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Schweizer Rockband
Die neuen Zeal & Ardor wollen entzücken

Die Band, die die vertonten Höllenfahrten auf die Bühne bringt.
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Verwirrend waren Zeal & Ardor schon immer. Seit rund sieben Jahren begeistert die Basler Band Rockfans auf der ganzen Welt mit ihren krachenden Gitarrenriffs, herrischen Rhythmen und geschrienen Chorgesängen. In Wirklichkeit waren Zeal & Ardor aber ein Soloprojekt des Basler Sängers, Gitarristen und Produzenten Manuel Gagneux.

Als Antwort auf eine rassistisch motivierte Internet-Challenge hatte der Sohn eines Schweizer Biochemikers und einer amerikanischen Jazzsängerin begonnen, Black Metal mit afroamerikanischen Spirituals und Worksongs zu kombinieren und seine vertonten Gedankenexperimente unter dem Namen Zeal & Ardor ins Netz zu stellen. Derart fesselnd gelangen Gagneux diese im Alleingang eingespielten und gesungenen Heimaufnahmen, dass die Musikwelt bald aufmerksam wurde. Gagneux stellte schnell eine Liveband zusammen, um seine vertonten Höllenfahrten auf der Bühne umsetzen zu können.

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Inzwischen ist Gagneux so erfolgreich und angesehen, dass er am 12. September den Schweizer Musikpreis erhält. Gagneux steht dieser Ehrung durch das Bundesamt für Kultur (BAK) nüchtern gegenüber. Wenigstens vermittelt er diesen Eindruck im kurzen E-Mail-Interview: «Der Preis ermöglicht es uns, ambitionierte Tourpläne zu realisieren. Das ist das Bedeutendste in der Praxis für uns», so Gagneux.

Beim vierten Album ist auch die Liveband mit dabei

Gagneux schreibt in der ersten Person Mehrzahl, und das hat Gründe. Beim kürzlich erschienenen vierten Werk «Greif» hat er seine ganze Liveband in die Entstehung eines Albums involviert. «Für mich ist Zeal & Ardor am besten, wenn wir live spielen», erklärt Gagneux: «Also ist es naheliegend, den Faktor, der dies ermöglicht, auch auf der Platte zu verewigen. Weiter ist die Band auch persönlich zusammengewachsen.»

Die Folgen des Paradigmenwechsels sind nicht gleich erkennbar. Auf «Greif» tun Zeal & Ardor vielfach das, wofür Zeal & Ardor berühmt sind: Metal-Drohgebärden mit Gospel-Inbrunst vortragen, dazu schnaubt und flüstert Gagneux wie der Leibhaftige. Die Ethno-Einflüsse sind auf «Greif» aber ausgeprägter als bei den Vorgängeralben, auch geistert mehr Elektronik durch die finsteren Arrangements. Und das poppige «Disease» klingt gar wie eine Hommage an den ironischen Stoner-Rock von Queens of the Stone Age.

Wer sich für die Basler Fasnacht interessiert, wird auf dem Eröffnungsstück «The Bird, the Lion and the Wildkin» eine Verbeugung vor den Trommeln der Basler Tambouren erkennen. Das passt zum Albumtitel «Greif»: Er bezieht sich auf das Kleinbasler Mischwesen, das in der Vorfasnachtszeit am Rheinufer paradiert und den Reichen und Mächtigen am anderen Ufer den Hintern entgegenstreckt. Bei Maskenspielen, die zur Basler Fasnacht gehören wie der Böögg zum Zürcher Frühlingsanfang, kennt sich Gagneux aus. Bei Gesellschaftskritik auch: Zeal & Ardors 2020 erschienene EP «Wake of a Nation» war eine verzweifelte Reaktion auf den Mord eines weissen Polizisten am Schwarzen George Floyd und das späte Erwachen der «Black Lives Matter»-Bewegung.

«Wir wollen entzücken»

Völlig überraschend kommt die stilistische Öffnung nicht. Beim Vorgängerwerk «Zeal & Ardor» (2022) wagte Gagneux so manchen Konzeptbruch. Nicht umsonst wurde er als Ennio Morricone des Heavy Metal gefeiert. «Uns geht es primär darum, uns nicht in eine Ecke zu malen» schreibt Gagneux. «Wir sind in der glücklichen Situation, glaube ich, in der der Anspruch an die Band ist, zu überraschen. Wir wollen aber mehr als das: Wir wollen entzücken.»

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Auf «Greif» verzücken Zeal & Ardor auch bei leiseren Stücken wie der Lynchballade «Solace», wo Gagneux zu seinen Anfängen als Singer-Songwriter zurückkehrt und eine erschütternde Zerbrechlichkeit offenbart. Unter dem Deckmantel einer leibhaftigen Band kann das an sich scheue Kreativbündel vielleicht noch mehr von sich preisgeben, als er bisher zu tun gewillt war. Nicht umsonst heisst einer der besten Songs auf «Greif» denn auch «Hide in Shade»: Der Song kommt wie eine Erlösung daher. Als hätte das lange Verwirr- und Schattenspiel um Zeal & Ardor endlich ein Ende. Und: Bei aller Trauer, die in Zeal & Ardors Musik auch steckt, glaubt man, Gagneux’ grossartigem Gesang auch eine Euphorie über den endlich erfolgten Befreiungsschlag anzuhören.

Zeal & Ardor, «Greiff», Redacted/The Orchard. www.zealandardor.com