Bildkolumne SchnappschussWladimir Putins Tisch ist plötzlich ganz klein
Nichts mehr mit XXXL-Mobiliar im Diktatoren-Chic! Neuerdings sitzt der russische Präsident an einem Mini-Tischli – und unterschätzt dessen verzwergende Wirkung.
Es war sagenhaft, wie Wladimir Putin während der Pandemie seine Gäste empfing: an einem weiss glänzenden, ovalen Ungetüm, das diesen morbiden Diktatoren-Chic verströmte und aberwitzig laaaang war. Putin setzte sich jeweils ans eine Ende, seine Besucher mussten meterweit weg am anderen Ende Platz nehmen; das Virus, hiess es.
In Tat und Wahrheit ging es natürlich um einen Geschlechtsteilvermessungswettbewerb. Über sein Mobiliar teilte Putin nicht nur seinen Ministern, sondern erst recht den ausländischen Regierungschefs und damit der ganzen Welt mit: Ich habe den grösseren Tisch als du, Macron, und auch den grösseren Tisch als du, Scholz, denn ich habe den Grössten überhaupt. Männliche Gedankengänge sind mitunter von grosser Schlichtheit.
Jedenfalls: Diese Woche erhielt Putin Besuch von Transportminister Roman Starowoit. Die beiden unterhielten sich an einem viereckigen Holztisch, der sich im Vergleich zum pandemischen Ungetüm ausnimmt wie ein mickriges Camping-Tischli und überhaupt nichts hermacht, so eindruckmässig. Das hatte sofort eine enorm verzwergende Wirkung. Zumal der russische Präsident auch derart steif in seinem Ohrensessel sass, dass er aussah wie ein Pensionär, der es im Kreuz hat.
In der SonntagsZeitungs-Rubrik «Schnappschuss» kommentiert Bettina Weber jede Woche ein aktuelles Bild.
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