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Abstimmung vom 29. November
Initiative will Rüstungskonzernen den Geldhahn zudrehen

Vor drei Jahren machte die Friedensaktivistin Louise Schneider ihrem Ärger Luft und besprayte die Abschrankung vor dem Gebäude der Nationalbank auf dem Bundesplatz in Bern.
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Was will die Initiative?

Der Initiativtext verlangt, dass es der Schweizerischen Nationalbank, Stiftungen und Pensionskassen untersagt wird, Produzenten von Kriegsmaterial zu finanzieren. Das betrifft Firmen, die mit der Produktion von Kriegsmaterial mehr als 5 Prozent ihres Jahresumsatzes generieren. Das hätte zur Folge, dass etwa die Nationalbank solchen Firmen keine Kredite, Darlehen oder Schenkungen mehr gewähren dürfte. Zudem dürfte sie keine Wertpapiere, Aktien oder sonstige Finanzprodukte solcher Firmen erwerben. Weiter verlangt die Initiative, dass sich der Bund auf nationaler und internationaler Ebene dafür einsetzen soll, dass auch für Banken und Versicherungen entsprechende Bedingungen gelten.

Wer sind die Initianten?

Die Kriegsgeschäfteinitiative, wie die Urheber ihre Volksinitiative für ein Verbot der Finanzierung von Kriegsmaterialproduzenten nennen, wurde von den Jungen Grünen und der Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) gemeinsam lanciert. Sie wird von über 40 Organisationen unterstützt, unter anderem von den Parteien SP und Grüne sowie vielen Friedensorganisationen und Gewerkschaften. Zahlreiche Befürworter unterstützen auch die Konzernverantwortungsinitiative, die gleichzeitig am 29. November zur Abstimmung gelangt.

Wie argumentieren Gegner und Befürworter?

In den Ratsdebatten zeigte sich ein klassisches Links/Rechts-Schema. Der Bundesrat und die Bürgerlichen stellten sich gegen die Initiative und verwarfen auch den Versuch der Linken, mit einem Gegenvorschlag die Hauptanliegen des Volksbegehrens aufzunehmen. SP und Grüne argumentieren vor allem mit den ethischen Werten unseres Landes: Es sei unglaubwürdig, einerseits mit Geld aus der Schweiz Konflikte anzuheizen und gleichzeitig als neutraler, diplomatischer Vermittler aufzutreten. Die Bürgerlichen befürchten eine unnötige Belastung des Wirtschaftsstandortes Schweiz und eine mögliche Schwächung der Armee.

Gibt es heute keine Einschränkungen bei der Anlagetätigkeit von Nationalbank oder Pensionskassen?

Doch. Verboten ist die direkte Finanzierung von verbotenem Kriegsmaterial. Das sind nukleare, biologische und chemische Waffen, Antipersonenminen und Streumunition. Das Kriegsmaterialgesetz verbietet auch die indirekte Finanzierung – allerdings nur dann, wenn es das Ziel ist, das Verbot der direkten Finanzierung zu umgehen. Für Aufsehen sorgte der jüngste Bericht «Don’t Bank on the Bomb» der niederländischen Nichtregierungsorganisation PAX. Demnach sollen die Banken CS und UBS, wie auch die Nationalbank, zwischen 2017 und 2019 fast neun Milliarden US-Dollar in Unternehmen investiert haben, die Atomwaffen herstellen, wie etwa Boeing, Airbus, Honeywell und Lockheed Martin. Der Bundesrat betonte auf eine entsprechende Anfrage aus dem Parlament, dass er bereits nach einem PAX-Bericht aus dem Jahr 2015 die entsprechenden Banken geprüft habe, diese verfügten jedoch über eine «wirkungsvolle Compliance, welche dazu beiträgt, die Einhaltung des Finanzierungsverbots zu gewährleisten».

«Ein Verbot, wie es die Initiative fordert, wurde bisher noch nirgendwo angewendet.»

Gab es Verstösse gegen diese Bestimmungen?

Seit dem 1. Februar 2013 ist der entsprechenden Passus des revidierten Kriegsmaterialgesetzes in Kraft. Die strafrechtliche Verfolgung liegt beim Bund – bei Verstössen drohen Freiheits- und Geldstrafen. Laut dem Bundesrat wurde bis Ende 2019 kein Strafverfahren mit einem Bezug zu diesem Gesetz eingeleitet. Die zuständige Bundesanwaltschaft will die Frage nicht beantworten, ob inzwischen solche Verfahren eingeleitet wurden. Sie bestätigt lediglich, dass gegen die CS und die UBS nicht ermittelt wird.

Gibt es Erfahrungen in anderen Ländern mit solchen Restriktionen?

Ein Verbot, wie es die Initiative fordert, wurde bisher noch nirgendwo angewendet. Laut der Botschaft des Bundesrats wagt nicht einmal der vom Initiativkomitee als Vorreiter gelobte Norwegische Staatsfonds eine derart prohibitive Anlagestrategie, wie von den Initianten gefordert. Dieser verwaltet ein Vermögen von rund 920 Mrd. US-Dollar und ist damit der grösste Staatsfonds der Welt. Er verpflichtet sich selbst zu einer ethischen Anlagestrategie. Zur einer solchen Umsetzung führt er eine Liste mit derzeit 169 Unternehmen, die von Investitionen ausgeschlossen werden. Produzenten von konventionellem Kriegsmaterial befinden sich nicht auf dieser Ausschlussliste. Der Norwegische Staatsfonds musste laut dem Bundesrat aufgrund seiner restriktiven Anlagestrategie in der Zeitperiode 2006–20016 einen Minderertrag von rund 1,42 Mrd. US-Dollar verbuchen.

Ebenfalls am 29. November kommt die Konzernverantwortungsinitiative zur Abstimmung. Hat dies einen Einfluss auf den Urnengang zur Kriegsgeschäfteinitiative?

Diese Initiativen wollen entweder den Konzernen oder der Nationalbank und Vorsorgeeinrichtungen Vorgaben machen, die sie zu einem ethischeren Handeln veranlassen sollen. Man könnte diese schon fast als Schwesterinitiativen bezeichnen. Die Kampagne zur Konzernverantwortungsinitiative läuft schon seit Jahren auf vollen Touren und hat laut Umfragen gute Chancen an der Urne. Bei der Kriegsgeschäfteinitiative kommt die Kampagne erst jetzt richtig ins Rollen. Sie könnte von der zu erwartenden, starken Mobilisierung vor allem der Linken für die Konzernverantwortungsinitiative profitieren.