Ticker zur KriegsgeschäfteinitiativeGSoA-Vorlage fällt durch, Politologe spricht von «Achtungserfolg»
Das Stimmvolk hat das Verbot der Finanzierung von Kriegsmaterialproduzenten abgelehnt. Die News und die aktuellsten Resultate im Ticker.
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Das Wichtigste in Kürze:
Die Vorlage ist definitv am Ständemehr gescheitert, nur vier Kantone (BL, JU, GE, NE) sagten Ja.
Mit 57,5 Prozent Nein- und 42,5 Prozent Ja-Stimmen lehnt das Volk die Vorlage klar ab.
Politologe Lukas Golder, gfs.bern, sprach von einem «Achtungserfolg» für das friedenspolitische Anliegen, das nur von der linken Seite im Parlament unterstützt worden sei.
Auch die Initianten von der GSoA und den jungen Grünen sprechen von einem «beachtlichen Erfolg» und «moralischem Sieg».
Die Gegner sehen das Nein im Zusammenhang mit der wirtschaftlich anspruchsvollen Zeit. Sie bewerten das Anliegen als «sehr extrem».
Bei den Befürwortern und Gegnern zeigte sich ein klassisches Links-/Rechts-Schema. Der Bundesrat und die Bürgerlichen stellten sich gegen die Initiative, SP und Grüne waren dafür.
Laut den Gegnern hätte ein Ja die Pensionskassen und die Nationalbank zu stark eingeschränkt. Der Bund warnte davor, dass die Initiative die Altersvorsorge schmälern könnte. (Lesen Sie hier, ob das stimmt)
Verfolgen Sie die Abstimmung zur Konzernverantwortungsinitiative in unserem Ticker.
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Linke nehmen Atomwaffen ins Visier
Nach dem Nein zur Kriegsgeschäfte-Initiative nimmt die Linke die Atomwaffen ins Visier – notfalls über eine Volksinitiative (zum Interview mit SP-Nationalrätin Priska Seiler Graf).
Bundesräte zum Resultat
Hier kommentieren die Bundesräte Karin Keller-Sutter und Guy Parmelin die Abstimmungsergebnisse:
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Parmelin: «Schweiz setzt sich für den Frieden ein»
Das Volk habe die Einschätzung des Bundesrates zur Initiative geteilt, sagt Guy Parmelin vor den Medien in Bern. Diese hätte keine Kriege verhindert und dafür die Schweizer Wirtschaft belastet.
Die Schweizer Regierung werde sich weiterhin für den Frieden einsetzen. «Auch dem Bundesrat liegt eine friedliche Welt am Herzen», so Parmelin. Das geschehe aber nicht über Verbote sondern über den Dialog. Man wolle die Rahmenbedingen für die Schweizer Unternehmen gerade in der aktuell schwierigen ökonomischen Lage aufgrund des Corona-Virus nicht erschweren.
Schlussresultat
Mit 57,45 Prozent Nein-Stimmen und gerade einmal vier Ja-Kantonen ist die Initiative deutlich gescheitert. Die Stimmbeteiligung lag bei 46,4 Prozent.
Am deutlichsten nahm der Kanton Jura die Vorlage an, mit 55,01 Prozent Ja-Stimmen. Der Kanton Genf nahm die Initiative mit 53,12 Prozent an und der Kanton Neuenburg mit 52,01 Prozent.
Am deutlichsten Nein zur Kriegsgeschäfte-Initiative sagte der Kanton Nidwalden. Dort lag der Ja-Stimmen-Anteil gerade einmal bei 24,82 Prozent. Auch Schwyz (25,76 Prozent Ja), Obwalden (27,42 Prozent Ja) und Uri (28,77 Prozent Ja) verwarfen die Initiative deutlich.
Im Kanton Zürich sagten 45,66 Prozent Ja zur Kriegsgeschäfte-Initiative und in Bern lag der Anteil Ja-Stimmenden bei 45,24 Prozent.
Initiative fällt definitiv durch
Die Kriegsgeschäfte-Initiative fällt an der Urne definitiv durch: Das Anliegen der Gsoa und der jungen Grünen scheitert am Ständemehr. Von 18 ausgezählten Kantonen sagten bisher einzig Jura, Neuenburg, Genf und das Tessin Ja zur Initiative.
«Moralisch klar gewonnen»
Mit ihrem Anliegen sei es ihnen gelungen, die Kriegsgeschäfte der Schweizer Nationalbank und der Pensionskassen zu demaskieren schreibt die GSoA in einer Mitteilung. «Die moralische und inhaltliche Debatte haben klar wir gewonnen», liess sich Julia Küng, Co-Präsidentin der Jungen Grünen, zitieren. «Wir sehen uns durch das heutige Resultat bestärkt in unserem Kampf für eine friedliche Welt. Solange von Schweizer Finanzinstituten finanziertes Kriegsmaterial Menschen tötet, werden wir weiterkämpfen.»
Ein Teil der Bevölkerung hat uns gehört», sagte Gsoa-Sekretär Thomas Bruchez zu Keystone-SDA. Die GSoA werde sich nun auf die Volksinitiative «Gegen Waffenexporte in Bürgerkriegsländer konzentrieren, die voraussichtlich 2021 zur Abstimmung kommt. Man werde ein scharfes Auge auf den gegenwärtig in der Ausarbeitung befindlichen Gegenvorschlag haben.
Nein-Komitee: «Sehr extreme Initiative»
Grosse Freude über die Ablehnung herrscht beim bürgerlichen Nein-Komitee. Die «extreme» Initiative wäre schwierig umzusetzen gewesen, hiess es.
Sie sei «hocherfreut», sagte die Aargauer FDP-Nationalrätin Maja Riniker namens des Nein-Komitees mit Vertreterinnen und Vertretern von FDP, SVP, CVP und GLP. «Ich bin sehr froh, dass von der Mehrheit des Stimmvolks erkannt wurde, dass die vorgeschlagenen Instrumente sehr extrem waren.»
Sie sehe das Nein auch in Zusammenhang mit der aktuellen, wirtschaftlich anspruchsvollen Zeit, sagte Riniker. «Eine weitere Belastung der Unternehmen wäre nicht opportun gewesen.»
«Die Schweiz hat heute eine ideologische Volksinitiative mit hohem Schadenspotenzial verworfen», schrieb der Schweizerische Gewerbeverband. Die Initiative hätte vor allem das Kapital der Altersvorsorge mit teuren und nicht umsetzbaren Regulierungen belastet. «Das Nein der Schweiz ist eine Absage an linke Experimente.»
Der Schweizerische Arbeitgeberverband schrieb, ein Ja zu Initiative hätte den Finanzplatz Schweiz in Frage gestellt und die Pensionskassen stark eingeschränkt. «Dadurch wäre die destabilisierte Altersvorsorge weiter geschwächt worden.» Auch hätte ein Ja nicht zu mehr Weltfrieden geführt.
Juso-Chefin: «Positives Zeichen»
Den Ja-Stimmen-Anteil von 42 Prozent wertet Juso-Chefin Ronja Jansen als ein «sehr positives Zeichen». Es zeige, dass sich ein grosser Teil der Stimmbevölkerung eine Schweiz wünsche, die mehr internationale Verantwortung warhnehme, sagt sie in einem Interview mit SRF.
GSoA: «Gegner hatten viel mehr Geld»
Die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA), spricht trotz der Ablehnung von einem guten Ergebnis. Denn der Ja-Stimmen-Anteil sei hoch.
GSoA-Sekretärin Nadia Kuhn sagte, die hohe Zustimmungsrate zu der «Kriegsgeschäfteinitiative» könne man «durchaus als Erfolg werten».
Die Gegner hätten finanziell viel stärkere Mittel gehabt als das Initiativkomitee aus Gsoa und Jungen Grünen. Die Gegner hätten sich – offenbar mit Erfolg – auf die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) fokussiert, «obwohl diese eigentlich nicht betroffen sind».
GSoA-Initiativen haben es grundsätzlich schwer an der Urne. Die Initiative «Für eine Schweiz ohne neue Kampfflugzeuge» wurde 1993 mit 42,8 Prozent Ja-Stimmen abgelehnt, die Initiative «Für den Schutz vor Waffengewalt» im Jahr 2011 mit 43 Prozent Ja-Stimmen. Alle anderen Volksinitiativen der GSoA wurden deutlicher abgelehnt.
Initiativkomitee: «Inhaltlich stärker»
Beim Initiativkomitee herrscht ob des deutlichen Nein-Trends grosse Enttäuschung. Man sei im Vorfeld argumentativ deutlich stärker gewesen als die Gegner.
Das Nein zum Volksbegehren «kommt für uns nicht sehr überraschend, es ist aber doch sehr enttäuschend», sagte Julia Küng, Co-Präsidentin der Jungen Grünen, gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
«Wir hatten eigentlich das Gefühl, dass wir im Vorfeld inhaltlich stärker waren als die Nein-Sager». Umso frustrierender sei, dass dies bei der Mehrheit der Stimmbevölkerung offenbar nicht angekommen sei.
Gegner: «Überraschend gut»
CVP-Nationalrat Lorenz Hess spricht von einer deutlichen und nicht selbstverständlichen Ablehnung. «Das ist ein gutes Resultat.» Der Titel des Anliegen sei verwirrlich gewesen, man habe viel erklären müssen. Die Botschaften der Befürworter seien einfach und plakativ gewesen, für eine gute Sache einzustehen, generiere in der Regel Stimmen. Am Schluss hätten die Wähler aber realisiert, was wirklich drin stand.
Befürworter: «Leute hatten Angst um Rente»
«42 Prozent Ja-Stimmen sind ein gutes Resultat», sagt Nationalrat Fabian Fivaz aus Neuenburg. «Wir wussten, dass es schwierig wird.» Die Koalition der Befürworter sei im Vergleich mit der Konzerninitiative viel kleiner gewesen, nur die linke Seite im Parlament sei dafür gewesen. «Wir wissen, in der Schweiz haben es Anliegen, die nur von den Linken getragen werden, sehr schwer.» Die Leute hätten wohl auch Angst um ihre Rente gehabt, das Umfeld mit den ökonomischen Problemen durch Corona sei schwierig gewesen.
Golder spricht von «Achtungserfolg»
Gfs-Politologe Lukas Golder spricht im Abstimmungstudio von SRF von einem Achtungserfolg für das friedenspolitische Anliegen der GSoA und der jungen Grünen. Die Hochrechnung von gfs.bern im Auftrag der SRG geht von 58 Prozent Nein aus.
In den frühen Abstimmungsumfragen war noch eine Mehrheit für eine Annahme der Initiative gewesen. Die Seite der Gegner hat in den vergangenen drei Wochen also aufgeholt – nicht unüblich für eine Volksinitiative.
Erste Kantone ausgezählt
Die Kantone Glarus und Nidwalden sind bereits ausgezählt. Glarus lehnt das Vorhaben mit 66 Prozent Nein ab, Nidwalden mit 75,2 Prozent Nein.
In den Kantonen Basel-Land, Schwyz, Solothurn und Aargau gibt es nach ersten Hochrechnungen einen Nein-Trend.
Im Kanton Basel-Stadt zeichnet sich nach Auszählung der brieflichen Stimmen eine Ja-Mehrheit ab. Hier liegt der Anteil der Ja-Stimmen bei 57,4 Prozent. Einen Ja-Trend gibt es auch im Kanton Genf.
Klarer Nein-Trend
Die ersten Trendrechnungen von Tamedia und gfs.bern gehen von einem Nein zur Vorlage aus. 58,6 Prozent der Stimmenden lehnen die Initiative laut den Hochrechnungen ab. Politologe Lukas Golder von gfs.bern hatte im Vorfeld gesagt, dass die Frage des wirtschaftliche Schadens in den Corona-Zeiten ein grösseres Gewicht bekommen habe, weshalb es mehr Zweifel an der Wirkung der Initiative gegeben habe.
Erste Hochrechnung aus Zürich
Laut einer ersten Hochrechnung aus dem Kanton Zürich sagen 45,3 Prozent der Stimmenden Ja und 54,7 Prozent Nein. Das Vertrauensintervall liegt bei 40,5 bis 50,1.
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Ausgangslage
Darum geht es
Der Initiativtext verlangt, dass es der Schweizerischen Nationalbank sowie Stiftungen und Pensionskassen untersagt wird, Produzenten von Kriegsmaterial zu finanzieren. Das betrifft Firmen, die mit der Produktion von Kriegsmaterial mehr als 5 Prozent ihres Jahresumsatzes generieren. Das hätte zur Folge, dass die Nationalbank oder die Pensionskassen ihre Anlagepolitik einschränken müssten. Sie dürften etwa keine Wertpapiere, Aktien oder Finanzprodukte im Zusammenhang mit diesen Firmen erwerben.
Weiter verlangt die Initiative, dass sich der Bund auf nationaler und internationaler Ebene dafür einsetzen soll, dass auch für Banken und Versicherungen entsprechende Bedingungen gelten. (Lesen Sie eine umfassende Darstellung der Initiative).
Wer ist dafür, wer dagegen?
Bei den Befürwortern und Gegnern zeigt sich ein klassisches Links-/Rechts-Schema. Der Bundesrat und die Bürgerlichen stellten sich gegen die Initiative, SP und Grüne sind dafür. Lanciert wurde das Anliegen von den Jungen Grünen und der Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) gemeinsam lanciert. Sie wird von über 40 Organisationen unterstützt, unter anderem von den Parteien SP und Grüne sowie vielen Friedensorganisationen und Gewerkschaften.
Das sagen die Befürworter
Die Initianten sind überzeugt, dass der Schweiz als einer der grössten Finanzplätze und als neutrales Land, welches sich die Förderung von Frieden auf die Fahne geschrieben hat, eine besondere Bedeutung im Bereich der Rüstungsgüter zukomme. Es sei unglaubwürdig, einerseits mit Geld aus der Schweiz Konflikte anzuheizen und gleichzeitig als neutraler, diplomatischer Vermittler aufzutreten. Die geforderten Einschränkungen seien eine Gelegenheit, um mit gutem Beispiel voranzugehen. Zudem müssten weniger Menschen aus ihren Ländern flüchten, weil durch die Annahme der Initiative weniger Waffen in Kriegsgebiete gelangen würden.
Das sagen die Gegner
Für die Gegner der Initiative würde man damit die Pensionskassen und die Nationalbank in ihrer Tätigkeit zu stark einschränken und vor allem die hiesige Metall-, Maschinen- und Elektroindustrie schwer treffen. Auf die globale Rüstungsindustrie habe das Volksbegehren entgegen der Behauptung der Initianten kaum einen Einfluss. Weiter sei die Initiative nur mit einem enormen Kontrollaufwand umzusetzen, da gerade Mischkonzerne nicht kontinuierlich gleich viele Güter produzieren, die als Kriegsmaterial gelten. Zudem schaffe die Initiative ein gefährliches Präjudiz für weitere Einflussmöglichkeiten auf die Schweizerische Nationalbank, ihre Anlagetätigkeit in weiteren Bereichen einzuschränken, etwa im Klimabereich.
SDA/ij
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