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Abstimmung vom 7. März 2021
Alles, was Sie zum Freihandelsabkommen mit Indonesien wissen müssen

Palmölplantage in Indonesien: Wie nachhaltig ist die Produktion?
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Worum geht es?

Die Schweiz hat 2018 ein Wirtschaftsabkommen mit Indonesien unterzeichnet. National- und Ständerat haben das Abkommen genehmigt. Zur Abstimmung kommt es, weil grüne Kreise das Referendum ergriffen haben.

Indonesien ist mit 270 Millionen Einwohnern das viertgrösste Land, seine Mittelschicht wächst. Bis 2050 könnte es unter den grössten Volkswirtschaften zur Nummer 4 aufsteigen. Als Absatzmarkt der Zukunft ist es für die exportierende Schweizer Wirtschaft daher sehr interessant. Die Schweiz gehört zu den ersten Ländern Europas, die mit Indonesien ein Abkommen schliessen. Doch auch die EU strebt einen Deal an.

Was bringt das Abkommen?

Das Abkommen baut die Zölle auf 98 Prozent der Schweizer Exporte nach Indonesien ab, alle wichtigen Exportbranchen profitieren. Sie können pro Jahr künftig 25 Millionen Franken einsparen. Die Schweiz gewährt Indonesien zollfreien Zugang für industrielle Produkte. Sie kann Nachteile gegenüber anderen Exportnationen eliminieren. Und sie verhindert Nachteile gegenüber der EU, die ebenfalls einen Deal will.

Das Abkommen verpflichtet beide Staaten dazu, Umwelt- und Arbeitnehmerrechte zu schützen. Ein Schwerpunkt liegt auf dem Schutz der Wälder und auf der nachhaltigen Palmölproduktion. Zu den Auflagen gehört: keine Abholzung des Regenwalds, keine Brandrodungen, keine Entwässerung der Torfmoore.

Was ist mit dem Palmöl?

Palmöl ist der umstrittene Punkt. Das Abkommen sieht keinen Freihandel vor, aber senkt die Zölle für Palmölimporte um rund 20 bis 40 Prozent. Diese Rabatte sind für die Importeure an Vorgaben zur Nachhaltigkeit geknüpft – eine Premiere für die Schweiz.

Die tieferen Zölle gelten nur für eine beschränkte Menge: maximal 12’500 Tonnen pro Jahr. Zur Einordnung: Die Schweiz hat in den letzten Jahren durchschnittlich 32’000 Tonnen Palmöl aus der ganzen Welt importiert, nur rund 800 davon aus Indonesien, was rund 2,5 Prozent entspricht. Der Bundesrat glaubt, dass Indonesien seinen Marktanteil steigern kann. Gemäss Bundesrat soll damit nicht mehr Palmöl in die Schweiz gelangen. Die Produktion von Raps- und Sonnenblumenöl in der Schweiz sei nicht gefährdet.

Wie will der Bund die Nachhaltigkeit sichern?

  • Ökolabel: Der Bundesrat hat vier geeignete Zertifizierungssysteme identifiziert. Das wohl bekannteste darunter ist das RSPO-Gütesiegel. Laut Bundesrat handelt es sich um die «strengsten Nachhaltigkeitsstandards für Palmöl, die momentan auf dem Markt existieren».

  • Breite Zusammenarbeit: Welche Kriterien das Label erfüllen muss, hat das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Umwelt erarbeitet. Miteinbezogen wurden auch der WWF und das Palmölnetzwerk Schweiz, ein Verbund der Lebensmittelbranche.

  • Strenge Auflagen: Importeure, die von den tieferen Zöllen profitieren wollen, müssen bei einem der vier Label zertifiziert sein. Auch mit dem Abkommen bleibt es möglich, Palmöl ohne Ökolabel aus Indonesien zu beziehen, einfach ohne Zollvergünstigungen.

  • Spezieller Transport: Palmöl darf ausschliesslich in Tanks von maximal 22 Tonnen transportiert werden. Das Seco geht davon aus, dass damit das Risiko einer Vermischung mit nicht zertifiziertem Palmöl minimiert wird. Die Importeure müssen zudem im Besitz eines Lieferkettenzertifikats sein. Dieses ist fünf Jahre gültig. Ein «unabhängiges Prüfunternehmen» kontrolliert alljährlich, ob es eingehalten wird.

  • Drohende Strafen: Wer unter falschen Angaben nicht zertifiziertes Palmöl zu Vorzugskonditionen in die Schweiz einführt, macht sich strafbar. In solchen Fällen kann der Bund jenen Betrag einfordern, um den der Importeur seine Ware verbilligt ins Land holen konnte. Zudem drohen den Importeuren Bussen von maximal dem Fünffachen des hinterzogenen Zollbetrags und Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr.

Wer ist für das Abkommen?

Für das Abkommen sind der Bundesrat, alle bürgerlichen Parteien und alle grossen Wirtschaftsverbände. Anders als kleinere Bauernorganisationen tritt auch der Schweizer Bauernverband für ein Ja ein. Auch der WWF plädiert für ein «vorsichtiges Ja».

Die Befürworter argumentieren, dass sich für die Schweizer Exportwirtschaft der Zugang zu einem der grössten Zukunftsmärkte der Welt entscheidend verbessere. Zudem verweisen sie darauf, dass das Abkommen den Zoll für Palmölimporte nur reduziert, wenn die Exporteure eine nachhaltige Produktion nachweisen. Das sei ein echtes Novum in Handelsverträgen und könne in der Zukunft als Vorbild für weitere Verträge dienen.

Wer ist dagegen?

Treibende Kräfte beim Referendum waren der Genfer Biowinzer Willy Cretegny und die globalisierungskritische Bauernorganisation Uniterre. Unterstützt wird das Referendum unter anderem von den Grünen, EVP, EDU, Juso, Pro Natura sowie mehreren Dutzend kleineren Umwelt- und Bauernorganisationen. Auch die Delegierten der SP lehnen das Abkommen ab, nachdem es ihre Bundeshausfraktion noch mehrheitlich unterstützt hatte.

Die Gegner argumentieren, nachhaltiges Palmöl könne es gar nicht geben: Für Plantagen werde immer Urwald zerstört und Pestizid eingesetzt, es gebe Zwangs- und Kinderarbeit. Das Referendum richtet sich grundsätzlich gegen Globalisierung und Freihandel. Der Welthandel fördere den CO₂-Ausstoss, verstärke die Klimakrise und zerstöre die Existenz von Kleinbauern, sagen die Gegner.

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