Corona-Medienkonferenz des BundesOmikron ist auf dem Vormarsch und eine Entspannung nicht in Sicht
Die Expertinnen und Experten des Bundes warnen davor, sich wegen Berichte über mildere Krankheitsverläufe bei Omikron in falscher Sicherheit zu wiegen. Der Ticker zum Nachlesen.
Das Wichtigste in Kürze
Omikron wird in den kommenden Wochen für nahezu 100 Prozent der Neuinfektionen verantwortlich sein. Eintrag: 14:23 Uhr
Im Tessin sind es bereits 95 Prozent.
Der erste Omikron-Fall in der Schweiz wurde vor fünf Wochen entdeckt.
Der Schutz vor einem schweren Verlauf bei Omikron-Ansteckung liegt mit zwei Impf-Dosen bei 70 Prozent, bei Delta waren es noch 90 Prozent. Eintrag: 14:31 Uhr
«Die Drittimpfung hat aber einen sehr positiven Effekt – zumindest kurzfristig», erklärte Tanja Stadler.
Geboostert sind bisher 23 Prozent der Gesamtbevölkerung über 12 Jahren.
Fast 40 Prozent der Plätze auf den Intensivstationen sind von Covid-Patienten belegt. Eintrag: 14:17 Uhr
«Die Situation ist weiterhin äusserst ungünstig», sagt Patrick Mathys, «es ist nicht nicht mit einer Entspannung zu rechnen – eher im Gegenteil.» Eintrag: 14:20 Uhr.
«Rund 30 Prozent der Ansteckungen geschehen in der Familie», erklärt Rudolf Hauri.
Die Quarantäneregeln sind Basis für Diskussionen, es wird über eine Ausweitung nachgedacht. Eintrag: 14:50 Uhr.
Gleichzeitig sind die Expertinnen und Experten offen für eine allfällige Kürzung der Isolationszeit – offen sei, ob Omikron dies überhaupt zulasse.
Ende
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Teilgenommen haben:
Patrick Mathys, Leiter Sektion Krisenbewältigung und internationale Zusammenarbeit, Bundesamt für Gesundheit BAG
Tanja Stadler, Präsidentin, National COVID-19 Science Task Force
Rudolf Hauri, Kantonsarzt Zug, Präsident der Vereinigung der Kantonsärztinnen und Kantonsärzte VKS
Frage: Wie gefährlich sind die einzelnen Varianten?
«Ich präzisiere das noch einmal», antwortet Tanja Stadler. «Wir hatten ein ursprüngliches Virus zu Beginn der Pandemie, dann die Alpha-Variante, anschliessend kam Delta und nun sprechen wir von Omikron.»
Schon das ursprüngliche Virus, habe teils für schwere Krankheitsverläufe und Todesopfer gesorgt, sagt Stadler und erinnert an die Situation in Bergamo im Frühling 2020. «Bereits bei Alpha mussten jedoch 50 Prozent mehr Covid-Patienten hospitalisiert werden, als durch die Variante vom Frühjahr 2020. Und bei Delta war dies dann nochmals 50 Prozent öfters der Fall.»
Über Omikron wisse man bisher nur wenig, betont die Präsidentin der Covid-Taskforce erneut. «Nach ersten Erkenntnissen liegt die schwere der Verläufe jedoch irgendwo zwischen der Variante von Anfang 2020 und Delta.»
Frage: Ist das Tragen von FFP2-Masken nun notwendig?
«Wir machen keine Empfehlung FFP2-Masken zu tragen», antwortet Rudolf Hauri. Man müsse jedoch situativ bedingt schauen, ob das Tragen einer FFP2-Maske sinnvoll sei.
Der grosse Unterschied bezüglich Schutz vor dem Coronavirus liegt nicht zwischen medizinischer Maske und FFP2-Maske, sondern zwischen «keiner Maske und korrekt getragener Maske», fügt Taskforce-Präsidentin Tanja Stadler hinzu. Wenn jeder und jede die Maske korrekt trüge, dort wo es Sinn mache, «dann hätten wir die Epidemie gut im Griff.» Eine FFP2-Maske sei nicht in jeder Situation nötig, aber «situativ bringt sie auf alle Fälle etwas».
Das sei der Grund, weshalb der Bund keine Empfehlung für das Tragen von FFP2-Masken mache, ergänzte Patrick Mathys. Generell sei es einfach wichtig, eine Maske richtig zu tragen, sonst biete sie keinen zusätzlichen Schutz.
Frage: Wie gut schützt der Booster vor Omikron?
Wie lange eine Auffrischimpfung (Booster) gegen eine Ansteckung mit der Omikron-Variante des Coronavirus schützt, ist derzeit unklar. Zehn bis zwölf Wochen lang allerdings dürfte der Schutz hoch sein, schätzt Tanja Stadler. Die Datenlage sei noch dünn, weil die Omikron-Variante erst seit kurzer Zeit im Umlauf sei. Wissenschaftliche Erkenntnisse kommen vor allem aus Israel.
Laut Patrick Mathys sind aktuell 42 Personen hospitalisiert, die geboostert waren. Er sei aber nicht ganz sicher, ob die Zahlen so stimmen würden.
Frage: Was sagen die Experten zur Triage-Meldung aus Luzern?
Auf den Luzerner Intensivstationen dürften bald einzelne Patientinnen und Patienten wegen knappen Ressourcen nicht mehr aufgenommen werden können. Die Triage sei absehbar, sagte der Luzerner Gesundheitsdirektor Guido Graf am Dienstag vor der Presse und forderte den Bund auf, schärfere Massnahmen zu ergreifen.
«Ich habe die Medienkonferenz auch gesehen und fand sie etwas düster», antwortet Patrick Mathys auf die entsprechende Frage, «die Situation ist angespannt. Doch es bringt nichts, den schwarzen Peter hin und her zu schieben.»
Frage: Kommt es zu einer Durchseuchung?
«Theoretisch ist eine Durchseuchung möglich, praktisch aber nicht», sagt Patrick Mathys. Es gäbe auch kein Land, dass eine Durchseuchung erlebt hätte und deswegen nun weniger Infektionen verzeichne. Dennoch: «Früher oder später werden wohl alle in irgendeiner Form Kontakt mit dem Virus haben.»
Frage: Wann ist ein Ende der Pandemie in Sicht?
«Der Anfang vom Ende tönt jetzt schon sehr pathetisch», erwidert Patrick Mathys auf die rhetorische Frage eines Journalisten. Der Schweiz stünden nun noch einmal harte Zeiten bevor. «Wir können Omikron nicht einfach laufen lassen.» Nichtsdestotrotz werde es aufgrund der zu erwartend hohen Anzahl Ansteckungen in den kommenden Wochen bald zu einem Herdenimmunitäts-ähnlichen Zustand kommen.
Tanja Stadler betont noch einmal, wie wichtig es derzeit sei, die Lage noch unter Kontrolle zu behalten. Es drohten sehr viele Ansteckungen und damit auch eine Überlastung des Gesundheitswesens.
«Eine Woche Fieber gilt auch als milder Verlauf»
«Wir halten und im Winter viel in Innenräumen auf», sagt Tanja Stadler. Insbesondere bei privaten Treffen gebe es wenige bis keine Schutzkonzepte und meist werde auch keine Schutzmaske getragen. «Dort stecken sich dann auch die doppelt geimpften Personen an.»
Die Taskforce-Präsidentin spricht dabei auch die sogenannten milden Verläufe an, von denen viele Geimpfte nach einer Infektion mit Omikron berichten. «Ein milder Verlauf bedeutet teilweise auch, dass man eine Woche lang mit Fieber im Bett liegt», sagt Stadler.
Frage: Muss die Quarantäne wegen Omikron angepasst werden?
In einigen Kantonen der Schweiz müssen aufgrund der Verbreitung der Omikron-Variante auch Geimpfte Personen in Quarantäne. Werden diese Regeln bald national angepasst?
Laut Patrick Mathys bräuchte es für eine Anpassung der Quarantäne-Regeln, einen Bundesbeschluss. Hierzu würden derzeit Diskussionen stattfinden.
«Es ist tatsächlich eine wichtige Frage», sagt auch Rudolf Hauri. «Wir werden sicher mit dem Bund anschauen, wer und für wie lange nach Kontakt mit einer infizierten Person künftig in Quarantäne muss.»
Auch Tanja Stadler äussert sich zur möglichen Anpassung der Quarantäne. Die Taskforce-Präsidentin betont, dass man über Omikron noch wenig wisse. Daher sei wissenschaftlich noch nicht klar, ob Omikron per se eine kürzere Isolationsdauer erlaube. «Um zentrale Infrastrukturen aufrecht zu erhalten, konnten Personen jedoch bereits jetzt schon in Ausnahmefällen mit negativen Tests früher aus der Quarantäne geholt werden.»
Stadler erwähnt erneut, dass sich auch Geimpft und Genesene mit Omikron anstecken. «Es gibt daher keinen Grund, dass sie nicht in Quarantäne geschickt werden können. Lediglich nach einer Booster-Impfung sieht die Situation anders aus, da die dritte Impfung deutlich besser schützt vor einer Infektion.» Zudem sei die Isolation sei noch immer eine sehr effiziente Massnahme.
«Bis zu 30 Prozent der Übertragungen innerhalb der Familie»
Auch Rudolf Hauri äussert sich zur möglichen Überlastung des Contact Tracings aufgrund hoher Fallzahlen. «Aus der Praxis kann ich ergänzen, dass zwischen 25 und 30 Prozent der Übertragungen innerhalb der Familie stattfinden», sagt der Präsident der Vereinigung der Kantonsärztinnen und Kantonsärzte VKS.
Frage: Wie viele Fälle kann die Schweiz tragen?
Nun beginnt die Fragerunde. Eine Journalistin möchte wissen, wie hoch die täglichen Neuinfektionen und die Anzahl der Personen in Quarantäne sein müssen, bis die Schweiz vor einem Kollaps steht.
«Eine genaue Anzahl können wir leider nicht nennen», antwortet Patrick Mathys. «Aber bis das System Schweiz zusammenbricht, bräuchte es viel höhere Zahlen als wir aktuell verzeichnen Auch mit 20'000 Infizierten pro Tag, sind wir noch weit von diesem Szenario entfernt.»
Tanja Stadler von der Task Force stimmt Mathys zu. Sie gibt allerdings zu bedenken, dass bei so vielen Infizierten auch das Contact Tracing und damit die Sicherstellung der Einhaltung der Quarantäneregeln erschwert würden. «Und irgendwann kommen auch unsere Testkapazitäten auch an die Grenzen.» Laut Stadler sei es deshalb zentral, dass die Menschen in der Schweiz ihre Kontakte einschränken und sich boostern lassen. «Mithilfe der Auffrischimpfung können viele Spitaleintritte verhindert werden.»
«An mehreren Punkten drohen bereits Überlastungen»
Zuletzt kommt Rudolf Hauri zu Wort. Der Kantonsarzt aus Zug und Präsident der Vereinigung der Kantonsärztinnen und Kantonsärzte VKS nennt Beispiele aus dem Schweizerischen Eishockey, um zu verdeutlichen, wie schnell die Variante sich ausbreiten kann. Zurzeit könne das Schweizer Gesundheitssystem die Situation noch gut handhaben. «Der Austausch zwischen den Institutionen läuft gut. Allerdings drohten an mehreren Punkten bereits Überlastungen.»
Hauri ruft die Bevölkerung dazu auf, in heiklen Situationen Vorsicht walten zu lassen und beispielsweise auch auf FFP2-Masken zu setzen, wo dies möglich ist.
«Die Impfung schützt weniger gut vor Omikron»
Stadler warnt davor, sich wegen Berichte über mildere Krankheitsverläufe bei Omikron in falscher Sicherheit zu wiegen. «Momentan gehen wir davon aus, dass die Schwere der Infektionen mit der Omikron-Variante irgendwo zwischen Delta und der ursprünglichen Variante vom Frühjahr 2020 liegen wird.»
Die Präsidentin der nationalen Covid-Taskforce kommt dabei auch auf die Impfung zu sprechen. Personen, die genesen seien oder bisher zwei Impfdosen erhalten haben, seien weniger geschützt als Personen mit einer Auffrischimpfung. «Die Impfung schützt weniger gut vor Omikron als vor der bisherigen Varianten», sagt Stadler und führt weiter aus, dass der Schutz vor einer schweren Krankheit bei zwei Impfdosen bei Omikron nur noch bei rund 70 Prozent liege – «bei Delta waren es etwa 90 Prozent». Daher biete die Booster-Impfung zumindest vorübergehend einen positiven Effekt.
«Mit hohen Infektionszahlen wird es auch viele Spitaleinweisungen geben», schliesst Stadler ab. «Wenn die Wirtschaft und Politik jetzt nicht vorsorgen, könnte es aufgrund der vielen Erkrankten in der Schweiz zu einem Kollaps kommen.»
«Omikron wird nahezu 100 Prozent der Infektionen ausmachen»
Nun spricht Tanja Stadler. Sie erklärt, dass Omikron sich innerhalb von nur fünf Wochen im Land breit gemacht hat. «Omikron wird in den kommenden Wochen nahezu 100 Prozent der Infektionen ausmachen.» Wann es soweit sein wird, sei aktuell unklar. «Es liegt nun in den Händen aller Menschen, eine zu schnelle Verbreitung zu stoppen.»
Die Task Force hat mehrere Szenarien erstellt, wie es weitergehen könnte. Im extremsten Fall, mit einem R-Wert von 0,9 bei Delta und 2 könnte Omikron die täglichen Fallzahlen auf über 25'000 ansteigen lassen.
«Es ist nicht nicht mit einer Entspannung zu rechnen – eher im Gegenteil»
Gemäss Patrick Mathys wurden bislang fast zwei Millionen Auffrischimpfungen durchgeführt. In der Gesamtbevölkerung sind knapp 23 Prozent geboostert. «Die Impfung ist nach wie vor einer der wichtigsten Massnahmen im Kampf gegen das Virus.»
Der Experte vom BAG erklärt abschliessend noch einmal, dass Omikron in den kommenden Tagen für stark steigende Fallzahlen sorgen wird. «Die Situation ist weiterhin äusserst ungünstig. Es ist nicht nicht mit einer Entspannung zu rechnen – eher im Gegenteil.»
«Fast 40 Prozent der IPS-Plätze von Covid-Patienten belegt.»
Auch die Situation in den Spitälern bleibt weiterhin kritisch. Laut Mathys steigt die Belegung der Intensivstationen wieder. «Fast 40 Prozent der verfügbaren IPS-Plätze werden mittlerweile von Covid-Patienten belegt.» Die Experten des Bundes rechnen damit, dass diese Zahl in den kommenden Wochen noch zunehmen wird. «Eine optimale Versorgung ist dann nicht mehr gewährleistet», warnt Mathys.
Die Zahl der Todesopfer im Zusammenhang mit Covid-19 seien in der Schweiz weiterhin stabil respektive leicht sinkend. «Auch die Anzahl der durchgeführten Tests sind stabil, allerdings steigt zurzeit die Positivitätsrate. Der R-Wert liegt deutlich über 1.»
«Im Tessin gehen 95 Prozent aller neuen Fälle auf Omikron zurück»
Nun erläutert Mathys die aktuelle Lage anhand von verschiedenen Grafiken. «Omikron ist in der Schweiz angekommen. Die Fallzahlen steigen bereits wieder seit einigen Tagen. Von gestern auf heute wurden über 13'000 neue Infektionen gemeldet, was wiederum die Inzidenz im Lande steigen lässt.» Die aktuelle Inzidenz liege mittlerweile bei 1054 – was einer der höchsten Werte in Europa sei.
Laut Mathys zeigt die Situation im Kanton Tessin auf, was im Rest der Schweiz noch folgen könnte: «95 Prozent aller neuen Fälle gehen dort auf Omikron zurück.»
«Ähnlicher Verlauf wie bei Alpha»
Laut Patrick Mathys sind die leichteren Krankheitsverläufe mit der Omikron-Variante hauptsächlich auf eine Immunisierung durch die Impfung oder eine frühere Infektion zurückzuführen. «Im Allgemeinen verursacht Omikron einen ähnlich schweren Verlauf wie die Alpha-Variante.»
Ist Omikron gar nicht so schlimm wie vermutet? Dieser Artikel erklärt, was das im besten Fall heissen würde
«Es gibt immer noch sehr viele Unsicherheiten»
Die Pressekonferenz beginnt. Patrick Mathys steigt mit einer Einschätzung der aktuellen Lage ein. «Omikron verbreitet sich äusserst schnell und ist inzwischen für mehr als die Hälfte der Neuinfektionen verantwortlich», sagt der Leiter Sektion Krisenbewältigung und internationale Zusammenarbeit des BAG.
Neue Erkenntnisse über die Virus-Variante gebe es aktuell nicht, so Mathys. «Es gibt immer noch sehr viele Unsicherheiten.» Studien würden belegen, dass sich Omikron schneller verbreite. «Und offenbar finden die Ansteckungen früher statt als bei bisherigen Varianten.»
Diese Experten informieren heute
Ab 14 Uhr informieren die Experten und Amtschefs des Bundes zur aktuellen Corona-Lage in der Schweiz. Diese Fachpersonen sind bei der Medienkonferenz anwesend:
Patrick Mathys, Leiter Sektion Krisenbewältigung und internationale Zusammenarbeit, Bundesamt für Gesundheit BAG
Tanja Stadler, Präsidentin, National COVID-19 Science Task Force
Rudolf Hauri, Kantonsarzt Zug, Präsident der Vereinigung der Kantonsärztinnen und Kantonsärzte VKS
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