Freihandelsabkommen mit IndonesienDer Streit ums Palmöl spaltet das linke Lager
Beim geplanten Freihandelsabkommen mit Indonesien sind sich SP, GLP und Grüne nicht einig. Der Konflikt dreht sich ums Palmöl: Kann die Schweiz tatsächlich garantieren, dass der Rohstoff künftig nachhaltig abgebaut wird?
Zack – so schnell werden aus alten Verbündeten neue Gegner. Eben erst haben die grünen und linken Parteien im Verbund mit NGOs der Wirtschaft das Fürchten gelehrt und eine Mehrheit der Bevölkerung für die Zustimmung zur Konzernverantwortungsinitiative gewinnen können (nicht allerdings eine Mehrheit der Kantone). Nun aber, vor der nächsten Volksabstimmung vom 7. März, zieht sich ein Graben durch das ökologische Lager – und das, obschon es wieder um ethisches Wirtschaften geht.
Am 7. März entscheidet die Stimmbevölkerung, ob die Schweiz ein Freihandelsabkommen mit Indonesien abschliessen soll. Das Abkommen würde Schweizer Unternehmen einen besseren Zugang zum indonesischen Markt gewährleisten, gerechnet wird mit Zolleinsparungen in Höhe von jährlich rund 25 Millionen Franken.
Nachhaltiges Palmöl?
Umstritten ist das Abkommen wegen einer der wichtigsten Ressourcen von Indonesien: Palmöl. Dieser Rohstoff versteckt sich in vielen unserer Alltagsprodukte und ist umstritten, weil für den Anbau Urwald abgeholzt wird. Im vorliegenden Freihandelsabkommen sind die Zollrabatte auf Palmöl an Vorgaben zur Nachhaltigkeit geknüpft – eine Schweizer Premiere. Ausserdem gelten die tieferen Zölle nur für eine beschränkte Menge von Palmöl.
Diversen Umweltorganisationen sind die Vorgaben zu lasch – sie haben darum das Referendum ergriffen. Auch die Grünen sind gegen das Abkommen. SP und GLP müssen ihre Parole noch fassen – allerdings ist davon auszugehen, dass beide Parteien das Abkommen unterstützen werden.
«In Landwirtschaftsfragen politisieren beide Parteien liberal bis neoliberal.»
Mathias Stalder von der Bauerngewerkschaft Uniterre koordiniert das Referendumskomitee. Für ihn kommt die Position der SP und der Grünliberalen nicht überraschend. «In Landwirtschaftsfragen politisieren beide Parteien liberal bis neoliberal.» Diese Kreise würden den eigentlichen Kern von Freihandelsabkommen missdeuten: den Reichtum mächtiger multinationaler Konzerne zu sichern und deren Interessen durchzusetzen. «Nachhaltigkeit ist hier immer ein störendes Element», sagt Stalder. Deshalb gewähre man ihr nur einen symbolischen Auftritt in zahnlosen Nachhaltigkeitskapiteln.
Die Gegner des Abkommens kritisieren, es würden griffige Sanktions- und Kontrollmechanismen oder eine Gerichtsbarkeit fehlen. Dem Ökogütesiegel RSPO für Palmöl vertrauen sie nicht, es gibt dagegen seit langem Kritik: Greenwashing und Etikettenschwindel. «Es ist eine zutiefst mutlose Haltung, dieses Abkommen zu unterstützen», sagt Stalder. Es gehe nicht nur um Palmöl, sondern um weitere natürliche Ressourcen wie Kohle, Holz und Kautschuk. «Die möglichst schrankenlos und zu tiefsten Preisen entnommen werden sollen, ohne Rücksicht auf Mensch, Natur und Klima.»
Das sind happige Vorwürfe.
In die richtige Richtung
«Der Neoliberalismus ist heute eine handelspolitische Realität», entgegnet SP-Nationalrat Fabian Molina, Co-Präsident des Entwicklungshilfswerks Swissaid. «Ohne Abkommen kommt das Palmöl einfach weiterhin nach WTO-Regeln in die Schweiz – ohne Nachhaltigkeitsregeln.» Molina wird sich an der Delegiertenversammlung der SP für ein Ja einsetzen. Auch Co-Parteipräsidentin Mattea Meyer sagt: «Man muss sich fragen, ob dieses Abkommen in die richtige Richtung geht. Ich finde: ja. Es ist wie bei der Konzerninitiative. Auch bei dieser ging es nicht darum, alles auf den Kopf zu stellen, sondern die schlimmsten Auswüchse zu verhindern.» Für Molina und Meyer ist eines der stärksten Argumente die Unterstützung, die das Abkommen in Indonesien selber erhält. Umweltschutzorganisationen wie Greenpeace oder Wahli (die grösste Umweltorganisation in Indonesien) stellen sich hinter das Abkommen. «Sie gehen davon aus, dass das Abkommen eine nachhaltige Entwicklung in Indonesien anstösst», sagt Molina.
Damit kämpfen SP und Grünliberale für einmal an der Seite der Wirtschaft. Für Economiesuisse ist das Abkommen strategisch bedeutend, erleichtere es doch Schweizer Unternehmen den Zugang zum Wachstumsmarkt Indonesien und verschaffe ihnen einen «entscheidenden» Wettbewerbsvorteil gegenüber Firmen anderer Ländern, allen voran aus der EU. Der Wirtschaftsdachverband wirbt nicht zuletzt mit dem umstrittenen Nachhaltigkeitskapitel; dieses sei umfangreich, rechtlich verbindlich und biete indonesischen Produzenten einen Anreiz, nachhaltiges Palmöl stärker zu fördern.
Die SP ist gespalten. Widerstand gegen den Kurs der Mutterpartei kommt aus der Westschweiz. Die Genfer und Neuenburger Kantonalparteien unterstützen das Referendum. Doch ins Zeug legen werden sich zumindest die Genfer nicht. Man konzentriere sich auf die kantonale Abstimmung am 7. März, heisst es aus der Partei.
«Dogmatisch anmutenden Ablehnung»
Auch von den Grünen ist kein Abstimmungsfeuerwerk zu erwarten – trotz der einstimmigen Ablehnung des Abkommens. «Wir können nicht für jedes Geschäft, das wir unterstützen, so viele Ressourcen aufwenden, wie wir wollten», sagt Grünen-Präsident Balthasar Glättli. Für ihn sind andere Abstimmungen in diesem Jahr noch wichtiger – die Pestizidinitiative etwa oder das Referendum zum CO2-Gesetz.
GLP-Chef Jürg Grossen kann die Haltung der Grünen dennoch nicht nachvollziehen. Er spricht von einer «dogmatisch anmutenden Ablehnung». Ein Nein zum Abkommen, so Grossen, würde die Menschenrechts- und Umweltstandards nicht verbessern und die positive Entwicklung mit den neu ausgehandelten Nachhaltigkeitsbestimmungen im Keim ersticken. Erfreut zeigt sich der GLP-Chef dagegen über die SP, welche die Vorteile des Abkommens doch noch erkannt habe. «Das hilft der Sache enorm.»
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