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Mamablog: Gedanken zum Mutterschaftsurlaub
Wir brauchen eine Mütterpflege!

Enorm anstrengend: Die erste Zeit mit Baby ist für alle Beteiligten ein Kraftakt.
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Läuft alles nach Plan, erblickt ein Kind nach neun beziehungsweise zehn Monaten seit dem Date von Ei und Sperma das Licht der Welt. Zweifellos ein überwältigendes Ereignis. Vorerst hat die Achterbahn der Hormone ihren Höhepunkt erreicht. Schnell in Vergessenheit geraten sind nicht nur eventuelle Geburtsverletzungen, sondern auch die oftmals nicht ganz unbeschwerlichen Schwangerschaftsmonate.

Kampf der Organe

Denn so eine Schwangerschaft hat es tatsächlich in sich. Auch wenn es manch einem so vorkommt, wird frau nicht einfach dick; im Gegenteil, ihr Körper erbringt einiges an Schwerstarbeit. Zum Beispiel beginnt schon bald der Kampf ihrer Organe, der sich nicht nur mit permanentem Ziehen und Stechen bemerkbar macht. Da Blase und Lunge der Gebärmutter naturgemäss unterliegen, hat manch eine Frau bei der Ankunft im dritten Stock nicht selten das Gefühl, gerade den Kilimandscharo bestiegen zu haben, bevor sie zur nächstgelegenen Toilette eilt. Mit anderen Worten: Die Veränderungen des weiblichen Körpers sind enorm. Enorm anstrengend. Und diesen Anstrengungen wird in unserer Stressgesellschaft viel zu wenig Beachtung geschenkt.

Was gibt es da zu meckern? Urlaub.

So gehört es sich etwa, bis kurz vor der Geburt zu arbeiten. Pardon, aber frau ist ja schliesslich nicht krank, es sei denn, sie hat das Glück, bei einer zeitgerechten Gynäkologin gelandet zu sein. Und zudem liegen ja 14 Wochen Mutterschaftsurlaub vor ihr. Was gibt es da zu meckern? Urlaub. Die Zeit also, in der Mamis in hippen Cafés rumhängen, wenn sie nicht gerade Kuchen für den bevorstehenden Besuch backen oder in der frisch geputzten Wohnung Babykleider nach Farbe sortieren. Nach keinem anderen Eingriff denkt irgendwer «Urlaub»: Ob gebrochenes Bein oder Hexenschuss – man ist krank oder geht in die Reha, und nicht etwa in den Krankheitsurlaub unter Palmen.

Boom – jetzt Mutterschaft!

Ich muss gestehen, dass ich mir als Nicht-Mami ab und zu auch so einen Mutterschaftsurlaub wünschte. Im Nachhinein schäme ich mich dafür in Grund und Boden. Denn die Realität zeigt sich von einer komplett anderen Seite und trifft frau in aller Regel mit voller Wucht. Boom. Mutterschaft ist nicht nur ein 24/7-, sondern in erster Linie ein ganz neuer Job, bei dem jegliche Einarbeitungszeit fehlt. Wie soll man auch wissen, wann das Baby zu heiss oder zu kalt hat, im Juli wirklich eine Mütze braucht, wie oft es gewöhnlich in die Windel macht und ab wann man sich über die Konsistenz des Windelinhaltes Sorgen machen muss?

Frau trägt plötzlich Verantwortung für zwei und kommt aufgrund der Endlosschlaufe von Wickeln-Füttern-Aufräumen-Putzen-Einkaufen und der entsprechenden Never-Ending-To-Do-Liste im Kopf häufig an ihre Grenzen. Natürlich hat sie im besten Fall Unterstützung von einem Partner. Während zwei Wochen. Und zum Glück gibt es Engel von Hebammen, deren Tipps Gold wert sind, einem aber halt auch nur eine beschränkte Zeit erhalten bleiben.

Mutter werden ist nicht angeboren

In zahlreichen Kulturen hingegen stellt die Mütterpflege ein fest verankertes Ritual dar: Für das Neo-Mami wird gekocht, eingekauft oder geputzt, damit sie sich erholen und wieder zu Kräften kommen kann. Davon sind wir hierzulande Lichtjahre entfernt. Natürlich möchte auch ich – entgegen dem afrikanischen Sprichwort – weder ein Dorf noch meine gesamte Verwandtschaft bei mir zu Hause haben (nichts gegen meine Verwandten). Denn schliesslich geht es nicht nur um das Ereignis der Geburt. Mutter werden ist keine angeborene Eigenschaft, sie braucht Vorlauf, Zeit, Ausdauer, Nerven, Austausch mit anderen Müttern und ab und zu etwas Schlaf und Prosecco. Und diese Zeit startet nicht im Gebärsaal und hört nach 98 Tagen auch nicht einfach auf.

Eine angemessene Elternzeit bedeutet nicht nur mehr Care-Time, sie bietet Müttern und Vätern auch Raum für lebenswichtige Pausen.

Folglich plädiere ich nicht nur für einen längeren, sondern einen zeitlich besser koordinierten Mutterschutz – oder wie es unsere Nachbarländer vormachen, für eine Elternzeit. Selbst wenn die Fremdbetreuung durch Kita, Verwandte oder Nachbarn während der Arbeitszeit der Eltern sichergestellt wird, genügt dies nicht, sich in der neuen Babywelt zurechtzufinden. Denn nach Feierabend oder am Wochenende geht es in der Regel ja erst richtig los. Eine angemessene Elternzeit bedeutet nicht nur mehr Care-Time, die gemäss vieler Bindungstheorien zweifellos wichtig ist, sie bietet Müttern und Vätern auch Raum für lebenswichtige Pausen.

Nehmt Hilfe in Anspruch

Mein Sohn wird bald jährig und ich hatte vergangene Woche erstmals das Gefühl, so richtig «frei» zu haben. Für zwei Tage, natürlich ohne die Nächte. Und dies, obwohl ich mir zuvor nicht hätte vorstellen können, dass ich von meinem Kind überhaupt «frei haben» möchte. Aber es fühlt sich schlicht grossartig an, die Babysensoren für einmal auszuschalten und die Batterien wieder aufladen zu können, was logischerweise der Beziehung zum Sprössling zugutekommt.

Es ist übrigens keine Schande, hierfür Hilfe in Anspruch zu nehmen – sei es durch Babysitter oder indem Freunde auf ihre frühschwangerschaftlichen Versprechen hingewiesen werden. Und weiss man mal nicht weiter, hilft die Mütterberatung, deren Inanspruchnahme alles andere als ein Zeichen von Schwäche ist. Im Gegenteil: Dank deren unglaublich wertvollen Tipps und Hilfeleistungen bin ich definitiv zu einem besseren Mami geworden.

Weichen neu setzen

Auf Dauer wäre nicht nur unserer Gesundheit, sondern auch der hierzulande fundamental wichtigen Wirtschaft, die auf leistungsfähige Arbeitnehmerinnen angewiesen ist, viel mehr gedient, wenn der Mutterschaft mehr Raum zugestanden würde – ohne dass Mamis dadurch all ihre Karrierechancen verspielen.

Und selbstverständlich darf dies nicht allein auf Kosten der Arbeitgeber geschehen, nein, hierfür müsste unser diesbezüglicher Entwicklungsstaat endlich die Weichen neu setzen. Denn sogar die Rekrutenschule dauert mindestens 18 Wochen – vier Wochen länger also als der Mutterschaftsurlaub. Und ich frage mich, ob danach tatsächlich jeder Soldat für den Ernstfall gerüstet ist.