Kommentar zum Angriff auf OdessaWie Putin den Westen vorführt
Der Beschuss von Odessa zeigt einmal mehr, dass im Kreml nicht seriöse Verhandlungspartner sitzen – sondern Kriegsverbrecher.
Nicht einmal einen Tag wurde der Deal alt, den Moskau und Kiew, mit der Türkei als Vermittlerin und den Vereinten Nationen als Oberaufsicht, geschlossen hatten. Weil beide Seiten nicht offiziell miteinander reden, war das Abkommen über Bande zustande gekommen; absichern sollte es den Export von Getreide über das Schwarze Meer.
Für die Ukraine war die Vereinbarung mit ihren vielen Kontrollebenen und eingebauten Vorsichtsmassnahmen lebenswichtig: Sie muss ihre Silos für die neue Ernte frei- und eines ihrer wichtigsten Exportgüter ausser Landes kriegen.
Sie muss aber auch verhindern, dass russische Truppen Odessa einnehmen. Und: Die Welthungerkrise, die durch den russischen Angriffskrieg massiv verstärkt wurde, würde dadurch zumindest gemildert.
Aber selbst Optimistinnen und Optimisten wussten: Der Deal würde nicht lange halten. Denn er ist nicht in Moskaus Interesse.
Der Kreml wiederum konnte kurz mal so tun, als sei er ein seriöser Verhandlungspartner, mit dem man sachlich reden kann – und als sei man in Moskau ernsthaft besorgt über den Hunger auf der Welt. Daran, dass die Russen weiterhin in atemberaubendem Ausmass Getreide aus den besetzten Gebieten stehlen, hätte das Abkommen ohnehin nichts geändert. Aber selbst Optimistinnen und Optimisten wussten: Der Deal würde nicht lange halten. Denn er ist nicht in Moskaus Interesse.
Der Beschuss von Odessa war der kalkulierte Beweis dafür, dass Wladimir Putin die Weltgemeinschaft vorführt – und die öffentliche Meinung manipuliert. In Moskau weiss man, dass die Ukraine diese Vereinbarung dringend braucht.
Aber ein paar Raketen auf Odessa, die der Kreml nach anfänglichem Leugnen doch noch einräumt, reichen, um die ukrainische Bevölkerung in maximale Verunsicherung zu stürzen, den Westen zu empören, die UNO zu blamieren, Erdogan auf Abstand zu halten und womöglich weitere Sanktionserleichterungen zu erpressen.
Derweil wird mit der von Verteidigungsminister Schoigu in Istanbul unterschriebenen Erklärung gewedelt, als sässen in Moskau besorgte Gutmenschen. Dabei sind es Kriegsverbrecher.
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