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Meinung

Gastkommentar zur Klimapolitik
Wohlstand und Klimaschutz gehen Hand in Hand

Immer günstiger, immer besser, mit grossem Wohlstandspotenzial: Die Kombination von Solar- und Windstrom. Kraftwerk Mont Croisin, Mont Soleil.
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Unser Wohlstand hängt zunehmend von Technologien, Wissen und Know-how ab, abnehmend von Rohstoffen und Energie. Wir verbrauchen weniger Material, aber in einer produktiveren Art. Wachstum findet statt, aber anders. Das sagt der ETH-Professor und Ressourcen-Ökonom Lucas Bretschger. Er zeigt auf, dass beides geht: Mit sinkendem Resourcenverbrauch das Klima schützen und gleichzeitig unseren Wohlstand steigern.

Es funktioniert bereits heute. Zwischen 2011 und 2019 ist die Schweizer Wirtschaft um 13 Prozent gewachsen. Gleichzeitig ist der gesamte Energieverbrauch dank technologischem Fortschritt um 2 Prozent gesunken. Wachstum und Nachhaltigkeit gehen Hand in Hand. Wohlstand und Klimaschutz auch.

Wir schützen das Klima nicht nur der Natur, sondern auch uns zuliebe – und für unser Portemonnaie. Wir lieben die Natur. Aber vielen von uns ist Wohlstand wichtiger.

Klimaschutz, der mit einem hippiemässigen Ökolebensstil verbunden ist, wollen die meisten von uns nicht.

Wir sehen die Gletscher schmelzen, Arten für immer verschwinden und Regenwälder brennen. Wir wissen und sehen, wie schlimm die Folgen unseres Tuns sind. Aber die meisten von uns machen… nichts.

«Es isch halt so», fügt man mit einem Schulterzucken an. Etwas weniger Auto fahren, «bewusst» essen. Und schon steht wieder ein SUV vor der Garage und liegt ein Steak auf dem Teller, «weil man sich ja sonst nichts gönnt».

Sprechen wir Klartext: Klimaschutz, der mit einem hippiemässigen Ökolebensstil und mühsamem Verzicht verbunden ist, wollen die meisten von uns nicht. Aber Nichtstun ist keine Option. Es braucht einen neuen Weg.

Die Wissenschaft zeigt ihn uns. Das mediale Rampenlicht richtet sich vor allem auf die Forderungen der Klimaaktivisten und das Poltern der Klimaskeptiker. Es sollte aber auch Platz für andere Meinungen geben. Wo bleibt der gutschweizerische Pragmatismus? Wo bleibt die visionäre Denkweise eines Alfred Escher 2.0?

Technisch ist die Energiewende mit Sonnenergie, Windkraft und Wasserkraft in der Schweiz machbar.

Statt Jahr für Jahr mit 12 bis 15 Milliarden Franken für Erdöl und Erdgas Länder wie Saudiarabien oder Russland zu finanzieren und uns so erpressbar zu machen, müssen wir das Geld in erneuerbare Energien in der Schweiz investieren, insbesondere in das lokale Gewerbe und das Ingenieurwesen.

Kurz, wir müssen in unseren Wohlstand investieren. Technisch ist die Energiewende mit Sonnenergie, Windkraft und Wasserkraft in der Schweiz machbar. Etliche Studien und Simulationen beweisen das.

Nachhaltige Ressource Wasserkraft: Die Staumauer von Grande Dixence.

Wenn wir die wirtschaftlichen Chancen erkennen, könnten wir dank Wettbewerbsvorteil unsere nachhaltigen Technologien weltweit exportieren und so unseren Wohlstand ausbauen. Gleichzeitig würden wir einen bedeutenden Beitrag für eine klimafreundlichere Welt leisten.

Im Moment sieht es noch ganz anders aus. Die Golfstaaten brauchen nur den Erdölhahn zuzudrehen und schon steht hiesige Wirtschaft still. Und wenn die Erdölreserven aufgebraucht sind, sollen wir dann alle Technologien aus dem Ausland teuer einkaufen?

Vor 100 Jahren entschied die Schweiz, die Eisenbahn zu elektrifizieren, um unabhängig von der Kohle zu werden. Bis heute haben wir unseren Wohlstand mitunter dieser Entscheidung zu verdanken.

Die Schweiz hat ihr Eisenbahnnetz früh elektrifiziert – und wurde so zum weltweiten Pionier. Die Schöllenenbahn um 1920 mit einer elektrischen Lokomotive von Brown Boveri.
 

Die Schweizer Erfolgsgeschichte ist bekannt. Dank kühner Vision avancierte die Schweiz in der Elektrifizierung der Eisenbahn schnell zum globalen Vorreiter und so zu einer wirtschaftlichen Macht. Warum sollte sich die Geschichte nicht wiederholen?

Wer umweltfreundlich lebt, profitiert schon heute finanziell.

Sogar Hardcore-Kapitalisten, wie globale Vermögensverwalter und Versicherungen, haben die wirtschaftliche Chance des Klimaschutzes erkannt. Einige haben längst umgestellt. Die Medien berichten aber lieber im Liveticker vom «Konflikt» zwischen Polizisten und Klimaaktivisten auf dem Bundesplatz.

Wer umweltfreundlich lebt, profitiert schon heute finanziell. Zum Beispiel dank der Lenkungsabgabe. Eine neue Studie des Forschungsinstituts Sotomo hat gezeigt, dass 70 Prozent der Bevölkerung von der neuen Fluglenkungsabgabe profitieren werden. Dafür zahlen nur Vielflieger insgesamt tatsächlich mehr. Klimaschutz ist sozial.

Klimaschutz ist nicht nur technisch machbar, sondern wirtschaftlich notwendig, um unseren Wohlstand zu erhalten und auszubauen. Gerade in Zeiten von Corona und einer einbrechenden Wirtschaftskrise. Dafür braucht es ein rasches Aufwachen von uns allen. Worauf warten wir?