Kommentar zu HandelsabkommenFünf gute Gründe für den Palmöl-Deal mit Indonesien
Die Palmölproduktion in Südostasien ist ein Riesenproblem. Trotzdem – oder gerade deshalb – sollte das Schweizervolk am 7. März das Handelsabkommen mit Indonesien annehmen.
Wem sollen wir bei der Abstimmung über das Freihandelsabkommen mit Indonesien bloss glauben? Dem Orang-Utan? Oder dem Orang-Utan?
Auf den Flyern des Gegen-Komitees hat ein indonesischer Orang-Utan Todesangst – weil sein Urwald für eine Palmölplantage abgebrannt wird. Also Nein stimmen?
Auf den Plakaten des Pro-Komitees umarmt ein Orang-Utan freudig einen Steinbock – angeblich, weil sein Urwald dank dem Abkommen mit der Schweiz intakt bleibt. Also Ja stimmen?
Dazu fünf Überlegungen (einen detaillierten Überblick über das Abkommen finden Sie hier):
Die Schweiz schafft eine Weltpremiere
Es ist unbestritten: Palmöl ist ein höchst problematisches Produkt. Die Plantagen sind in Südostasien verantwortlich für die Zerstörung gigantischer Urwaldflächen. Das neue Abkommen sieht nun vor, dass Indonesien jährlich 12’500 Tonnen Palmöl zu reduzierten Zollsätzen in die Schweiz einführen kann.
Vom Zollrabatt profitiert aber nur Palmöl, das gewisse ökologische und soziale Standards erfüllt. Konkret zum Beispiel: Keine weiteren Primärurwälder dürfen gerodet werden, neue Plantagen auf Torfböden und gewisse Pflanzenschutzmittel sind verboten. Die Einhaltung dieser Bestimmungen müssen die Importeure mit international anerkannten Labels nachweisen.
Das ist eine Weltneuheit: Zum ersten Mal überhaupt knüpft ein westliches Land Zollrabatte an die Nachhaltigkeit (lesen Sie dazu das Interview mit dem Schweizer Chefunterhändler). Aus diesem Grund empfiehlt sogar der WWF ein «vorsichtiges Ja». Auch andere Befürworter hoffen, dass die Schweiz mit diesem Abkommen einen Paradigmenwechsel im ganzen Welthandel einleiten kann. Noch ist das erst eine kühne Hoffnung. Doch eine Ablehnung des Abkommens würde schon die Hoffnung im Keim zerstören.
Entscheidend wird natürlich sein, dass die Nachhaltigkeitsklauseln auch tatsächlich eingehalten werden. Das muss der Bund überwachen. Und auch die Umweltschutzorganisationen sollten diesbezüglich den Druck auf die Behörden aufrechterhalten.
Ein Nein hilft dem Urwald nicht
Klar: Diese Palmöllabels haben Schwächen, sie werden nicht alle Umweltsünden in Indonesien verhindern, auch Betrugsfälle wird es wohl geben. Aber wer das Abkommen aus solchen Gründen ablehnt, reduziert die Palmölimporte damit nicht. Statt aus Indonesien kommt das Palmöl dann (wie bis anhin) hauptsächlich aus anderen Ländern wie Malaysia, wo es gar keine Nachhaltigkeitsklauseln gibt.
Wer das Indonesien-Abkommen ablehnt, reduziert die Palmölimporte damit nicht.
Wer die Palmölproduktion effektiv bremsen will, muss nicht an der Urne Nein stimmen, sondern weniger Lebensmittel und Körperpflegeprodukte mit Palmöl kaufen. Aber aufgepasst: Viele Alternativen – etwa Kokos oder Raps – sind in einer Gesamtbetrachtung nicht zwingend ökologischer. Andere Ölsaaten benötigen für die gleiche Menge Öl bis zu dreimal so grosse Flächen wie die Ölpalme (lesen Sie hier mehr dazu).
Indonesien ist nicht bloss Palmöl
Zwar reden fast alle nur vom Palmöl. Das Abkommen umfasst aber den ganzen bilateralen Handel. Für 98 Prozent der Schweizer Warenexporte werden die Zölle abgeschafft. Das ist eine Chance für Schweizer Exportfirmen. Sie bekommen so einen Handelsvorteil gegenüber ihrer Konkurrenz, etwa den Firmen aus der Europäischen Union.
Heute mag Indonesien für die Schweizer Exportwirtschaft noch nicht sehr bedeutend sein. Doch es ist bevölkerungsmässig das viertgrösste Land. In den nächsten Jahrzehnten dürfte es zu einem der weltweit wichtigsten Absatzmärkte aufsteigen.
Wer Nein sagt, müsste auch B sagen
Das links-grüne Referendumskomitee hat seine über 60’000 Unterschriften gegen das Abkommen mit dem Slogan «Stop Palmöl» gesammelt. Doch seine Kritik ist grundsätzlicher: Sie richtet sich generell gegen den Welthandel und gegen soziale und ökologische Probleme, die die Globalisierung mit sich bringt.
Diese Kritik ist nicht in allen Punkten unberechtigt. Die Schweiz ist jedoch wie fast kein zweites Land vom Weltmarkt abhängig. Dank Exporten finanzieren wir unseren Lebensstandard, unsere Infrastruktur, unsere Sozialwerke. Wer das Abkommen mit Indonesien ablehnt, setzt ein Zeichen gegen die Globalisierung. Er müsste dann aber auch B sagen, das heisst: Sie oder er muss auch einen tieferen Lebensstandard, schlechtere Infrastruktur und schwächere Sozialwerke in Kauf nehmen.
Ein Teil der Gegner des Abkommens – etwa die Grünen und die Jungsozialisten – tut so, als könne die Schweiz den Fünfer und das Weggli haben.
Ein Teil der Referendumsführer – etwa die Grünen, die Jungsozialisten und gewisse Bauernkreise – tut so, als könne die Schweiz den Fünfer und das Weggli haben: Sie wollen den Handel mit der Welt einschränken – und trotzdem die staatlichen Leistungen, etwa im Sozialbereich, ständig weiter ausbauen.
Lieber Indonesien als China
Schon heute hat die Schweiz über dreissig Freihandelsabkommen – auch mit sehr problematischen Staaten wie China oder Saudiarabien.
Auch Indonesien ist keine Musterdemokratie: Es kommt zu schweren Menschenrechtsverletzungen, unter anderem durch das Militär. Doch Indonesien versucht immerhin, den Weg der Demokratie zu gehen – anders etwa als die immer totalitärere Parteidiktatur in China oder die arabischen Monarchien am Golf. Wenn dank diesem Abkommen der Handel mit Indonesien wächst, dann kann dies der Schweiz helfen, ihre wirtschaftliche Abhängigkeit von noch viel problematischeren Partnern zu reduzieren.
Diese Überlegungen zeigen: Wer sich für eine ökologischere und gerechtere Welt engagieren will, sollte das Wirtschaftsabkommen mit Indonesien gutheissen. Der bedrohte Orang-Utan wird allein durch dieses Abkommen zwar nicht gerettet. Er wird aber auch nicht zusätzlich gefährdet.
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