer sich dazu überwinden kann, sich von seinen alten Smartphones zu trennen, kann sie zu einem Recyclinghof bringen oder noch einfacher: in den Handel zurückgeben – also in jedes Geschäft, das Smartphones verkauft. In der Schweiz bezahlen Konsumentinnen und Konsumenten das Entsorgen bereits beim Kauf mit dem «vorgezogenen Recyclingbeitrag». Bei einem Smartphone beträgt dieser aktuell 20 Rappen.