Zürcher StadtratswahlenNicole Barandun verzichtet – nun soll es Karin Weyermann richten
Die Gemeinderätin will für die Mitte-Partei einen Sitz in der Regierung zurückerobern. Sie kämpft gegen die Polarisierung und für mehr politische Vielfalt im Stadtrat.

- Mitte-Gemeinderätin Karin Weyermann will Stadträtin von Zürich werden.
- Die Zürcher Nationalrätin Nicole Barandun verzichtet auf eine Kandidatur zugunsten ihrer Arbeit im nationalen Parlament.
- Ende April ist klar, ob Weyermann parteiintern Konkurrenz erhält.
Sieben Jahre ist es her, seit die Mitte-Partei ihren Sitz im Zürcher Stadtrat eingebüsst hat; der gebürtige Walliser Gerold Lauber war 2018 nach zwölf Jahren im Amt nicht mehr zur Wiederwahl angetreten.
Nun will die Mitte zurück in die Regierung. Anwärterinnen und Anwärter können sich bis am 28. April bei der Findungskommission melden.
Mindestens eine Bewerbung steht fest: Karin Weyermann. «Ich möchte Stadträtin werden», sagt die Präsidentin der Stadtzürcher Mitte-Partei und bestätigt damit entsprechende Informationen dieser Redaktion. Ihr Bewerbungsschreiben wird sie demnächst bei der Findungskommission einreichen.
Weyermann lenkt nicht nur die Geschicke der Stadtpartei, sie ist auch Mitglied in der Leitung der Kantonalpartei. Die 41-jährige Rechtsanwältin politisiert seit insgesamt elf Jahren im Gemeinderat – mit einem Unterbruch von vier Jahren, nachdem ihre Partei bei den Wahlen 2018 aus dem Parlament ausgeschieden ist.
Nicole Barandun winkt ab
Kein Thema ist eine Kandidatur dagegen für Nicole Barandun. Sie wolle sich auf ihre Arbeit in Bern konzentrieren, sagt die Zürcher Nationalrätin und Präsidentin des Stadtzürcher Gewerbeverbands auf Anfrage dieser Redaktion. Barandun hatte zuletzt Ambitionen für das Präsidium der Mitte-Partei im Bundeshaus angemeldet, allerdings nur in Form einer Co-Leitung mit einer Vertretung aus der Romandie; doch sowohl Isabelle Chappuis (VD) als auch Vincent Maitre (GE) haben abgewunken.
Mit Baranduns Absage rückt Karin Weyermann zur Favoritin auf, wie aus der Partei zu hören ist. Ob sich weitere Interessentinnen oder Interessenten melden, werden die nächsten Wochen zeigen. Entscheiden werden die Delegierten am 26. Juni; die Findungskommission wird eine Empfehlung abgeben.
Mehr politische Diversität im Stadtrat gefordert
Weyermann versteht sich als klassische Vertreterin des politischen Zentrums, als «dritten Pol», wie sie es nennt. Das heisst für sie zum Beispiel: Ja zu Tempo 30 auf Quartierstrassen, Nein zu Tempo 30 auf Hauptachsen. Oder im Sozialbereich keine Giesskannenpolitik, sondern Unterstützung für jene, die es «wirklich nötig haben».
«Der Stadtrat sollte parteipolitisch breiter zusammengesetzt sein», sagt Weyermann. Sie verweist auf SP und Grüne, die – gemessen am Wähleranteil – mit vier respektive zwei Sitzen aktuell übervertreten sind. So betrachtet, hätte die Mitte mit einem Wähleranteil von knapp 5 Prozent jedoch selber nur einen halben Sitz zugute. Weyermann sagt dazu: «Die Mitte-Positionen müssen im Stadtrat gestärkt werden, um der Polarisierung entgegenzuwirken.»
Da mit Corine Mauch, Filippo Leutenegger und André Odermatt drei amtierende Stadtratsmitglieder im Frühling 2026 nicht mehr antreten werden, verspricht sich Weyermann bessere Chancen auf einen Sitz für ihre Partei als 2022. Damals wollten es acht der Bisherigen im neunköpfigen Gremium nochmals wissen.
Die Mitte-Partei zieht nicht zuletzt deshalb ins Stadtratsrennen, weil eine solche Kandidatur auch im Kampf um Parlamentssitze helfen kann. Für die Mitte ist dies besonders wichtig. Als kleine Partei muss sie in mindestens einem der Stadtzürcher Wahlkreise die 5-Prozent-Hürde überspringen, sonst scheidet sie aus dem Parlament aus. 2022 ist ihr dies gelungen; ihr Stadtratskandidat Josef Widler blieb jedoch chancenlos.
Suche nach überparteilicher Kandidatur fürs Stadtpräsidium läuft
Sollten die Mitte-Delegierten Weyermann Ende Juni das Vertrauen aussprechen, käme theoretisch eine Kandidatur fürs Stadtpräsidium infrage. Weyermann lässt jedoch durchblicken, dass diese Option für sie keine Priorität hat.
Die Bürgerlichen jedenfalls wollen das Feld nicht kampflos der SP überlassen; Sozialvorsteher Raphael Golta hat Anfang April seine parteiinterne Kandidatur für das Präsidium lanciert, er gilt als Favorit für die Nachfolge von Corine Mauch.
Hinter den Kulissen läuft die Suche nach einer Figur, die von einer Mitte-rechts-Allianz getragen werden kann, also von FDP, SVP und Mitte inklusive GLP. Womöglich wird es, wie die NZZ berichtet hat, eine Persönlichkeit sein, die ausserhalb des traditionellen Parteienspektrums steht. Als führende Kraft in einer Mitte-rechts-Allianz dürfte die FDP jedoch darauf bestehen, dass diese Person zumindest einen Bezug zum Freisinn hätte. Namen sind bis jetzt nicht öffentlich bekannt.
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