Corona-Medienkonferenz«Mutation kann sich wie eine zweite Epidemie in der Pandemie ausbreiten»
Die neue Virusvariante aus Grossbritannien beunruhigt die Experten des Bundes — auch weil die Fallzahlen allgemein zu hoch sind. Die Fachpersonen informierten.
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Das Wichtigste in Kürze:
Die Anzahl der Neuinfektionen stagniert auf hohem Niveau.
Der R-Wert ist vor Weihnachten wieder leicht angestiegen und liegt bei 0,89.
Die Impfkampagne hat begonnen, es gibt aber noch zu wenig Dosen. Bis Ende Februar sollen dann 1,5 Millionen verfügbar sein.
Die ansteckendere Virus-Mutationen aus Grossbritannien wurde in der Schweiz in 28 Fällen nachgewiesen – unter anderem in Zürich und St. Gallen.
Lockerungen stellen die Experten erst für den Frühling in Aussicht. In drei bis vier Monaten soll sich eine Verbesserung der Situation ergeben.
Schulschliessungen sind derzeit kein Thema.
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«Impfung ist ausgereift»
Die Umsetzung der Impfkampagne ist gemäss Masserey erfolgreich in den Kantonen angelaufen. Über ein Online-Tool können sich Interessenten für die Impfung anmelden. Ebenso können Interessierte auf meineimpfungen.ch ein digitales Impfbüchlein anlegen.
Viele Menschen hätten aber noch Bedenken der Impfung gegenüber. «Das Virus ist sehr neu. Wissen wir schon genug darüber? Ist die Impfung ausgereift?», fragt Masserey in die Runde. Die Antwort sei ja. «Die Art der Impfung wurde bereits vor zehn Jahren entwickelt. Dank der Technik konnten wir das an das Coronavirus anpassen.» Schwere Nebenwirkungen gäbe es bislang keine.
«Die Mutation befindet sich in der Schweiz und verteilt sich»
Nun spricht Masserey die hochansteckende Corona-Mutation aus Grossbritannien und Südafrika an. Insgesamt wurde bei 28 Proben aus sieben Kantonen die neue Virusvariante aus Grossbritannien gefunden, das sind etwa 1 Prozent der Stichprobe, die durchgeführt wurde. «Die Personen waren in Grossbritannien oder hatten Kontakt mit Personen, die kürzlich in Grossbritannien waren», erläutert Masserey. «Wir müssen davon ausgehen, dass sich diese Mutation in der Schweiz befindet und sich verteilt.»
Wenn man in Grossbritannien war oder zu Personen aus Grossbritannien Kontakt hatte, sollte man sich aber unbedingt testen lassen. Auch sei ein PCR-Test und kein Schnelltest zu empfehlen.
«R-Wert in mehreren Kantonen über 1»
Die Pressekonferenz beginnt. Virginie Masserey übernimmt das Wort. Die Leiterin Sektion Infektionskontrolle des BAG beginnt mit einem Überblick der aktuellen Lage. Die Fallzahlen würden auf einem hohen Niveau stagnieren. «Der R-Wert liegt schweizweit bei 0.89. Und in mehreren Kantonen haben wir einen R-Wert über 1», sagt Masserey.
In vier Kantonen ist die Belegung der Intensivbetten laut Masserey über 80 Prozent. Das Niveau ist leicht rückläufig ausser im Genfer Seegebiet.
Mehr dazu: Was uns die aktuellen Corona-Zahlen zeigen – und was nicht
Diese Experten informieren heute
Die Experten des Bundes informieren ab 14 Uhr über die aktuelle Corona-Lage in der Schweiz. Folgende Fachpersonen geben bei der Pressekonferenz in Bern heute Auskunft:
Virginie Masserey, Leiterin Sektion Infektionskontrolle, Bundesamt für Gesundheit BAG
Christoph Berger, Präsident, Eidgenössische Kommission für Impffragen EKIF
Rudolf Hauri, Kantonsarzt Zug, Präsident der Vereinigung der Kantonsärztinnen und Kantonsärzte
Adrian Kammer, Leiter Sektion Gesundheitsinformationen und Kampagnen, BAG
Dora Makausz, Leiterin Ressort Querschnittleistungen, SECO
Tanja Stadler, Mitglied der National COVID-19 Science Task Force
BAG meldet 4020 Neuinfektionen
Dem BAG sind innerhalb der letzten 24 Stunden 4020 neue Ansteckungen gemeldet worden. Am Dienstag vor einer Woche waren es 4197, am Dienstag vor zwei Wochen 4275. Die Positivitätsrate beträgt 16,1 Prozent bei 24'906 neu gemeldeten Tests.
Es gab 208 neue Spitaleinweisungen und 98 Todesfälle. Zum Vergleich: Am Dienstag vor einer Woche wurden 220 Spitaleinweisungen und 131 Todesfälle gemeldet, am Dienstag vor zwei Wochen 171 Spitaleinführungen und 129 Todesfälle.
Aufgrund der Kontakt-Rückverfolgung befinden sich laut Angaben des BAG 20'951 Menschen in Isolation und 35'510 Menschen in Quarantäne. Zusätzlich befinden sich 2277 Personen in Quarantäne, die aus einem Risikoland heimgekehrt waren.
Seit Beginn der Pandemie gab es 465'981 laborbestätigte Fälle von Ansteckungen mit dem Coronavirus. 19'205 Personen mussten bisher wegen einer Corona-Erkrankung im Spital behandelt werden. Die Zahl der Todesfälle im Zusammenhang mit einer Corona-Erkrankung belief sich auf 7369.
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Covid-19-Taskforce bestätigt R-Wert von deutlich über 0,8
Über die ganze Schweiz zeigt die Covid-19-Epidemie einen stabilen bis leicht rückläufigen Verlauf. Das schreibt die Covid-19-Taskforce in ihrem neuesten Lagebericht. Die effektive Reproduktionszahl R sei jedoch höher, als der vom Bundesrat angestrebte Wert von 0,8.
Mit den Massnahmen vom 18. Dezember wollte der Bundesrat sicherstellen, dass die Reproduktionszahl unter den Wert von 0,8 sinkt. Mit diesem Wert wäre es möglich, die Fallzahlen in der Schweiz alle zwei Wochen zu halbieren.
Laut dem jüngsten Lagebericht der Covid-19-Taskforce liegt der R-Wert aufgrund der bestätigten Fälle bei 0,89 – also deutlich über dem vom Bundesrat angestrebten Ziel. Der R-Wert aufgrund der Hospitalisationen liegt laut der Taskforce bei 0,88 und aufgrund der Todesfälle bei 0,8. Im Januar werde die Zahl der Ansteckungen zudem steigen, falls der Wintersport und die Festtage zu vermehrten Ansteckungen geführt haben.
Lesen Sie dazu: Was uns die aktuellen Corona-Zahlen zeigen – und was nicht
Impfstart in der Schweiz
Am Montag ist der schweizweite Startschuss für die grösste Impfaktion in der Geschichte des Landes gefallen. Zehn Kantone verabreichten die ersten Dosen. Die Menge reicht jedoch nicht weit. Neben Impfwilligen hoffen auch die Hausärztinnen und Hausärzte auf die Zulassung eines nächsten Impfstoffes.
In Zürich wurde zum offiziellen Auftakt vor den Medien ein Ehepaar aus Wetzikon geimpft. Der Mann und die Frau sind über 75 Jahre alt und gehören zur Hochrisikogruppe. Auch der Schriftsteller Franz Hohler und weitere prominente Personen gehören zu den ersten, die sich im Institut für Reisemedizin in Zürich impfen liessen. Sie werben damit als Impfbotschafter für die Covid-19-Impfung, wie die Gesundheitsdirektion mitteilte.
Neben dem Kanton Zürich begannen am Montag auch die Kantone Uri, Obwalden, Tessin, Jura, Graubünden, St. Gallen, Glarus, Appenzell-Ausserrhoden und Thurgau mit ersten Impfungen. Bereits in den letzten Tagen des vergangenen Jahres hatten 13 Kantone ihre Impfprogramme gegen das Coronavirus gestartet.
Der Kanton Aargau will am Dienstag beginnen – als letzter Kanton hat Bern den Impfstart für den kommenden 11. Januar angekündigt. Als erster hatte der Kanton Luzern mit dem Impfen begonnen: Am 23. Dezember wurde einer 90-jährigen Frau der Wirkstoff gegen das Coronavirus verabreicht.
126'000 neue Impfdosen eingetroffen
Die Nachfrage nach Impfungen ist jedoch in zahlreichen Kantonen so hoch, dass gar nicht alle Interessierten einen Termin für eine Impfung bekommen. Schweizweit stehen mit der Lieferung von weiteren 126'000 Impfdosen von Pfizer/Biontech vom Montag nun insgesamt 233'000 Dosen dieses Herstellers zur Verfügung. Da es zwei Dosen pro Person braucht, können erst gut 115'000 Personen geimpft werden.
Die Schweiz wartet daher auf die Zulassung eines weiteren Impfstoffs. Die Rede ist davon, dass der Impfstoff des Herstellers Moderna demnächst zugelassen werden könnte. Darauf hoffen auch die Hausärzte. Für sie ist der aktuell zugelassene Impfstoff eine grosse Herausforderung.
Die Impfungen müssten in Chargen von 1000 Stück verabreicht werden, sagte Philipp Luchsinger, Präsident des Verbandes der Haus- und Kinderärzte Schweiz (MFE), in der Sendung «Rendez-vous» von Schweizer Radio SRF. Das sei selbst in einer grösseren Gruppenpraxis nicht möglich.
Mit dem Impfstoff von Moderna werde es besser, sagte Luchsinger. Das seien 100er-Fraktionen und es sei ein Impfstoff, der eine Woche im Kühlschrank gelagert werden könne. 100 Impfungen in einer Wochen – das sei auch für kleinere Gruppenpraxen machbar.
R-Wert steigt schweizweit leicht an
Die Reproduktionszahl des Coronavirus ist kurz vor Weihnachten in acht Kantonen auf über 1 gestiegen. Am Sonntag haben deshalb die Kantone Neuenburg, Waadt und Wallis ihre Ausnahmen aufheben müssen.
Am Sonntag meldete das Bundesamt für Gesundheit (BAG) auf seiner Webseite, dass in der Waadt am 20. Dezember ein R-Wert von 1,08 vorlag, im Wallis von 1,22, in Neuenburg von 1,14, in Nidwalden von 1,12, in Uri von 1,14, in Appenzell Innerrhoden von 1,37 und im Tessin von 1,03 und im Jura von 1,06.
Das bedeutet, dass sich die Krankheit in diesen Kantonen kurz vor Weihnachten weiter ausbreitete und die Summe aller angesteckter Personen zunahm.
In seiner Verordnung vom 18. Dezember hatte der Bundesrat festgelegt, dass Kantone die national verschärften Massnahmen aussetzen können, wenn unter anderem der R-Wert in ihrem Hoheitsgebiet während sieben aufeinanderfolgenden Tagen unter 1,0 liegt.
Überschreitet die Reproduktionszahl jedoch während dreier Tage die Marke von 1,0 (ab dem 5. Januar von 0,9), so müssen diese Ausnahmen rückgängig gemacht werden. Dies wäre zur Zeit in den Kantonen Waadt, Neuenburg, Wallis, Uri, Nidwalden und Appenzell Innerrhoden der Fall. (Lesen Sie unsere Analyse zur R-Wert-Debatte: Die Schweiz steht schlecht da – egal, was der R-Wert besagt)
R-Wert unterschätzt
Schweizweit war der R-Wert gemäss BAG am 5. Dezember unter 1 gesunken. Bis am 16. Dezember ging er auf 0,91 zurück. Danach stieg die Reproduktionszahl wieder an und erreichte am 23. Dezember 0,96 und – gemäss Angaben vom Sonntag – am 24. Dezember einen Wert von 0,95.
Epidemiologen befürchten, dass die Reproduktionszahl über die Festtage weiter angestiegen ist. Die wissenschaftliche Taskforce des Bundes, welche den R-Wert zusammen mit der ETH berechnet, weist auf ihrer Webseite darauf hin, dass der Wert über die Feiertage möglicherweise unterschätzt werde, weil sich in dieser Zeit weniger Menschen testen liessen.
So vermeldete zum Beispiel der Kanton Bern am Berchtoldstag «nur» 181 neue positiv ausgefallene Coronavirus-Tests. Gleichzeitig wurden zwischen Neujahrs-Morgen und dem Morgen des 2. Januar aber auch nur 1062 Tests durchgeführt. In den 24 Stunden zuvor waren es 3600 gewesen.
Neue Fälle der Mutation
Auch in Basel-Stadt sank die Zahl der registrierten Neuansteckungen am Samstag innerhalb eines Tages um 53 auf 21. Im Kanton Baselland wurden am Neujahrstag 71 Neuansteckungen registriert, gegenüber 63 am Vortag.
Gleichzeitig wurde im Kanton Bern in der Nacht auf Samstag der schweizweit sechste bestätigte Fall einer Coronavirus-Mutation aus Grossbritannien bestätigt. Es handelt sich um einen neunjährigen Schüler aus London, wie die bernische Gesundheitsdirektion mitteilte. Nach Angaben vom Sonntag wurde das mutierte Virus nun auch in Genf nachgewiesen, und zwar in fünf Fällen. Damit sind es schweizweit bislang elf Fälle.
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