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Mamablog: Städtetrip mit Kindern
Wie viel Eltern-Egoismus darf es sein?

Ausflug mit Stressfaktor: Städtetrips mit Kindern können für alle Beteiligten anstrengend sein.
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Ist das jetzt die Quittung? Wir stehen im Bus, ohne Ticket, das man in der U-Bahn hätte lösen müssen, und unterwegs in die falsche Richtung. Touristen eben. Die Kleine wird immer unruhiger in der Trage, sie will gestillt werden. Und auch der Grosse hat Hunger, er steigert sich hinein in seine Unzufriedenheit. Tränen kullern. Er protestiert lautstark, versucht sich von der Hand loszureissen, im ruppig fahrenden, gut besetzten Bus. An der nächsten Haltestelle haben wir genug. Hauptsache raus.

«Cool, dass ihr so etwas macht!»

Nicht, dass wir nicht gewarnt gewesen wären. Als wir erzählten, dass wir unsere Ferien in Barcelona verbringen wollten, war die Skepsis gross. Die Reaktionen reichten von einem höflichen Schweigen bis zu einem freundlichen «Cool, dass ihr so etwas macht». Einige sagten offen, das werde wohl ein ziemlicher Stress, mit dem versöhnlichen Nachsatz, wie eigentlich alle Familienferien.

Keine halbe Stunde nach dem Drama im Bus sitzen wir in einem Café. Die Kleine trinkt noch, der Grosse ist nach einem kräftigen Mittagssnack im Buggy eingeschlafen. Wir haben einen Moment für uns, und mein Partner ein Clubsandwich, das so gut schmeckt, dass die ersten paar Minuten Zweisamkeit für ein kulinarisches Referat drauf gehen – ich höre es nicht zum ersten Mal. Egal. Wir sind froh um die Pause und ein paar Dinge, wie wir sie als Paar mit Ferien verbinden.

Neuland birgt Risiken

Die Diskussion, die sich aufdrängt, führen wir erst später. Es geht um Grundsätzliches, um die Frage, um wen es denn eigentlich geht in dieser Familie. Im Alltag, mit seinen Verpflichtungen und Notwendigkeiten, mit seiner Struktur sind wir von solchen Grübeleien meistens befreit. Ist mal etwas freie Zeit da, geht es auf den Spielplatz und ins Café - oder in die Badi. Wir haben unsere bewährten Standards, die für alle taugen.

In den Ferien aber lauert Wahlfreiheit: Destination, Anreise, Unterbringung, Tagesprogramm, alles ist offen. Dreimal waren wir in den letzten zwei Jahren im Tessin, da, wo wir viele Dinge kennen. Spielplätze, Badestellen, Gelaterias, Restaurants, Hotels, Wanderungen. Jetzt wollten wir, wohl wissend, was für ein Privileg das ist, wieder einmal ans Meer und etwas Neues sehen, mit allen Risiken, die eine solche Reise mit sich bringt.

Stressfreier – aber besser?

Klar ist das egoistisch. Das kann man nicht wegreden. Vermutlich wäre es für die Kinder besser respektive stressfreier gewesen, wir wären wieder ins Tessin gefahren oder daheim geblieben und hätten eine Woche lang unsere Standards variiert. Vielleicht wären sogar wir beide mit mehr Energie aus dieser Woche zurückgekommen. Nur wären wir es nicht losgeworden, dieses Gefühl des Eingesperrtseins im Alltag, das sich in fast zwei Jahren Pandemie noch verstärkt hat. Jetzt haben es die Wellen ins Mittelmeer getragen.

Um das klar zu sagen: Wir gehören nicht zu den Eltern, die sich einbilden, ihr Leben müsse wie vorher weitergehen. Aber wir sind auch nicht bereit, alle unsere Bedürfnisse zurückzustellen. Wir suchen zumindest ab und zu die Schnittmenge. So wie vermutlich die meisten Eltern. Darum haben wir uns für eine Destination entschieden, die in wenig mehr als einer Stunde Flug erreicht ist, für eine Wohnung, von der man zu Fuss ans Meer kommt - und so weiter.

Schlechtes Gewissen in die Schranken weisen

Natürlich haben wir trotzdem vieles nicht richtig gemacht. Mit der Trostlosigkeit vieler spanischer Spielplätze hatten wir nicht gerechnet. Auch nicht damit, dass einige Stationen der Metro keine Lifte und keine Rolltreppen haben. Und das Nachtleben war noch lebendiger und lauter als erwartet. Aber so ist Reisen, selbst im Internetzeitalter gibt es Unwägbarkeiten.

Wir haben uns schliesslich entschieden, das schlechte Gewissen, das sich in diesen Ferien immer wieder meldete, so gut es ging in die Schranken zu weisen. Ohne einem blinden Egoismus das Wort reden zu wollen: Auch wir sind Teil dieser Familie, auch wir haben Wünsche. Es ist letztlich im Interesse aller, dass sich auch Eltern ein bisschen Freiheit nehmen, selbst mit dem Resultat, dass sie in den falschen Bus einsteigen.

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