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Mamablog: Veraltete Wortkompositionen
Wo sind die Familienmütter und Rabenväter?

Schluss mit den (Ab-)Wertungen: Denn Mama und Papa gehören in dieselbe Bewertungsskala – als Eltern.
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Was ist eigentlich ein «siebenfacher Familienvater»? Das fragte ich mich vor einer Weile, als ich den Ausdruck in einer Zeitung im Zusammenhang mit Ueli Maurers Rücktritt las. Vielleicht ist der Alt-Bundesrat ja doch viel umtriebiger, als wir alle dachten? Hat er etwa sieben verschiedene Familien? Wie organisiert er das? Wissen die voneinander? Vielleicht deshalb der Rücktritt?  

Leider handelte es sich dabei nur um eine unglückliche Formulierung, mit der der Autor anerkennend Maurers Zeugungsfähigkeit hervorheben wollte. Doch wenn man genauer drüber nachdenkt, ist allein schon das Wort «Familienvater» ziemlich seltsam. Wovon soll er denn sonst Vater sein, wenn nicht von einer Familie? Was unterscheidet ihn vom «Vater»?  

Konsultiert man den Duden, erklärt dieser wenig überraschend, dass es sich beim Familienvater um einen Vater handelt. Was ihn auszeichnet, ist die Fürsorge für seine Familie. Interessant, denn damit habe ich den Begriff bislang nicht in Verbindung gebracht.  

Männliche Zeugungsfähigkeit zählt doppelt?

Liest man das Wort Familienvater in den Medien, dann gibt es zwei Möglichkeiten: Es beschreibt zum einen Politiker oder Manager. Bei vielen von ihnen würde ich einigermassen viel Geld darauf wetten, dass sie sich die Care-Arbeit daheim nicht 50/50 aufteilen. 

Geht es also vielleicht gar nicht um die Fürsorge, die mir vorschwebt? Geht es um finanzielle Sicherheit? Der hart arbeitende Familienvater bringt das Geld heim und wenn er am Wochenende mal am Grill oder auf dem Spielplatz steht, dann verdient er mindestens Lob, eigentlich aber einen Orden. Klingt ziemlich nach 50er-Jahre, ist aber leider auch 2022 noch oft genug so.   

Versagt die Mutter, wird sie zur Rabenmutter.  

Zum anderen haftet den in den Medien als Familienväter betitelten Personen oft etwas Morbides an. Sie liegen im Sterben, sind gestorben, ermorden einen bis mehrere Menschen oder benehmen sich anderweitig daneben. Und das, obwohl sie doch offenbar in der Lage waren, Kinder zu zeugen.  

Diese Fähigkeit bewundert man bei Männern offenbar deutlich mehr als bei Frauen. Oder warum lesen wir nie von der Familienmutter? Denn den Begriff gibt es, sagt zumindest der Duden. Die Definition stimmt mit der männlichen Form überein.  

Updatebedarf der Notenskala

Doch hat eine Frau ein, zwei, oder sogar sieben Kinder geboren, ist und bleibt sie schlicht Mutter. Denn der Begriff bezieht die Fürsorge offenbar schon mit ein. Will man den Familienvater degradieren, bleibt er immerhin noch Vater. Für eine Mutter gibt es ein zu erfüllendes Mass an Fürsorge (und zwar hier nicht die finanzielle). Versagt sie, wird sie zur Rabenmutter.  

Mit diesem Begriff ist es übrigens wiederum umgekehrt. Zwar gibt es auch das Wort Rabenvater, doch hört und liest man es kaum je. Beide Wortkompositionen zeigen: Die Erwartungen, die eine Mutter zu erfüllen hat, um in den Augen der Gesellschaft auch nur eine genügende Note zu erhalten, sind deutlich höher als bei Vätern.  

Wir sollten also die Notenskala anpassen. Bei Müttern etwas nach unten, bei Vätern etwas nach oben. Und dann die Zusätze «Raben-» und «Familien-» beerdigen. Dann können wir das sein, worauf es wirklich ankommt: Eltern.