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Finanzplatz und Klimawandel
Die schwierige Suche nach der dreckigsten Bank

Klimaaktivisten bei ihrer Protestaktion im November 2018 in einer Filiale der Credit Suisse in Lausanne. Banken stehen am Pranger, weil sie mit ihren Krediten und Anlagen der Klimaerwärmung Vorschub leisten.
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Die Aktion machte international Schlagzeilen und beschäftigt die Justiz seit zwei Jahren: Im November 2018 spielten zwölf Klimaaktivisten in einer Filiale der Credit Suisse Tennis. Der Protest richtete sich dagegen, dass die Grossbank mit ihrer Kredit- und Anlagepolitik den Klimawandel befeuere.

Die Kritik an der Branche ist seit kurzem amtlich bestätigt: Das zeigen die Ergebnisse des zweiten Klimatests des Bundesamts für Umwelt. «Der Schweizer Finanzsektor ist insgesamt noch nicht auf die Ziele des Übereinkommens von Paris ausgerichtet», heisst es in dem Bericht. Einzelne Institute nennt die Studie zwar nicht, aber 80 Prozent der teilnehmenden Unternehmen würden zum Beispiel weiterhin in Kohle investieren.

Kein Durchblick für Kunden

Doch welche ist die «dreckigste Bank»? «Für normale Bankkunden ist es heute nicht möglich, sich ihre Bank oder Versicherung danach auszuwählen, wie sie das Klima belasten», sagt Ivo Mugglin, Leiter Nachhaltigkeit beim WWF. Denn es gibt noch keine vergleichbare Datenbasis, aus der hervorgeht, welche Bank wie viel Geld an CO₂-lastige Industrien verleiht oder Kundengelder darin investiert.

Aber: Die Arbeiten an solchen Standards laufen auf Hochtouren. Und jetzt springen auch die Aufsichtsbehörden auf das Thema auf. In Frankreich gibt es bereits eine gesetzliche Offenlegungspflicht für klimabezogene Finanzrisiken. Nun will auch die Schweizer Finanzmarktaufsicht (Finma) Banken und Versicherer zu mehr Transparenz verpflichten. Diese sollen auch Kennzahlen zu Klimarisiken veröffentlichen.

Weiche Vorgaben der Aufsicht

Welche, das können sich die Finanzinstitute quasi selbst aussuchen. Die Finma rechtfertigt sich: «Für diesen Bereich gibt es noch keine fest etablierte, standardisierte oder international anerkannte Methodologie.» Die Finanzinstitute müssten indes offenlegen, wie sie ihre Kennzahlen berechnen.

Bei der geplanten Offenlegung zu Klimarisiken will sich die Finma an den Empfehlungen der «Task Force on Climate-related Financial Disclosure» (TCFD) orientieren. Die TCFD ist eine internationale, branchenübergreifende Arbeitsgruppe, die nach dem Pariser Klimagipfel 2015 ins Leben gerufen worden ist. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, Standards für die Offenlegung von Klimarisiken zu erarbeiten.

Neben viel Prosa zur Beschreibung von Reportinglinien und der Erfassung von Klimarisiken enthält der TCFD-Standard auch Vorschläge für konkrete Kennzahlen. So sollen Vermögensverwalter ihre CO₂-Intensität berechnen, sprich, wie viel Tonnen CO₂-Emissionen nötig sind, um eine Million Dollar Ertrag zu erwirtschaften. Ferner wird vorgeschlagen, dass Vermögensverwalter den Anteil CO₂-intensiver Anlagen ausweisen.

Seit 2017 gibt es den Standard. Doch mit der Umsetzung harzt es: «Das Reporting von Vermögensbesitzern und -verwaltern ist mutmasslich unzureichend», kritisiert die Taskforce in ihrem jüngsten Prüfbericht. Nicht einmal ein Drittel der untersuchten Finanzunternehmen legt demnach die CO₂-Intensität ihrer Portfolios offen.

Selbst Banker räumen ein, dass das nicht reicht: «Der Fortschrittsbericht zeichnet ein adäquates Bild», sagt Bruno Bischoff, Leiter Nachhaltigkeit der Credit Suisse. «Bei Zahlen und Zielen muss die Finanzbranche mehr Transparenz schaffen.»

Kritik vom WWF

Ivo Mugglin vom WWF kritisiert daher, dass die Finma sich am TCFD-Standard orientieren will. Denn damit «wird die Offenlegungspflicht höchstwahrscheinlich keine vergleichbaren, quantitativen Daten liefern und deshalb auch die Umlenkung der Finanzabflüsse nur marginal fördern». Stattdessen solle die Finma selbst konkret vorgeben, welche Zahlen wie berechnet werden sollen, fordert der WWF. Doch die Aufsicht will hier zuwarten, bis sich ein Standard durchsetzt.

Und wie sehen die Klimaoffenlegungen der Banken derzeit aus? Extrem unterschiedlich. Und Zahlen sind Mangelware. Die Credit Suisse zum Beispiel veröffentlicht zwar Daten zu ihren CO₂-Emissionen. Aber wie viele Kredite die Bank in klimaschädlichen Branchen verleiht, verrät sie bisher nicht. «Die Credit Suisse arbeitet aktuell daran, ihren Anteil des Kreditbuchs an CO₂-intensiven Branchen offenzulegen», verspricht Nachhaltigkeitschef Bischoff.

Die UBS ist hier schon weiter: Die Grossbank weist zum Beispiel aus, wie gross ihr Gesamtengagement bei klimakritischen Sektoren ist: 2019 waren es 37,6 Milliarden Dollar, im Jahr zuvor 38,6 Milliarden. Dieser Posten umfasst alle Bankprodukte, wie Kredite, den Verkauf von strukturierten Produkten oder Absicherungsgeschäfte. Zudem nennt die UBS im Detail, in welchen Sektoren sie aktiv ist: Grösster Einzelposten ist mit 15 Milliarden Dollar der Immobiliensektor, Öl und Gas machen 1,4 Milliarden Dollar aus.

Andere Banken machen aber noch mehr: Die britische Barclays zum Beispiel legt nicht nur ihre Kreditaktivitäten aufgeschlüsselt nach CO₂-lastigen Branchen auf, sondern nennt auch Zahlen dazu, inwieweit ihre Investmentbank Kapitalmarktfinanzierungen für den Öl- und Gassektor organisiert hat.

Schwierige Datenlage

Mit Blick auf die noch lückenhaften Kennzahlen verweist CS-Manager Bischoff darauf, dass auch Banken bei ihrem Reporting Probleme haben, an brauchbare Daten zu kommen: «Bei grossen, börsenkotierten Unternehmen ist die Datenlage bezüglich CO₂-Emissionen tendenziell besser, bei mittelständischen und privat gehaltenen Firmen bestehen hingegen teilweise grosse Lücken.»

Doch Besserung sei in Sicht, auch, weil Regulierer und Gesetzgeber Druck machen. «In Grossbritannien müssen alle Branchen bis 2025 Klimadaten nach dem TCFD-Standard veröffentlichen», erklärt Bischoff.

In der Zwischenzeit füllen NGOs die Lücke: So gilt der Report «Banking on Climate Change» des Rainforest Action Network als eine der besten Veröffentlichungen hierzu. Die Macher haben dafür beim Finanzinformationsdienst Bloomberg einzeln die Finanzierungen von Banken und von Firmen aus dem Sektor fossiler Energien der Jahre 2016 bis 2019 zusammengetragen und addiert. Ferner wurde berechnet, welchen Anteil diese Finanzierungen am Kredit- und Finanzierungsbuch haben.

Dieser Vergleich gilt als aussagekräftiger als absolute Zahlen, weil so die Finanzierungsaktivität nach der Grösse einer Bank gewichtet wird, sprich: Welchen Anteil am Gesamtgeschäft hat die Finanzierung von Klimakillern? In diesem weltweiten Vergleich schneiden UBS und Credit Suisse nicht allzu schlecht ab: Die Credit Suisse liegt auf Platz 20, die UBS auf Rang 27 von 34 untersuchten Banken.

Für die Klimaaktivisten wird das indes kein Grund sein, den Druck auf die Grossbanken zu verringern.