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Preishammer bei Digital-TV
Zeitversetztes Fernsehen wird kostenpflichtig

Dank Replay-TV hat sich digitales Fernsehen in der Schweiz durchgesetzt.
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Zuerst die Kinder ins Bett bringen und erst später die Hauptausgabe der «Tagesschau» in Ruhe ansehen: Für viele Zuschauerinnen und Zuschauer ist das sogenannte Replay-TV eine beliebte Funktion, um verpasste Sendungen nachzuholen. Bisher haben die Telecomanbieter diese Dienstleistung ohne Aufpreis zur Verfügung gestellt. Das wird sich im Verlauf dieses Jahres aber ändern.

So verrechnet der Winterthurer Internetbetreiber Init7 neuerdings Replay-TV separat: 11 Franken im Monat beträgt die Zusatzgebühr. Das Angebot ohne zeitversetztes Fernsehen kann die Kundschaft indes weiterhin kostenlos nutzen.

Quickline und Salt kündigen Preiserhöhungen an

Der überregionale Kabelnetzverbund Quickline sowie der Telecomanbieter Salt kündigen gegenüber dieser Zeitung ebenfalls an, dass sie wegen Replay-TV Preiserhöhungen erwägen. In welchem Umfang das geschehen soll, lassen beide Unternehmen allerdings offen.

Bedeckt halten sich Marktführerin Swisscom sowie die Nummer zwei des Landes, Sunrise UPC. «Vorerst ändert sich für unsere Kunden noch nichts», sagt eine Swisscom-Sprecherin. Falls das TV-Angebot angepasst werde, teile das Unternehmen dies «zur gegebenen Zeit» mit. «Es wird unterschiedliche Angebote geben», heisst es bei Sunrise UPC. Man werde rechtzeitig bekannt geben, wie die neuen Preismodelle genau ausgestaltet und umgesetzt würden.

Die TV-Sender sollen für entgangene Werbezeit entschädigt werden.

Hintergrund für die Preiserhöhungen ist, dass die Telecombetreiber den Fernsehsendern ab diesem Jahr höhere Gebühren zahlen müssen, damit diese uneingeschränktes Replay-TV anbieten können. So sollen die TV-Stationen für entgangene Werbezeit entschädigt werden. Denn das zeitversetzte Fernsehen erlaubt es, Werbeblöcke mit der Vorspulen-Funktion gezielt zu überspringen – eine beliebte Funktion. 

Die Vereinbarung zwischen Netzanbietern, Fernsehsendern und Verwertungsgesellschaften ist im sogenannten «Gemeinsamen Tarif 12» (GT12) festgehalten. Dem Vernehmen nach wollen die Telecombetreiber nun die höheren Tarife im Frühling auf die Konsumentinnen und Konsumenten abwälzen, die Rede ist von April oder Mai.

Init7-Chef Fredy Künzler rechnet vor, was die neue Tarifstruktur für sein Unternehmen bedeutet. Bisher musste er den TV-Stationen 2 Franken pro Monat und Nutzer überweisen, damit seine Kundschaft mit Vorspulen die Werbeblöcke auslassen konnte. Seit 2022 beträgt diese Gebühr 7 Franken, 2026 steigt sie auf 8 Franken.

«Wir sprechen hier von einer Preiserhöhung von 5 Franken im Monat oder 60 Franken im Jahr», sagt Künzler. Mit der Extragebühr für Replay-TV wolle es Init7 vermeiden, allen Kunden höhere Preise zu berechnen und damit «den Medienkonsum mit der Quasi-Steuer GT12 zu verteuern».

Damit die Netzbetreiber ihrer zahlungsunwilligen Fernsehkundschaft einen Kompromiss anbieten können, sieht der GT12 eine weitere Variante vor: Kundinnen und Kunden können mit Replay-TV zwar weiterhin vor- oder rückwärtsspulen. Vor und während der Nutzung dieser Funktion werden jedoch feste Werbespots gezeigt, die unüberspringbar sind. Die Abgabe an die Fernsehsender für diese Option kostet 2 Franken pro Monat und Nutzer. Sie macht Preiserhöhungen eher unwahrscheinlich.

Branchenkenner wie Ralf Beyeler vom Vergleichsdienst Moneyland gehen deshalb davon aus, dass die Anbieter bald abgestufte Preismodelle für ihre TV-Produkte anbieten werden. «Vermutlich wird es teurere Premiumangebote geben, in denen uneingeschränktes Replay-TV enthalten ist. Im mittleren Preissegment dürfte zeitversetztes Fernsehen weiterhin erhältlich sein, aber mit der festen Werbung.» Bei den Einstiegspreisen würde Replay-TV ganz wegfallen, sagt Beyeler.

«Viele werden für Replay-TV weder bezahlen noch Zwangswerbung ansehen.»

Ralf Beyeler, Moneyland

Der Experte, der als Erster auf die Preiserhöhungen bei Init7 aufmerksam gemacht hat, kritisiert die Preispolitik der Fernsehsender als zu kurzsichtig: «Kundinnen und Kunden haben sich an Replay-TV gewöhnt. Viele von ihnen werden weder bereit sein, dafür rund 10 Franken im Monat zu bezahlen, noch die Zwangswerbung anzusehen.» Nutzten immer weniger Personen die Funktion, so gingen die Einnahmen zurück und die TV-Stationen verlören ihre Zuschauer an Youtube und Netflix.

Seitdem Init7 einen Aufpreis für Replay-TV verlangt, nutzen die Kunden diese Dienstleistung tatsächlich weniger. «Wir prüfen, zeitversetztes Fernsehen sogar ganz einzustellen», sagt Firmenchef Künzler. Ein Hintertürchen lässt er jedoch offen, um Alternativen zu finden.

Ein solcher Umweg könnte sein, auf der Init7-App den Zugang zu den Mediatheken der TV-Stationen zu erleichtern. Dort können die Zuschauer die meisten Sendungen nach ihrer Erstausstrahlung für eine gewisse Zeitdauer abrufen. So verpassen sie bestimmt keine «Tagesschau» mehr.